Öffnungen: Herzogenaurachs Handel atmet auf

6.3.2021, 11:55 Uhr
Öffnungen: Herzogenaurachs Handel atmet auf

© Hans von Draminski

Andrea Kudsi, die seit 21 Jahren "Mode für mich" in der Hauptstraße von Herzogenaurach betreibt, hat sofort reagiert und auf ihrer Internetseite die Modalitäten des Einkaufs ab Montag erläutert. Per Telefon, WhatsApp oder SMS kann bei ihr ein Termin für einen Besuch vereinbart werden. Drei Kunden dürfen, berechnet anhand der Verkaufsfläche, bei ihr gleichzeitig im Laden sein.

"Riesengroße Erleichterung"

Öffnungen: Herzogenaurachs Handel atmet auf

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"Eine riesengroße Erleichterung, aktiv sein zu können. Ich weiß, dass meine Kunden aufschnaufen", sagt die Modefachfrau. Denn das "Click & Collect" der vergangenen Wochen sei sehr arbeitsaufwendig gewesen mit wenig Ertrag: "So kann kein Einzelhändler überleben. Ich vergleiche es mit Essen to go in der Gastronomie. Dies ist ein Dunst auf dem heißen Stein und hilft nur, im Gespräch zu bleiben. Was die Regierung veranstaltet, ist sträflich den Einzelhändlern gegenüber. Den Sommer über haben sie geschlafen." Von den beantragten November- und Dezemberhilfen sei noch nichts angekommen.

Winterware eingelagert

Ihre Winterware hat Andrea Kudsi zwischenzeitlich eingelagert und überlegt, einen Teil zu spenden. Ob sie ans Aufgeben dachte? "Nicht wegen Corona. Ich habe eine positive Denkweise."

In den vergangenen Wochen galt: "Bei Anruf Buch" bei Bücher, Medien und mehr, zentraler Treffpunkt für Buchfreunde in Herzogenaurach. Das heißt, man bestellte sich seine Bücher und konnte sie am nächsten Tag abholen oder auch liefern lassen. Nun bereiten sich Stefanie Greber und ihr Team darauf vor, wieder Kundschaft im Laden zu haben, denn für den Buchhandel gilt wie für Bau- und Gartenmärkte, dass er bei einer Sieben-Tages-Inzidenz von unter 100 unter den üblichen Sicherheitsmaßnahmen wieder "richtig" öffnen und Kunden in die Verkaufsräume lassen darf.

Bücher werden sortiert

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Am Wochenende werden Bücher sortiert, Neuerscheinungen – die es auch in der Krise gibt – gut sichtbar in die Regale geräumt und die letzten Spuren des Lockdowns beseitigt. "Wir sind heilfroh, dass es am Montag wieder losgeht", sagen Stefanie Greber und ihre Fachkräfte beinahe unisono.

Den Bedenkenträger und Mahner gibt Stefan Müller, Chef von "Ringfoto Müller" in der Hauptstraße. Er ist amtierender Vorsitzender der "Förder- und Werbegemeinschaft Herzogenaurach", in der viele, wenngleich nicht alle Herzogenauracher Einzelhandelsgeschäfte organisiert sind. Müller verfügt in seinem Laden über gut 100 Quadratmeter, darf also zwei Menschen zum "Click & Meet" gleichzeitig in das Geschäft lassen.

"Lebenswichtig sind die kleinen Sachen"

"Die lebenswichtigen Verkäufe sind nicht die Kameras im höheren vierstelligen Preissegment, denn bei denen ist die Gewinnmarge kaum der Rede wert, sondern die kleinen Sachen, für welche die Kundschaft in den Laden kommen und sich umschauen muss", erklärt Müller und nennt als Beispiel den Bilderrahmen, der zur Einrichtung der Kunden passen soll oder das praktische Zubehörteil, dessen sich potenzielle Käufer erst bewusst werden, wenn sie es sehen.

Sorgen über Erlangen

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Richtige Sorgen macht sich Stefan Müller darüber, wie sich im nahen Erlangen die Situation ab Montag gestalten könnte. Denn aufgrund der aktuell unter der magischen 35er-Grenze liegenden Sieben-Tages-Inzidenz dürfen in der Hugenottenstadt am Montag alle Einzelhändler ihre Pforten öffnen. Müller sieht das Problem, dass der Handel darauf "praktisch nicht vorbereitet ist" und dass es an ganz praktischen Hilfsmitteln fehlt, beispielsweise an elektronischen Einlasskontrollen für die Arcaden: "Die könnten dann ganz schnell zum Hotspot werden – und dann sind die Geschäfte in Erlangen und bei uns genauso schnell wieder zu, wie sie geöffnet wurden", fürchtet Müller.

Wandel in der Geschäftswelt

Ein Wandel in der Herzogenauracher Geschäftswelt ist auch unabhängig von der Pandemie-Situation zu registrieren:

Der "Fairschenk"-Laden von Nadia Sommerfeld ist wegen des Wunsches, sich zu vergrößern, zu hoher Mietangebote in Herzogenaurach aus dem Steinweg 1 nach Erlangen umgezogen – mit Bedauern. Die Betreiberin wohnt in Herzogenaurach und hat sich einen Kundenstamm mit vielen persönlichen Kontakten aufgebaut. "Die Pandemie hat uns sehr viel Kapital gekostet", lässt Nadia Sommerfeld wissen, schaut jedoch nach vorne: "Was man nicht ändern kann, muss man hinnehmen." Angesichts der neuen Nachbarschaft von "Eine-Welt-Laden" und "Contigo" in Erlangen entschied Nadia Sommerfeld, das Segment "Fairtrade" zu verlassen. Unter dem Titel "Bummelboutique am Bohlenplatz" wird am Montag eröffnet – vorausgesetzt die Inzidenzen bleiben entsprechend.

Absage an Corona-Tourismus

Sie freut sich auf ihre Herzogenauracher Kundschaft und nimmt auch noch die "Fairschenk"-Gutscheine an. "Aber ein Corona-Tourismus sollte nicht stattfinden." Wie berichtet, hat aus verschiedenen Gründen auch das beliebte Bistro Kreis’l aufgegeben. Der Musiktreff und Frühstücks-Stammtisch war beim Frühlings-"Springtime" stets einer der gut besuchten Anlaufpunkte. Public Viewing bei interessanten Fußballspielen war eine feste Größe. Dieser Tage wird ausgeräumt. Die gastronomische Nutzung soll weitergehen.

Dieser Artikel wurde am 8. März um 11.31 Uhr aktualisiert. In der früheren Version haben wir vom Aus der Villa Stockholm geschrieben. Die Villa Stockholm ist aber nach wie vor da. Laut Auskunft der Eigentümer befindet sich das Geschäft im Ausverkauf unf bietet Click & Collect an. Wir enschuldigen uns für die falsche Berichterstattung.

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