Höchste Eisenbahn: Neuer Glanz für alte Bahnhöfe

17.1.2018, 15:30 Uhr
Frisch saniert erstrahlt der Bahnhof Seubersdorf im Landkreis Neumarkt. Die Gemeinde hat das Gebäude ersteigert und saniert. Sogar der Warteraum im Erdgeschoss wurde wieder schön hergerichtet und ein öffentliches, behindertengerechtes WC installiert.

© Werner Sturm Frisch saniert erstrahlt der Bahnhof Seubersdorf im Landkreis Neumarkt. Die Gemeinde hat das Gebäude ersteigert und saniert. Sogar der Warteraum im Erdgeschoss wurde wieder schön hergerichtet und ein öffentliches, behindertengerechtes WC installiert.

"Als ich hier 2013 am Bahnhof ankam, dachte ich, ich wäre im tiefsten Osteuropa angekommen, in einem solch schlechten Zustand war das Gebäude. Der Bahnhof ist das Eingangstor einer Gemeinde. Da sollte man nicht das Gefühl haben, in einem Elendsviertel gelandet zu sein", meint Jürgen Geier, Bürgermeister von Dombühl im Landkreis Ansbach.

Dombühl hat zwar nur 1800 Einwohner, dafür aber ein außergewöhnlich großes, repräsentatives Bahnhofsgebäude mit zwei Obergeschossen. Schließlich war die Kommune in Westmittelfranken einst ein wichtiger Bahnknotenpunkt.

Nun erlebt Dombühl eine gewisse Renaissance als Bahnstandort: Seit Dezember halten hier nicht mehr nur die Regionalexpresse zwischen Nürnberg und Stuttgart, sondern auch die Züge der S-Bahnlinie 4, die von Ansbach in Richtung Westen verlängert wurde.

Renaissance in Dombühl

Die Renaissance soll künftig auch das Bahnhofsgebäude erfassen. Als Jürgen Geier im Jahr 2014 zum Bürgermeister von Dombühl gewählt wurde, war der Bau noch in Privatbesitz, stand aber leer, weil der Eigentümer mit seinem Plan gescheitert war, Wohnungen darin zu errichten. Im Sommer 2015 kaufte die Gemeinde dann das Gebäude.

Viel passiert ist bisher noch nicht, schließlich musste erst die Haltestelle selbst fit gemacht werden für den S-Bahnverkehr. Bald soll es nun aber losgehen. Im Erdgeschoss entsteht ein Dorfladen, mit einem Anbau wird die Fläche für ein Dorfcafé erweitert. Ins erste Obergeschoss soll der örtliche Hausarzt einziehen.

Viele Kommunen kämpfen, um ihre Bahnhofsgebäude vor dem Verfall zu retten. "Das Kerngeschäft der Deutschen Bahn ist Mobilität und nicht Immobilienverwaltung. Viele ehemalige Empfangsgebäude sind für den Eisenbahnbetrieb nicht mehr erforderlich und für die DB nicht wirtschaftlich zu betreiben", erklärt ein Bahnsprecher. Deshalb hat die Deutsche Bahn seit 1999 rund 350 ehemalige Bahnhofsgebäude in Bayern verkauft.

Ärger um britischen Investor

Viel Ärger gab es, als 2007 auf einen Schlag 140 Bauten im Freistaat, darunter die Bahnhöfe Erlangen-Bruck, Zirndorf, Weißenburg oder Vach, an den britischen Investor Patron Capital wanderten. Vorwürfe wurden laut, dass der Investor die Stationen verwahrlosen ließe und seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkomme.

15 Millionen Euro sollte Patron Capital innerhalb von fünf Jahren bundesweit investieren. "Wir haben mehr als diese Summe ausgegeben. Heute besitzen wir keine Bahnhöfe mehr in Deutschland, wir haben alle Stationen an Privatleute, Entwickler, Investoren, Kommunen und die Deutsche Bahn verkauft", sagt ein Sprecher des britischen Immobilien-Investors auf Anfrage unserer Zeitung. Und auch die Deutsche Bahn bestätigt, dass der Investor seine vertraglichen Pflichten aus dem Paketkaufvertrag erfüllt hat.

"Positives Umdenken der Bahn"

Viele Kommunen fühlen sich trotzdem im Stich gelassen. Die Deutsche Bahn scheint daraus gelernt zu haben und verkauft die Empfangsgebäude mittlerweile nur noch einzeln. "Dabei achtet die DB verstärkt auf die Nutzungskonzepte der Kaufinteressenten und bevorzugt den direkten Verkauf an die Kommunen", betont ein Bahnsprecher.

Auch das bayerische Verkehrministerium spricht von einem "positiven Umdenken" des Unternehmens. Schließlich habe der Zustand der Gebäude Auswirkungen auf den gesamten Eisenbahnbereich und sein Image. Das Ministerium lobt die Investitionen in Nürnberg, Treuchtlingen, Aschaffenburg oder Rosenheim und die laufenden und geplanten Großprojekte in Würzburg, München und Augsburg.

"Verbesserungsbedarf gibt es aber nach wie vor bei den Empfangsgebäuden von mittelgroßen Bahnhöfen, die dauerhaft in Eigentum von DB Station & Service verbleiben. Hier müssten die Aktivitäten deutlich verstärkt werden. An kleinen Standorten ist zudem die Kooperation mit Kommunen verbesserungswürdig", betont ein Sprecher des Verkehrsministeriums.

Bahn will 80 Stationsgebäude verkaufen

Bayernweit besitzt die Bahn noch 180 Empfangsgebäude, 17 wurden seit 2005 abgerissen, sechs stehen derzeit leer. In den nächsten Jahren sollen noch etwa 80 der Bauten verkauft werden. "Das 'Ob', 'Wie' und konkrete 'Wann' wird derzeit noch abgestimmt", sagt ein Bahnsprecher.

Viele Bahnhöfe, die in privaten Händen landeten, entwickelten sich zu wahren Schandflecken, die immer mehr verfielen. So auch in Schnaittach im Landkreis Nürnberger Land.

"Als der Bahnhof zum Verkauf stand, war das Weiterbestehen der Bahnlinie nach Simmelsdorf-Hüttenbach fraglich. Wenn sie stillgelegt worden wäre, wäre das Grundstück ein echtes Filetstück geworden. Deshalb ist der Markt Schnaittach damals auch überboten worden", erzählt Bürgermeister Frank Pitterlein.

Doch es kam anders. Die Bahnstrecke besteht weiter, das Grundstück wurde nicht zum Filetstück, sondern zum Schandfleck, um den sich niemand kümmerte. 2013 schließlich kaufte die Gemeinde das Anwesen. Nun hat es die Raiffeisenbank Lauf übernommen und will aus dem Haus mit Hilfe eines modernen Anbaus seine neue Schnaittacher Filiale machen.

Jazz-Konzerte in Kalchreuth

Viele Kommunen, Vereine und Privatleute haben in den vergangenen Jahren kreative und zukunftsfähige Nutzungskonzepte für die Bahnhöfe in der Region gefunden. In Kalchreuth etwa ist ein Kulturbahnhof entstanden, in dem vor allem Jazz-Konzerte stattfinden, in Ipsheim ist ein Kindergarten eingezogen, in Emskirchen eine Buchhandlung mit Café sowie die Filiale einer Bäckerei.

Ein besonderes Schmuckstück ist auch der Bahnhof in Seubersdorf im Landkreis Neumarkt geworden. Die Gemeinde hat das Gebäude ersteigert und saniert. Sogar der Warteraum wurde wieder schön hergerichtet und ein öffentliches WC installiert. Darüber hinaus entstanden drei Wohnungen, in die zunächst anerkannte Flüchtlinge einziehen sollen.

Wir suchen historische Fotos

Unsere Redaktion ist auf der Suche nach historischen Aufnahmen von Bahnhöfen in der Region. Besonders interessiert sind wir auch an Fotos von Bahnhöfen, die bereits abgerissen wurden oder die an stillgelegten Strecken stehen.

Wenn Sie uns helfen möchten und uns für diese Aufnahmen honorarfrei die Nutzungsrechte einräumen wollen, schicken Sie die Bilder bitte per E-Mail unter dem Betreff "Bahnhof" an bildarchiv@pressenetz.de.

Bitte teilen Sie uns zudem die wichtigsten Informationen zu den Fotos mit, vor allem aber, an welchem Ort und zu welchem Zeitpunkt sie entstanden sind.

Keine Kommentare