Folgen: Wahlkampf der Rechtspopulisten

Pächter der Herzo Bar vermietete Raum an AfD - Gäste sind irritiert

9.10.2021, 13:41 Uhr
Das Kneipenfestival 2019 mit Wirt und Pächter Sami Alijaj in der Mitte fand auch in der Herzo Bar statt. 

© Andreas Brandl Das Kneipenfestival 2019 mit Wirt und Pächter Sami Alijaj in der Mitte fand auch in der Herzo Bar statt. 

Außenstehende, die von dem Vorgang hörten, können es kaum glauben. Sami Alijaj, Pächter und Wirt der Herzo Bar, beliebte Location für Geburtstags-, Weihnachts-, Silvesterfeiern, Ehrungsabende, Zusammenkünfte nach Stadtratssitzungen, Kneipenfestivals, Vernissagen, Lesungen, Anlaufstelle für das internationale Publikum Herzogenaurachs mit über 80 Nationalitäten, vermietete in der heißen Wahlkampfphase für eine Parteiveranstaltung an die AfD. 100 Menschen, dabei das Bündnis "Herzo gegen rechts" und "Aktion Courage" demonstrierten im September vor der Bundestagswahl auf dem Marktplatz gegen die AfD und wandten sich gegen jegliche Form von Rechtsextremismus.

Bereits zuvor geplant war ein SPD-Ehrungsabend in der Herzo Bar, bei dem langjähriges Engagement gewürdigt wurde. Als bekannt wurde, dass sich die AfD im alten Rathaus trifft, entstand eine Diskussion, auch auf Intervention der Bundestagsabgeordneten Martina Stamm-Fibich, diese Lokalität sei nicht mehr passend.

Peter Prokop, ehemaliger SPD-Stadtrat mit jahrzehntelanger Erfahrung, rekapituliert die Vorstandssitzung so: "Bei einer Abstimmung, ob man in eine andere Lokalität ausweichen solle, kam es zum Patt. Es blieb also bei der Herzo Bar. Mit dem Wirt wurde gesprochen." Allerdings ergebnislos. Dies führte unter anderem dazu, dass Konrad Eitel, langjähriger SPD-Fraktionsführer im Stadtrat, für seine Ehrung absagte. Begründung: "Um ein Signal zu setzen. Man kann nicht demonstrieren gegen die AfD und dies dann ausklammern."

"Keine Gedanken gemacht"

Wirt Sami Alijaj, befragt nach den Gründen seines Handelns, sagt dies: „Ich bin als Gastronom und Unternehmer absolut unpolitisch und zugänglich für jedermann. Was die AfD vertritt, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Bei mir können alle politischen Gruppierungen und Vereine rein. Es gilt gleiches Recht für alle. Ich verkaufe keine Politik, sondern Essen und Getränke und bin bekannt für Service und Freundlichkeit. Ich dachte auch nicht, dass so ein Druck entsteht und so ein Hype. Auch ist mir rätselhaft, weshalb die AfD einen Immigranten wie mich fragt. Der negative Ruf, der durch die Netze ging und auch von Stammgästen kam – da kann ich nur sagen, Leute, lasst mich in Ruhe. Macht es unter euch aus. Wenn die AfD auf der Straße vor der Herzo Bar steht, dann kräht kein Hahn danach. Bei der AfD-Versammlung waren auch Stammgäste dabei, Geschäftsleute. Ich habe mir überhaupt nichts dabei gedacht.“

Die Stadt Herzogenaurach ist Mitglied in der Allianz gegen Rechtsextremismus und Eigentümer des Gebäudes Altes Rathaus. Darauf kommt Bürgermeister German Hacker (SPD) sogleich zu sprechen. Allerdings liege es in der Hoheit des Pächters, an wen er verpachtet. "Auch wenn die Stadt selbst Betreiber wäre, dürften wir dies nicht in den Mietvertrag hineinschreiben, an wen nicht vermietet werden darf. Dazu gibt es bereits Gerichtsurteile." Er hält die Entscheidung des Pächters unter Umständen für "teuer erkauft". Womöglich würden Teile der Bevölkerung die Location künftig außen vor lassen.

"Wir bekämpfen AfD auf allen Ebenen"

Eine weitere Sichtweise bringt Konrad Körner ein, Stadtrat der Jungen Union und Mitglied der Fraktion mit der CSU: "Über das Thema wurde gesprochen. Generell gilt, dass ich es ebenfalls akzeptiert hätte, wenn man der AfD den Zutritt verwehrt hätte. CSU und JU bekämpfen die AfD auf allen Ebenen politisch und inhaltlich. Es ist und bleibt aber die Entscheidung des Wirts. Gleichzeitig finde ich es befremdlich, wenn gerade Herr Alijaj nun in ein schlechtes, gar fremdenfeindliches Licht gerückt wird. Hier wird von politischen Akteuren eine angebliche „Haltung“ einem Menschen angedichtet, der sich bisher politisch neutral verhalten hat. CSU und JU werden dort weiterhin Veranstaltungen stattfinden lassen und ich freue mich, dass wir dort bisher immer gut und zuvorkommend bewirtet worden sind. Ich würde mich persönlich freuen, wenn man Energie in die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD und weniger in die Bekämpfung eines – politisch nicht voreingenommenen - Gastwirts stecken würde."

Hingegen findet es Retta Müller-Schimmel, Stadt- und Kreisrätin der Bündnisgrünen und bis dato ein Fan der Herzo Bar, bedauerlich, dass der Wirt auch nach Gesprächen nicht von seiner Meinung abrückte, der rechtspopulistischen AfD einen Raum zu vermieten: "Er sagte, er entscheidet, wen er reinlässt."

Dass er dieser Gruppierung Raum gab, deren Position zu Migration bekannt ist, hält sie für erstaunlich. "Aber ich persönlich kann da nicht mehr hingehen. Die weiteren Treffen der Grünen laufen woanders. Es müssen schon Zeichen gesetzt werden, dass es nicht nur um den schnöden Mammon geht. Jeder ist mit seinem Verhalten politisch."

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