Weltfußballer im Interview

"Ich fühle mich zu Hause": So denkt Lothar Matthäus über Stadt und FC Herzogenaurach

30.9.2021, 05:52 Uhr
Lothar Matthäus sieht sich in Herzogenaurach ein Jugendturnier der FC-Fußballer an.

© Harald Sippel, NN Lothar Matthäus sieht sich in Herzogenaurach ein Jugendturnier der FC-Fußballer an.

Herr Matthäus, Ihre Mutter hat alle Berichte der Nordbayerischen Nachrichten, Ihrer Heimatzeitung, über Sie als Jugendspieler abgeheftet. Wo ist der Ordner heute?
Der ist in meinem Büro in Budapest.

Wie viele Berichte sind da drin?
Das müssten Hunderte sein, der Ordner ist sehr voll. Meine Mutter hat alle Berichte auf DIN-A4-Seiten geklebt und abgeheftet. Ich habe sie alle noch und hüte sie. Es sind nicht nur Berichte und Fotos aus meiner Fußballzeit seit meinem zehnten Lebensjahr beim FC Herzogenaurach, sondern auch aus der Leichtathletik, wenn man mal was gewonnen hat. Den Kreismeistertitel im Weitsprung zum Beispiel.

Haben Sie noch Kontakt zu Erich Weber?
Er war oft bei der Nationalmannschaft dabei (Erich Weber ist Adidas-Manager, Anmerkung der Red.). Da habe ich ihm schon gesagt, was damals los war, 1971 etwa. Er schmunzelt mittlerweile drüber, am Anfang hatte es ihm wehgetan.

Ist ja auch ein besonderer Moment in seiner Karriere.
Im Nachhinein ja. Dass ich mein erstes Tor in einem offiziellen Spiel gegen ihn als Torwart des ASV Herzogenaurach geschossen habe, kann ihn sicher freuen, ja.

Sie haben damals nicht nur gerne Fußball gespielt, sondern auch geflippert. Wo?
Da gab es mehrere Läden. Die Klause, wo früher die Polizei war, unten am Marktplatz. Den Burgstaller Berg runter auf der rechten Seite gab es ein Café. Der Billard Saloon an der Kellergasse. Ich war an den Flippergeräten gerne gesehen, weil ich ewig flippern konnte. Flippern beherrschte ich damals fast wie Fußball.

Erinnern Sie sich noch an Leute aus dem Ort, die man einfach kannte? Herzogenauracher Originale?
Das ist lange her. Spontan fällt mir der Limmers Franz ein. Der war öfter hier am Sportplatz, ein Kleiner, Energischer, Lautstarker. Der Herr Haas noch, vom ASV unten, der Taxifahrer. Wenn ich jetzt ein bisschen Zeit hätte, würden mir sicher viele einfallen.

Wie oft sind Sie noch hier in Herzogenaurach?
Wie immer zu selten. Man ist viel unterwegs, auf Reisen. Ich fahre heute schon wieder zurück nach München, weil ich morgen nach Gladbach muss, zum Spiel gegen Dortmund. Am Sonntag geht es schon wieder weg. Ich bin mindestens genauso oft unterwegs wie früher.

Wie lange bleiben Sie sonst?
Wenn ich nicht gleich wieder zurück muss, so wie heute, bleibe ich normalerweise fünf, sechs Stunden. Bis sie verstorben sind, habe ich hier meine Eltern besucht. Ich freue mich über jeden Aufenthalt, auch wenn er so kurz ist.

Können Sie bei diesen längeren Besuchen jeden treffen, den Sie sehen möchten?
Nein, dafür reicht die Zeit nie. Aber durch die Feiern des Vereins gibt es immer wieder Anlässe, zu denen man viele, die man von früher noch kennt, treffen kann. Natürlich ist da immer erst ein bisschen Distanz da. Die Jungs wissen gar nicht, wie sie mit mir umzugehen haben. Vielleicht zu viel Respekt, aber den hätten sie früher mehr haben sollen. Ich weiß, woher ich komme und was wir im Verein gemeinsam erlebt haben. Es freut mich immer, die Jugendgeschichten zu hören und dabei die eigenen Erinnerungen aufzufrischen.


Wenn Sie zum FC Herzogenaurach kommen, ist immer was los. Würde es Sie freuen, wenn Sie mal ganz ohne Publikum und Medien die Jugend trainieren könnten?
Das geht nicht und das ist auch gut so. Die Fans haben uns zwei Jahre lang gefehlt, es ist doch schön, dass wir wieder hier sein dürfen. Ich weiß, wo ich im Privaten meine Ruhe haben kann. Zum Beispiel in Ungarn, deshalb habe ich dort länger gelebt. Hier zeigen die Leute aber auch Respekt. Natürlich wollen Sie auch Autogramme, aber dafür bin ich ja da und weiß, dass es auch ein bisschen zu dem Turnier gehört, das wir heute veranstalten.

In einem Interview haben Sie mal gesagt, Sie haben im deutschsprachigen Raum etwa 15 bis 20 gute Freunde. Leben davon welche hier in der Region?
Björn Gulden von Puma ist jemand, mit dem ich über alles reden kann. Vielleicht habe ich mich auch deshalb ein bisschen verspätet, weil wir uns verquatscht hatten. Ich weiß, dass er da ist, wenn ich Hilfe brauchen würde. Umgekehrt genauso. Klaus Bauer ist ein Jugendfreund. Er ist beim FC der Ansprechpartner. Mit ihm hat sich wieder etwas entwickelt, was vielleicht ein bisschen verloren gegangen war.

Sie wurden vor kurzem für 50 Jahre Mitgliedschaft beim FC Herzogenaurach geehrt. Was bedeutet Ihnen das?
Dieses Jubiläum zeigt Treue und Verbundenheit. Ich habe hier als Kind anfangen dürfen, wofür ich sehr dankbar bin. Man hatte sich für ein paar Jahre verloren, aufgrund meiner Jobs, der Reisen, der Verpflichtungen. Ich wusste aber trotzdem, wie die erste Mannschaft gespielt hat und wie viele Jugend- und Schülermannschaften, auch Mädchenmannschaften, es gab. Es ist schön, dass ich jetzt wieder mehr Zeit habe und die Verbindung zum FC Herzogenaurach auffrischen konnte. Ich glaube, die Verbindung ist sehr intensiv und freundschaftlich. Wir sind in Einheit, wir sind im Austausch und wollen gemeinsam unterstützen. Ich weiß, dass es dem Verein während der starken Corona-Zeit sehr schlecht ging, da haben Klaus und ich öfter miteinander telefoniert. Durch den Kontakt zu ihm kam die engere Verbindung, wie sie auch sein soll, zurück.

Gibt es etwas, das Sie insbesondere den Lesern Ihrer Heimatzeitung sagen möchten?
Ja. Ich fühle mich zu Hause.

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