An die Stelle des Mülleimers kommt eine Marter

3.5.2020, 06:00 Uhr
An die Stelle des Mülleimers kommt eine Marter

© Rainer Groh

Bürgermeister German Hacker gab das Lob umgehend weiter. Der eigentliche Anstoß war laut Hacker von Helmut Fischer gekommen, Heimatvereinler, regionaler Vertreter der Deutschen Steinkreuzforschung und ehemaliger Werbeleiter von Puma. Die Stadt habe Fischers Anliegen nur aufgenommen, ordentlich, sprich mit denkmalpflegerischem Rat, abgewickelt und finanziert.

So ist die Maßnahme auch eine Würdigung Fischers und der Steinkreuzforschung, sagte Manfred Welker, FW-Sprecher und Kreisheimatpfleger. Retta Müller-Schimmel für die Grünen und Holger Auernheimer für die SPD konnten dem nichts mehr hinzufügen, Auernheimer: "So etwas muss erhalten werden."

Was Stephan Wirth nach eigenen Worten "total faszinierte", waren die Erläuterungen zur Geschichte der beiden Flurdenkmäler, die Christian Hoyer vom Stadtarchiv gab. Die Archivare haben mit ihren Recherchen herausgebracht, dass die Zweimarterlinde wohl 1648, also am Ende des 30-jährigen Kriegs, als Friedenslinde gepflanzt worden war, und zwar genau am höchsten Punkt der Pfarrei Herzogenaurach. Damals und bis in die 1930-er Jahre konnte von dort aus der Blick in alle Richtungen schweifen.

Ursprünglich standen dort zwei Martersäulen und ein Stein-Mal mit gußeisernem Kreuz, bis genau daneben das Tor zum Wehrmachts-Fliegerhorst kam. Christliche Symbole waren natürlich nicht im Sinn der Nazi-Diktatur, und eine Marter sowie das Kreuz wurden entfernt.

Es ist nicht sicher, ob es sich bei dem mächtigen Baum, der 1951 bei einem Sturm umstürzte, um die ursprüngliche Friedenslinde von 1648 gehandelt hat, sagte Hoyer. Wohl aber machte der altersschwach und hohl gewordene Baum beim Sturz der einen Marter den Garaus.

Alle Flurdenkmäler, Martern und Steinkreuze aus der Herzogenauracher Flur wurden später am Schlossgraben zusammengebracht. 2010 wurde die erhaltene Marter des Linden-Ensembles restauriert und am ursprünglichen Standort wieder aufgestellt. Auf Stiftung von Helmut Fischer kam 2015 eine neue Kreuzdarstellung mit Sandstein-Sockel dazu.

Die verlorene zweite Marter historisierend neu herzustellen und hinzuzufügen, stand jetzt im Raum. Doch das Landesamt für Denkmalpflege riet davon ab. Der Verlust sei irreversibel, ein Neubau kein Denkmal. Stattdessen wird auf der gegenüberliegenden Seite des Olympiarings eine Informationstafel im gleichen Design wie die auf der Herzo Base aufgestellt, die die Geschichte der Zweimarterlinde erzählt.

Wer die Tafel liest, wird im Hintergrund das heutige Ensemble sehen können. Freilich sehr im Hintergrund, denn der angedachte Platz für die Tafel am Spazierweg hält rund 50 Meter Abstand. Das monierte in der Sitzung Bernhard Schwab (CSU) und brachte so heraus, dass man die Tafel nicht genau in die Trasse der Stadt-Umland-Bahn pflanzen wollte.

Schwab hielt das für etwas zu vorausschauend. Es seien ja noch ein paar Jahre, bis die Straßenbahn dort gebaut werde. So lange könnte der Hinweis durchaus näher am Original stehen. Verpflanzen können man die Tafel immer noch. Schwab setzte sich damit durch.

Die Lohhofer Marter wird an den Weg kommen, der vom städtischen Friedhof am Martin-Luther-Platz zum Lohhof führt – in Sichtweite zum Puma-Firmensitz übrigens. Erhalten und bereits vor 20 Jahren konservatorisch aufbereitet sind ihr Sockel und der Schaft, zusammen 1,80 Meter hoch. Im Beschluss und den Kosten enthalten ist ein neues Kopfstück, denn den Rumpf einer Marter aufstellen wollte man denn doch nicht.

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