Helfende Checkliste

Haben Tierhalter bei der Wohnungssuche (k)eine Chance?

28.6.2021, 06:00 Uhr
Ina Nutz mit Schmusekater Luis: Eine Wohung zu finden, sei als Tierhalter sehr schwierig. Deshalb hat sie eine Checkliste entwickelt.

© Ina Nutz Ina Nutz mit Schmusekater Luis: Eine Wohung zu finden, sei als Tierhalter sehr schwierig. Deshalb hat sie eine Checkliste entwickelt.

Können diese dunkelbraunen Knopfaugen trügen? Nein, sagt Ina Nutz nachdrücklich. Lotte sei „gut erzogen, freundlich, verschmust“. Natürlich, mit solchen Lorbeeren würden wohl die meisten Hundehalterinnen und -halter ihre Lieblinge garnieren.

Ina Nutz weiß das und legt nach: „Was ist mit Hundeschule, regelmäßigem Training, viel Konsequenz und ausreichender Auslastung draußen?“ Auch derlei Dinge sollten für verantwortungsvolle Hundebesitzer ein Anliegen darstellen. Mehr noch: „Eigentlich eine Selbstverständlichkeit!“

Ina Nutz mit ihrem Hund beim Spaziergang im Wald.  

Ina Nutz mit ihrem Hund beim Spaziergang im Wald.   © Ina Nutz

Die kleine Lotte kennt´s jedenfalls. Aus Erfahrung. Drum habe es die Mischlingsdame auch fertig gebracht, dass Frauchen sie täglich mit zur Arbeit nehmen dürfe, wo der Jack Russell-Mix selig vor sich hindöse, erzählt Ina Nutz.

Was Lotte allerdings noch nicht geschafft hat: sich einem Wohnungsvermieter oder einer -vermieterin vorzustellen, auf dass auch die den Vierbeiner ins Herz schließen könnten. „So weit kommt´s nämlich erst gar nicht“. Und hier beginnt für die 31-jährige Schwabacherin Nutz das Problem. Ein generelles. Eines, auf das sie aufmerksam machen will und für das sie auch einen Lösungsansatz in petto hat.

Suche eine "never ending story"

Aber von vorn: Ina Nutz lebt in Schwabach, arbeitet in Roth als Vertriebsdisponentin einer Personaldienstleistungsfirma - und liebt Tiere. Schon immer. Als sie bei ihrem damaligen Freund in dessen Eigentumswohnung einzog, sei das auch völlig in Ordnung gewesen. Hunde und Katzen waren für die Sechs-Parteien-Hausgemeinschaft kein Aufreger - „man arrangierte sich“. Mit Leinenpflicht auf dem Grundstück, Verständnis und viel Respekt vor den Bedürfnissen der anderen.


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Vergangenes Jahr jedoch, begann es in der Beziehung zu kriseln und Ina Nutz fing damit an, „mal mehr, mal weniger intensiv“ nach Mietwohnungen zu schauen. Ein kleines, kuscheliges Domizil für sich, Lotte sowie ihr Stubentiger-Geschwisterpärchen Quinny und Louis: „45 Quadratmeter, Balkon, ruhige Lage, bezahlbar, nichts Außergewöhnliches.“

Das Ganze sollte sich allerdings „zu einer Art never ending story“ ausweiten. Denn bis heute hat Ina Nutz nichts Passendes gefunden. Trotz der inzwischen etlichen Inserate, der zahlreichen Aushänge in diversen Supermärkten oder der angeleierten Mundpropaganda im Bekanntenkreis – Fehlanzeige! „Wegen den Tieren“.

Lotte, der Hund von Ina Nutz

Lotte, der Hund von Ina Nutz © Ina Nutz

Keine ganz neue Erkenntnis in diesem Kontext: Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist ohnehin angespannt. „Ich würde sie katastrophal nennen“, korrigiert Petra Hoefer, Stadträtin in Roth, die beruflich als Juristin beim Deutschen Mieterbund tätig ist und Rechstberatungen in Schwabach durchführt. Im „Hochpreissegment“ wären zwar Mietobjekte zu kriegen, das ja. Aber wer nicht so viel zahlen kann? „Der schaut in die Röhre oder muss sich mit etwas zufrieden geben, das weit hinter den eigenen Vorstellungen zurückbleibt“, bringt Hoefer die Sache auf auf den Punkt.

Vermieter haben die Wahl - ohne Qual

Wohnungssuchende mit Tieren hätten es naturgemäß noch schwerer. „Die Vermieter können sich zurzeit aussuchen, wen sie haben wollen.“ Deren Idealvorstellung tendiere - überspitzt formuliert - zum deutschen Workaholic mit Bombenverdienst, aber ohne Kinder. Oder Tiere.

Ganz so willkürlich geht’s freilich nicht, meint der Bundesgerichtshof und kippte 2013 das generelle Verbot der Hunde- und Katzenhaltung in Mietwohnungen, wie es vorher nicht selten im Vertragstext verankert war. Doch das sei „eine unangemessene Benachteiligung des Mieters“, heißt es aus Karlsruhe. Vielmehr sollten die Interessen gegeneinander abgewogen werden, was bedeutet: Hat der Vermieter oder die Vermieterin keine nachvollziehbaren Gründe gegen den Einzug von Bello und Mieze vorzubringen, muss die Tierhaltung erlaubt werden.

Aber was sind schon nachvollziehbare Gründe? Wolfgang Held, Architekt und Vorsitzender des Vereins „Haus und Grund“ in Roth meint: „Da zwickt sich schnell was.“ Ein Echtholz-Parkettboden und ein mittelgroßer Hund zum Beispiel.

Die Leiterin des Rother Tierheims, Carmen Notrott, hat Verständnis für solche Argumente: „Man sollte beide Seiten sehen.“ Leider gebe es durchaus Fälle, in denen Wohnungen nach Auszug eines Tierhalters erst einmal für teures Geld wieder instand gesetzt werden mussten.

Viele mussten ihre Tiere abgeben

Andererseits: Wenn Nottrott sich im Tierheim umsieht, stammten 20 Prozent der bellenden und miauenden Bewohnerschaft von Menschen, die ihre vierbeinigen Hausgenossen abgeben mussten, weil sie nicht mit ins neue Heim durften (bei älteren Herrschaften meist das Pflegeheim).

Also hält Carmen Nottrott ihren Glauben aufrecht - an eine friedliche Koexistenz von verantwortungsvollen Mietern, die auf den Hund (oder die Katz´) gekommen sind sowie Vermietern, die „nicht gleich alle Halter über einen Kamm scheren“. Denn: „Wenn Tiere vernünftig gehalten werden, gibt es in der Regel keine Probleme!“

So denkt auch Ina Nutz. Allerdings komme die sich allmählich vor „wie die größte Asoziale auf Gottes Erdboden - bloß weil ich Lotte und die zwei Katzen habe.“ Gängige Vorbehalte kenne sie zur Genüge: „Warum braucht die Frau überhaupt so viele Viecher? Die machen doch alles kaputt in der Wohnung und pieseln überall hin! Kann die überhaupt die Miete zahlen, wenn alles für die Tiere draufgeht? Der Hund bellt bestimmt Tag und Nacht! Oder: Wer Tiere in der Wohnung hält, kann kein Tierfreund sein...“

Zum Teil könne sie die Vorurteile sogar verstehen, sagt Ina Nutz. Schließlich ließen sich „schwarze Schafe“ unter Tierbesitzern, die zur Miete wohnen, nicht wegdiskutieren. Doch was die junge Frau möchte, ist „zumindest eine faire Chance“, um kursierende Klischees zu widerlegen. Deshalb hat sie eine „Checkliste“ erstellt (siehe unten), die Vermietern „wichtige Anhaltspunkte“ geben soll, „wie der Tierhalter gestrickt ist, der die Wohnung haben will“. Sie selbst würde sich einem solchen Check-up im Vorfeld liebend gern unterziehen, weil: „Was habe ich als Mieterin davon, wenn es dauernd nur Stress gibt?“ Daher lautet ihr Credo auch: „Im Gespräch bleiben.“

Bestand festschreiben

Tierheim-Leiterin Carmen Nottrott sieht das ähnlich. Wäre sie Vermieterin, würde sie zusätzlich den Impfpass des jeweiligen Tiers sehen wollen, eine Kaution zur Behebung etwaiger Schäden einfordern und auf dem Bestand beharren. Heißt: Wer mit zwei Katzen einzieht, sollte am Ende nicht fünf haben.

Noch kann Ina Nutz in der aktuellen Wohnung bleiben. Was jedoch passieren werde, sollte sie kein adäquates Heim für sich und ihr tierisches Trio finden...? - Nein, daran will die 31-Jährige im Moment gar nicht denken. Lotte ins Tierheim zu geben, wäre sicherlich keine Option.

„Schwere Zeiten für Mieter, keine Frage“, rundet Wolfgang Held von „Haus und Grund e.V.“ die Diskussion ab - der Wohnungsmarkt „versaut“, die Preisentwicklungen „übertrieben“, die politischen Antworten auf die gegenwärtige Situation „ungeeignet“. Einen Hoffnungsschimmer könne er da für Wohnungssuchende mit Tieren erst recht nicht ausmachen. Oder vielleicht doch: „Es gibt ganz sicher auch tierliebe Vermieter. Man muss sie halt finden...“

Checkliste für Mieter mit Katzen

  • Wie viele Katzen besitzen Sie?
  • Wie alt?
  • Welche alternativen Möglichkeiten bieten Sie dem Tier bzw. den Tieren, damit keine Wände, Türstöcke oder Türen zerkratzt werden? (Alternativen, die ohne bauliche Maßnahmen wie Bohren anzubringen sind)
  • Haben Sie eine Tierhaftpflichtversicherung?
  • Und schon gewusst, dass Katzen ein Drittel des Tages mit Fressen und Dösen verbringen?

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Checkliste für Mieter mit Hunden

  • Alter?
  • Seit wann ist der Hund bei Ihnen?
  • Wie sieht Ihr Alltag aus? (zum Beispiel: Wie oft gehen Sie Gassi? Ist das Tier allein? Wie lange?)
  • Was machen Sie, um den Hund auszulasten? (zum Beispiel Hundeschule, Agility, Mantrailing etc.)
  • Welche Lösungen haben Sie anzubieten, falls Probleme auftreten? (zum Beispiel Hundetrainer?)
  • Haben Sie eine Tierhaftpflichtversicherung
  • Und schon gewusst, dass Hunde sich in erster Linie draußen auspowern? Die Wohnung ist der Ruhepol für das Tier.