Hilpoltsteiner kämpft mit Schaf Wu gegen die Erschöpfung
23.8.2019, 06:30 UhrVon ihm hatte Möller seinerseits als Teenager die Kunst des Porträtzeichnens gelernt. Die Liebe zum Zeichnen hat der in Eckersmühlen aufgewachsene und heute in einem Hilpoltsteiner Ortsteil lebende Sohn der Rother Stadträtin Sonja Möller nie verloren. Und hat für Eva und seine ganze Familie "Das Schaf Wu" erfunden. So heißt der rotpelzige Titelheld der Geschichte, die trotz vieler Hindernisse vor Kurzem tatsächlich als Buch herausgekommen ist.
Immer weniger Kraft
Vor zwei Jahren wurde Möller, der durchtrainierte Lehrer für Sport und Mathematik an der Rother Realschule, durch eine plötzliche Erkrankung komplett aus seinem bisherigen Leben geworfen. Alles begann mit einem Magen-Darm-Infekt. Statt zu genesen, wurde der junge Familienvater schwächer und schwächer. Immer weniger Kraft und eine vorher nie erlebte Erschöpfung bremsten jede Aktivität aus.
Seit eineinhalb Jahren ist der ehemalige Sportler ans Bett gefesselt, kann nicht einmal mehr längere Zeit sitzen, kaum am Leben teilnehmen. Heute – nach einer langen Odyssee – hat das Schicksal zumindest einen Namen: Myalgische Enzephalomyelitis oder Chronic Fatigue Syndrom, kurz ME/CFS. Diese schwere neuroimmunologische Erkrankung kommt gar nicht so selten vor, ist schwer zu diagnostizieren, kaum erforscht und derzeit gar nicht wirkungsvoll zu behandeln. "Es ist ein Leben im andauernden Energiesparmodus", sagt Möller. "Ich kann nur sehr wenig mit sehr langen Pausen machen." Unterkriegen aber lässt er sich nicht. "Man gewöhnt sich sogar daran, Besuch im Schlafzimmer zu empfangen. Ich bin jetzt eben so, wie ich bin."
Um die vielen Stunden Ruhezeit im Bett zu füllen und den Kindern eine Freude zu machen, griff Ralf Möller wieder zum Zeichenstift. Aber auch das fällt ihm schwer. "Porträts zeichnen geht gar nicht. Ich kann den Arm nicht so lange oben halten."
Figuren mit wenigen Strichen
Also einfache witzige Tierfiguren mit wenigen Strichen, wie sie Eva liebt. Um die Bilder aus eigener Kraft colorieren zu können, erlernte Ralf Möller von einem Bekannten, wie man ein entsprechendes Computerprogramm bedient. "Mein mittlerweile 15-jähriger Sohn wollte als kleines Kind immer Geschichten von Schafen hören" – also startete das Buchprojekt Anfang 2019 mit der Erfindung von Wu, dem Schaf aus Thailand, das dank seiner Lieblingsspeise, scharfe rote Paprika, leuchtend-rote Wolle trägt. Nur blöd, dass die anderen Schafe alle weiß sind und Wu lieber genauso wäre wie sie.
Es ist eine kleine Außenseitergeschichte mit Happy End, und der Einladung, das Buch am Ende selbst mit Farbe und Stift mitzugestalten. Möllers Schwägerin kümmerte sich um das Layout, gedruckt wurde das Buch im Eigenverlag in einer Hilpoltsteiner Druckerei. Die ganze Familie ist stolz auf das Ergebnis.
Tochter Leni verkaufte "Das Schaf Wu" mit Begeisterung auf dem Trödelmarkt und im Bekanntenkreis. In der Rother Buchhandlung Genniges und bei Bücher Schmid in Hilpoltstein kann man es ebenfalls erwerben. Von Kindergartengruppen und Schulklassen hat Ralf Möller schon viel begeistertes Feedback bekommen. "Das freut mich sehr." Für ihn war das Buch ein wichtiger Schritt, um das Gefühl zu haben, wieder etwas Produktives, auch mit pädagogischem Ansatz, zu machen.
Das Schaf Wu soll nicht allein bleiben. "Ich habe schon mit etwas Neuem angefangen", verrät der Autor. Was genau, ist noch geheim. Möllers bunte Tierwelt ist noch nicht komplett.
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