"Komisches Gefühl": Apotheke schließt nach 190 Jahren

24.3.2021, 12:33 Uhr

© Foto: Matthias Kronau

33 Jahre lang hat Gabriele Sehring-Castelli die Beyschlagsche Apotheke in der Hauptstraße 31 geführt. Ein Familienunternehmen, das in Herzogenaurach buchstäblich Geschichte geschrieben hat. 

Es war nämlich die erste Apotheke in der Stadt, eröffnet 1831

"Ich war die sechste Generation, die das Geschäft führte", erklärt die Inhaberin. "Es ist schon ein komisches Gefühl, dass nun Schluss ist." Am Mittwoch, 31. März, öffnet die Beyschlagsche Apotheke ein letztes Mal. Gründe sind nicht: Corona oder wirtschaftliche Schwierigkeiten.

"Meinen Stammkunden habe ich schon einen Brief geschrieben und meine Beweggründe erläutert", sagt die Apothekerin. Ein solches traditionsreiches Geschäft zu schließen, macht man eben nicht so nebenher. Es hängt viel dran – Herzblut, Engagement und treue Kunden.

Warum muss geschlossen werden? Zu allererst: "Es hat nichts mit Corona zu tun", sagt Gabriele Sehring-Castelli fast lächelnd in einer Zeit, in der Corona an allem Schuld zu sein scheint. "Es sind private Gründe." Und die aufzuzählen sind einfach: Mit 66 Jahren fühlt sich die Falkendorferin, die die Beyschlagsche ihr halbes Leben lang (33 Jahre) geführt hat, nun doch an einem Punkt, wo es gut sei, sich freiwillig zu verabschieden. "Das ist besser, als weiterzumachen, bis man mich rausträgt."

Zumal in nächster Zeit bedeutende Änderungen angestanden wären. Das elektronische Rezept ist im Kommen, die Umstellung würde Kraft kosten und nicht billig sein. Um diesen Prozess von Anfang bis Ende zu begleiten, hätte sich Sehring-Castelli wohl nicht nur ein paar Monate, sondern ein paar Jahre zusätzlich an ihr Geschäft binden müssen.

Die beiden Kinder der Apothekerin haben ihre beruflichen Wege in andere Richtungen gelenkt, so dass klar war: Die Tradition als Familienapotheke endet. "Das ist so entschieden, ich kann einen Schlussstrich ziehen." Die Frage in den vergangenen zwei Jahren war: Findet sich eine andere Person, die das Geschäft übernimmt?

So lange nämlich sucht Gabriele Sehring-Castelli bereits nach einem potenziellen Nachfolger. Ohne Erfolg. "Es gab schon einige, die interessiert waren." Aber: Insgesamt vier Apotheken in der kleinen Innenstadt, "das sind schwierige Voraussetzungen". Da habe man es als Neuer oder Neue sicher schwer, sich durchzusetzen. "Bislang ist keiner da, der die Apotheke übernimmt." Viele ahnen wohl auch, welche Arbeitsbelastung ein selbstständiger Apotheker zu tragen hat, und suchen lieber eine Festanstellung etwa in der Industrie.

© Matthias Kronau

So bleibt der Pharmazeutin, der das schmucke Anwesen in der Hauptstraße gehört, nichts anderes übrig, als weiter auf die Suche zu gehen. "Am besten wäre es natürlich, wenn doch wieder eine Apotheke hereinkommen könnte. Oder eben ein anderes Geschäft."

Derweil freut sich Gabriele Sehring-Castelli, dass sich ihre Mitarbeiterinnen keine Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen müssen. Fünf haben bereits neue Stellen, zwei gehen ebenfalls in den Ruhestand.

Auf ihren neuen Lebensabschnitt freut sich Gabriele Sehring-Castelli sehr. "Haus, Garten, Enkel" – ein schöner Dreiklang. Und dann vielleicht noch Reiten und Fotografieren. Langweilig dürfte es der vielbeschäftigten Apothekerin nicht werden.

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