Freundeskreis Weißrussland ist Geschichte

20.2.2020, 18:05 Uhr
Freundeskreis Weißrussland ist Geschichte

Beim Tagesordnungspunkt "Auflösung des Vereins" war viel Wehmut und eine gehörige Portion Abschiedsschmerz spürbar. Die Abstimmung selbst fiel einstimmig aus.

Der Freundeskreis Weißrussland um Lehrerin Marga Auer hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Völkerverständigung zwischen Weißrussland und Deutschland zu fördern.

Dabei wurde insbesondere über all die Jahre der Schüleraustausch zwischen der Staatlichen Realschule Herzogenaurach und der Mittelschule in Voropajevo gefördert.

Die Geburtsstunde des Schüleraustauschs geht bis 1990 zurück, als sich die Realschullehrerin Marga Auer auf Spurensuche nach ihren Verwandten begab und diese in dem kleinen Ort Golbeja bei Voropajevo in Weißrussland wiederfand.

Freundeskreis Weißrussland ist Geschichte

Mit Hilfe der Deutschlehrerin Swetlana Arsenjewna, die damals als Dolmetscherin fungierte, wurden zwischen der Mittelschule Voropajevo und der Staatlichen Realschule Beziehungen aufgebaut, die 2002 mit einem Partnerschaftsvertrag zwischen beiden Schulen besiegelt wurden. Unter der Leitung von Marga Auer und Schulleiter Ulrich Langer fuhren 1993 die ersten Schüler der Realschule Herzogenaurach nach Voropajevo und konnten sich auch von den Unzulänglichkeiten der dortigen Schule überzeugen.

Die Gründung des Vereins "Freundeskreis Weißrussland" erfolgte am 14. Oktober 1994 in Obermembach.

Gegründet wurde der Freundeskreis Weißrussland vom früheren Vorsitzenden des Elternbeirats der Realschule, Klaus Becker.

Damals erhielten die Gastschüler aus der weißrussischen Kleinstadt von ihren Gasteltern zum Abschied so viele Geschenke und Kleidung, dass sie diese bei ihrer Rückfahrt mit dem Zug unmöglich transportieren konnten. Klaus Becker versprach, alles so schnell wie möglich nachzuliefern, was er zusammen mit einigen Engagierten prompt organisierte. Zur besseren Organisation wurde daraus der Freundeskreis Weißrussland aus der Taufe gehoben, um sich in schwierigen Zeiten zu unterstützen.

Die Partnerschule liegt im Norden Weißrusslands, in Voropajevo. "Seit Beginn des Bürgerkrieges in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen des Westens befindet sich die Republik Belarus und besonders die Bevölkerung der Kleinstadt Voropajevo wieder in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, die unsere Hilfe für die Partnerschule nötig macht", so die damalige Mitteilung der Organisatoren.

Wenn die Schüler im Herbst und Winter ihr Klassenzimmer betreten, lassen sie die Winterjacken gleich an: Zugig und marode sind die Fenster im Schulhaus in Voropajevo, 180 Kilometer von der Hauptstadt Minsk in Weißrussland entfernt. Sehr anders als hierzulande sind Lehrer in Weißrussland auch baulich für die Klassenzimmer verantwortlich, für das Streichen der Wände genauso wie für notwendige Reparaturen.

Unterrichtsmaterialien stellen sie oft aus ihrem privaten Besitz zur Verfügung. Die Schule ist nicht nur ein Lernort, sondern auch kulturelles Zentrum, wo Musikveranstaltungen für Jugendliche angeboten werden. Deshalb gab es zum Jubiläum auch 20 energiesparende Fenster. Wie sich Marga Auer erinnert, war das gesamte Kollegium der Schule sehr froh und bedankte sich mit Tränen in den Augen.

Die Schüler von beiden Seiten waren von den Reisen begeistert, von der Herzlichkeit und der Begegnung mit einer Welt, in der noch Pferdefuhrwerke auf den Straßen zum Bild gehörten. 1994 erfolgte der Gegenbesuch und seither in zweijährigem Wechsel ein steter Besuchskontakt.

Mit der Zeit wurde eine ganze Anzahl von Hilfssendungen nach Weißrussland entsandt: Kleidung, Werkzeuge, Computer, Drucker, Schulmaterial, eine ganze Küche von der Firma Schaeffler.

Im September 2016 wurde ein besonderes Jubiläum gefeiert, 125 Jahre Imkerverein Herzogenaurach und Umgebung und 20 Jahre Freundeskreis Weißrussland – ein doppeltes Jubiläum.

Die Verbindung zwischen den Imkern und dem Freundeskreis ist auf Klaus Becker zurückzuführen, dem Vorsitzenden des Imkervereins, der auch zahlreiche Hilfslieferungen nach Voropajevo begleitete.

Anlässlich des 25-jährigen Bestehen des Schüleraustauschs im letzten Jahr hatten der Direktor Victor Shuk und die Bürgermeisterin von Voropajevo, Inna Kosarewskaja, die Gruppe begleitet und sich mit Bürgermeister German Hacker in Herzogenaurach noch zu einem persönlichen Gespräch getroffen. Wie Klaus Becker, Marga Auer, Heinrich Bickel, Antonius Lüring und Andreas von Richthofen erklärten, seien in all den Jahren auch viele persönliche Freundschaften entstanden.

Jetzt bei der letzten Versammlung des Freundeskreises mit nur noch 15 Mitgliedern übte Marga Auer auch ein Stück Selbstkritik. So hätte sich nach ihrer Meinung der Freundeskreis mehr in der Öffentlichkeit präsentieren und mehr mediale Aufmerksamkeit erzeugen sollen.

Das sei auch sicher ein Grund dafür gewesen, dass keine neuen und vor allem jüngere Mitglieder gewonnen werden konnten. Nach einer kurzen Diskussion stimmten die acht anwesenden stimmberechtigten Mitglieder für die Auflösung des Vereins.

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