Hat Leitungswasser die beste Qualität? "Diese Aussage würde ich hinterfragen"

15.8.2019, 11:52 Uhr
Hat Leitungswasser die beste Qualität?

 Trinken Sie noch Leitungswasser?

Johannes Ehrnsperger: Bei uns daheim gibt‘s kein Leitungswasser, wir trinken Bio-Mineralwasser.

Franz Ehrnsperger: Wenn ich als Kind Durst hatte, bin ich zum Wasserhahn gegangen. Das war in den 50er Jahren der Normalfall. Aber unsere Familie ernährt sich heutzutage vernünftig und ökologisch. Natürlich muss ich hier und dort auch noch Fertiggerichte essen, ich falle nicht sofort davon um, aber gesund ist es nicht.


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Sie zählen Leitungswasser quasi zu Fertiggerichten?

Franz Ehrnsperger: Leitungswasser ist ein Produkt, das in der Regel aufbereitet ist. Das macht mich nicht krank, es hat aber nicht die Natürlichkeit, die Energie und die Kräfte, die in unseren Lebensmitteln sein sollen. Wir verstehen unter Ernährung etwas anderes. Noch sind wir nur ein kleiner Teil der Gesellschaft. Aber ich gehe davon aus, dass der Anteil kräftig wachsen wird.

Warum sollten mehr Menschen das so sehen?

Franz Ehrnsperger: Weil wir es uns auf Dauer gar nicht leisten können, mehr für die Reparatur unserer Gesundheit auszugeben als für unsere Lebensmittel. Ich fälle kein Werturteil, sondern für mich stellt sich die Frage: Will ich das essen und trinken, was die Natur, die Schöpfung und der liebe Gott für uns vorgesehen haben? Oder etwas, an dem vielerorts mit Chemie und Co. herumgedoktert wurde, damit es überhaupt trinkbar ist?

Viele Institutionen, von der Verbraucherzentrale bis hin zur EU, raten aber zu Leitungswasser. Es sei von bester Qualität und ohne große Transportwege.

Franz Ehrnsperger: Die Aussage, dass Leitungswasser das beste ist, würde ich hinterfragen. Es wird häufig kontrolliert. Über den Inhalt und den Kontrollumfang sagt dies nichts aus. Etwas kann oft untersucht sein und trotzdem nicht gut. Bei dem Thema werden viele Nebelkerzen geworfen, nach dem Motto "ihr müsst euch keine Sorgen machen". Gleichzeitig sagen die Politiker, unser Wasser ist in Gefahr. Das passt nicht zusammen!

Den Grünen wird wegen der Aussage, unser Trinkwasser sei in Gefahr, Panikmache vorgeworfen. Was meinen Sie?

Franz Ehrnsperger: Die Fakten liegen auf der Hand. Die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser wertet laufend amtliche Daten zur deutschen Wasserverschmutzung aus und hat kürzlich das "Schwarzbuch Wasser" veröffentlicht. Das Ergebnis ist erschreckend: Im Grundwasser finden sich Arzneimittelrückstände, Chemikalien, Pestizide, Herbizide, Nitrat und mehr. Die Daten stammen von Lebensmittel- und Wasserwirtschaftsämtern, von denen niemand ein Interesse hat, etwas schön oder schlecht zu reden.

Unsere Umweltsünden spiegeln sich also im Wasser?

Franz Ehrnsperger: Überall dort, wo zu Lasten der Natur gewirtschaftet wird, ob in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelerzeugung, bilden sich unsere Sünden ganz schnell im Wasser ab. Diese Last löst sich nicht in Luft auf. Sie bleibt im Boden und kommt über den Regen in unserem Wasserreservoir an. Wir haben schon jetzt eine Menge Landstriche, in denen im ersten Grundwasser-Stockwerk 200 Milligramm Nitrat sind.

Lacht man eigentlich noch über Sie und Ihr Bio-Wasser?

Franz Ehrnsperger: Vor zehn Jahren sind wir noch als Nestbeschmutzer beschimpft worden oder das Bio-Mineralwasser als Marketingidee. Aber das hat sich geändert. Die Botschaft ist angekommen. Sie wird in den Mineralwasser-Verbänden inzwischen ernst genommen. Außerdem sind alle Bio-Verbände Mitglieder der Qualitätsgemeinschaft.

Johannes Ehrnsperger: Bio-Mineralwasser zu produzieren, bedeutet auch aktiver Umweltschutz: Der Hersteller muss in seiner Region alles tun, um den Öko-Landbau nach vorne zu bringen. Er muss sich Gedanken darüber machen, wie seine Enkel noch an sauberes Wasser kommen.


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Was tun Sie als Produzent für reines Wasser?

Johannes Ehrnsperger: Wir haben schon vor über 30 Jahren unseren Bauern angeboten, auf Öko-Landbau umzustellen. Wir haben inzwischen 160 Bio-Bauern unter Vertrag. Das ist echter Wasserschutz! Auf deren Flächen wird kein Gramm Kunstdünger und kein Milligramm Pestizid ausgebracht.

Franz Ehrnsperger: Wir haben zudem erstmalig in Deutschland ein unterirdisches Wasserschutzgebiet beantragt. Wir wollen dadurch unser Mineralwasserreservoir in Neumarkt schützen. Das heißt, man darf dort bei Bauvorhaben nicht mehr einfach die Lehmschicht anbohren.

Wenn es nach Ihnen ginge, wäre also eine zu Hundert Prozent ökologische Landwirtschaft die Lösung?

Franz Ehrnsperger: Das ist der einzig richtige Weg. Und ein Erkennen, dass diese Produkte auch einen Preis haben müssen.Wir sollten für unsere Lebensmittel das zahlen, was sie wert sind. Dann wird auch weniger weggeschmissen. Und mehr regional gegessen.

Johannes Ehrnsperger: Jeder muss etwas tun. Ich als Verbraucher, wir als Unternehmen und die Politik muss den Rahmen dafür schaffen.

Sie haben vor 40 Jahren für Bio-Bier gekämpft. Jetzt kämpfen Sie für reines Wasser, sogar vor Gericht?

Franz Ehrnsperger: Wir kämpfen sozusagen um unsere Grundlage für alles. Trinkwasser ist für mich die wichtigste Ressource des Menschen. Dafür sollten die gleichen Bio-Grundsätze gelten wie für gelbe Rüben, Kartoffeln oder Fleisch.

Wie nachhaltig lebt die Familie Ehrnsperger?

Franz Ehrnsperger: Unsere Ernährung haben wir schon in den 1980er Jahren zu hundert Prozent auf biologische Produkte umgestellt. Wir schmeißen Lebensmittel grundsätzlich nicht weg, es wird alles aufgegessen. Wir sparen Plastikverpackungen, wo es geht. Und Kleidung wird aufgetragen.

Johannes Ehrnsperger: Ich versuche außerdem nachhaltige Kleidung mit Bio-Baumwolle zu tragen. Ich fliege kaum, fahre viel Zug und Rad.

Nehmen Sie in fremde Urlaubsländer immer einen Kasten Bio-Mineralwasser mit?

Franz Ehrnsperger: Ich nehme immer mit, was wir selber herstellen. Wir kaufen im Urlaub auch gern regionale Produkte in den Öko-Läden.

Drei von zehn Menschen auf der Welt haben keinen Zugang zu sicherem Wasser. Ist Bio-Mineralwasser angesichts dieser Not nicht ein Luxusproblem?

Franz Ehrnsperger: Wenn wir glauben, Bio-Lebensmittel wären nur ein Luxusproblem, dann übersehen wir, dass wir durch Klimawandel und Völkerwanderungen eine ganz andere Welt vorfinden werden — und die ist nicht mehr sehr gemütlich. Dass so viele Menschen kein sauberes Wasser haben, liegt doch an unserem Verhalten. An Raubbau, Urwald-Rodungen, an einer Landwirtschaft wider die Natur. Wir müssen damit aufhören. Es ist fünf vor zwölf. Jeder Tag ist einer zu spät.

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