Familienstreit oder Geldprobleme

Herzogenaurach: Auf dem Friedhof verwildern immer mehr Gräber

10.7.2021, 11:00 Uhr
Herzogenaurach: Auf dem Friedhof verwildern immer mehr Gräber

© Edith Kern-Miereisz, NN

Manche Gräber werden über lange Zeit nicht mehr gepflegt, überwuchern sogar - als störend und traurig prangerte dies ein Besucher jüngst an. Für viele Herzogenauracher ist der Platz mit den Grabstätten, die Herzogenaurachs Stadtgeschichte in Namen widerspiegeln, und den alten Bäumen an der Erlanger Straße oftmals einen erbauenden und nachdenklichen Spaziergang in einer Art Park wert.

Herzogenaurach: Auf dem Friedhof verwildern immer mehr Gräber

© Edith Kern-Miereisz, NN

Der kirchliche Friedhof in der Erlanger Straße ist ein "Kirchhof" der katholischen Pfarrei in Herzogenaurach. Die Stadt, in diesem Fall der Baubetriebshof, hilft nur beim Aushub von Gräbern durch die Totengräber, informiert Johann Zinner, Leiter des Baubetriebshofs.

Finanzielle Probleme der Nachkommen

Für die Pflege der Friedhofsanlage ist hingegen die Friedhofsverwaltung der katholischen Kirche zuständig. Pfarrer Helmut Hetzel von St. Magdalena in Herzogenaurach "ist fast froh, dass das Thema einmal für die Öffentlichkeit aufgegriffen wird. Sehr vielen Menschen muss ich immer wieder die Zusammenhänge erklären, wenn sie sich an verwilderten Gräbern stören."

Herzogenaurach: Auf dem Friedhof verwildern immer mehr Gräber

© Edith Kern-Miereisz, NN

Meist werden Gräber auf dem Alten Friedhof für 20 Jahre "gekauft", damit etabliert sich eine Art Pächter-Verhältnis: Auf dem Grab selbst ist der Käufer Hausherr, die Kirche darf jenseits der Grabumrandung nicht mit Pflegearbeiten eingreifen. Werden Gräber nicht mehr gepflegt und verwildern infolge dessen, so habe dies unterschiedliche Gründe, führt Pfarrer Hetzel aus: Dies könnten Familienstreitigkeiten darüber sein, wer das Grab wieder "kauft", finanzielle Probleme, Nachkommen, die in die Ferne, gar ins Ausland weggezogen sind, Desinteresse und mehr. Bei Gräbern, von denen Gefahr ausgeht, etwa durch mangelnde Standfestigkeit der Grabsteine, müsse sogar der Grabstein schräg eingelegt werden.

"Wir kommen mit der Pflege nicht mehr hinterher"

Herzogenaurach: Auf dem Friedhof verwildern immer mehr Gräber

© Edith Kern-Miereisz, NN

"Das Problem wird größer", stellt der Geistliche fest: "Wir kommen mit der Pflege nicht mehr hinterher, da immer mehr Grabstellen unbesetzt bleiben." Auch die ehemals noch eher verbreitete Gewohnheit, einmal schnell den Löwenzahn vom Nachbargrab zu entfernen, sei heutzutage kaum noch gängig, also einmal "über den Grabrand hinauszuschauen." Kein schöner Anblick seien oftmals auch die hinter den Grabsteinen abgestellten Gießkannen und Hacken.

Herzogenaurach: Auf dem Friedhof verwildern immer mehr Gräber

© Edith Kern-Miereisz, NN

Nachdem die Urnenbeisetzungen inzwischen zwei Drittel der Bestattungen ausmachten, sei über neue Perspektiven nachzudenken. Überlegungen gehen dahin, das bereits bestehende grüne Rasenfeld am alten Baum bei der Kapelle zu vergrößern. So käme man auch dem ursprünglichen Gedanken von "Friedhof" als Ort der Stille und des Trauerns wieder ein Stück näher. "Die Perspektive ist, der Friedhof muss zu eine Parkanlage werden, " denkt Pfarrer Hetzel. Auch die Grabkammern mit Namen, die sehr gut angenommen würden, sollen erweitert werden. Stelen für Urnen wurden ebenfalls bereits errichtet.

Leere Grabstellen als Kunstobjekt?

Wie das gehen könnte, auch darüber hat sich Pfarrer Hetzel schon Gedanken gemacht. Vielleicht wäre es für den Kunst- und Kulturverein einmal ein schönes Projekt, die leeren Grabstellen zu gestalten. Auch mehr Ruhebänke auf dem Friedhof seien sicherlich gewünscht. Spenden dafür wären ein sinnvolles Projekt, meint der Geistliche.

An vielen Stellen bietet der Alte Friedhof in Herzogenaurach ein erbauliches Bild. 

An vielen Stellen bietet der Alte Friedhof in Herzogenaurach ein erbauliches Bild.  © Edith Kern-Miereisz, NN

Das Ordnungsamt der Stadt Herzogenaurach hat mit dem Friedhof verwaltungstechnisch oder in anderer Form nichts zu tun, informiert schließlich Gerd Lorenz, der Leiter des Ordnungsamts, das sich jedoch mit Sorgfalt um den städtischen Friedhof im Lohhof müht. Klagen wie zitiert seien ihm im Hinblick auf den städtischen Friedhof mit Urnenfeld, Stelen und Bachlauf noch nicht zu Ohren gekommen. Der Bachlauf ist ein äußerst beliebter Ort der letzten Ruhe.

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