Hochwasser in Niederbayern fordert fünf Todesopfer

2.6.2016, 12:50 Uhr
Mit dem Heck nach oben: Autos schwimmen in Simbach am Inn zwischen Holzteilen im Hochwasser.

© dpa/Daniel Scharinger Mit dem Heck nach oben: Autos schwimmen in Simbach am Inn zwischen Holzteilen im Hochwasser.

Die Toten wurden am Mittwoch gegen 20.30 Uhr von der Feuerwehr entdeckt. Die näheren Umstände der Todesfälle und die Identität der Opfer waren zunächst nicht bekannt. Die Kriminalpolizei übernahm die Ermittlungen. Michael Fahmüller, der Landrat des Kreises Rottal-Inn, zeigte sich tief betroffen. "Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen", sagte der CSU-Politiker.

Kurz darauf wurde eine Frau tot in einem Bach bei Julbach entdeckt. Am Donnerstagvormittag wurde ein 75-Jähriger tot aus seinem Haus in Simbach am Inn geborgen. Ob es weitere Opfer geben könnte, war zunächst unklar. Ein Sprecher des Landratsamtes sagte: "Es ist alles ein großes Chaos". Eine weitere Person wird noch vermisst.

In einigen Gemeinden beginnt am Donnerstagmorgen der Kampf gegen die Wassermassen, indem die Häuser und Straßen leergepumpt werden sollen. Am frühen Morgen wurden die Einsatzkräfte aufgestockt, um in den Märkten Triftern und Tann mit dem Abpumpen der Wassermassen zu beginnen. In der Stadt Griesbach richtete das Technische Hilfswerk eine Notstromversorgung ein.

Auch weitere Regionen in Deutschland sind von den schweren Unwettern betroffen.

Pegelhöchststand sinkt leicht

In der Nacht hatte es nach Auskunft des Landratsamtes Rottal-Inn nicht mehr geregnet, der Pegelhöchststand von 3,61 Meter sank leicht ab. Für Donnerstag erwartete der Deutsche Wetterdienst jedoch erneut unwetterartige Mengen an Niederschlag, besonders im Landkreis Passau, wo ebenfalls Katastrophenfall ausgerufen wurde.

Nach heftigen Regenfällen hatten Hochwasserfluten am Mittwoch den Südosten Bayerns binnen kurzer Zeit überschwemmt - die Behörden riefen den Katastrophenfall aus. Die Flutwelle riss Autos, Bäume und Einrichtungsgegenstände mit.

Besonders betroffen sind nach Angaben des Landratsamtes in Pfarrkirchen und des Polizeipräsidiums Niederbayern Triftern bei Pfarrkirchen und Simbach am Inn (wo die Leichen entdeckt wurden) sowie die Gemeinde Tann.

Vielerorts stand das Wasser meterhoch in den Straßen. Viele Häuser waren komplett eingeschlossen. Kinder waren in Schulen und Kindergärten eingeschlossen. In Triftern wurden nach Polizeiangaben Menschen mit Hubschraubern von Hausdächern gerettet, in Simbach musste die Polizeidienststelle evakuiert werden. "Da steht das Wasser meterhoch", sagte ein Polizeisprecher. Der Sachschaden wird auf einen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt.

"Land unter" in Triftern

In Triftern wurde der Ortskern am Mittwoch überschwemmt. "Die Situation hat sich in den letzten Stunden dramatisch zugespitzt. Der ganze Ortskern wurde von dem Altbach überspült", sagte der Bürgermeister von Triftern Walter Czech (CSU).

Die vom Hochwasser eingeschlossenen Schüler in Niederbayern haben ihre Schulen nach Stunden des Wartens verlassen können. Dies teilten die örtliche Wasserwacht und die Polizei am Mittwochabend mit.

In Triftern hatten rund 250 Kinder den Tag über in der Turnhalle ausharren müssen, weil die Zufahrtswege überspült waren. In Simbach war ein Schulzentrum abgeschnitten, etwa 350 Schüler saßen dort fest. Am Abend hatte sich die Lage in Niederbayern etwas entspannt. "Das Wasser läuft zügig ab. Die Feuerwehren haben Zeit, die vollgelaufenen Keller leer zu pumpen", sagte der Einsatzleiter der Wasserwacht in Triftern, Hans Nothaft.

Auch in Simbach am Inn begannen die Aufräumarbeiten. Im tieferliegenden Teil des Ortes war daran aber noch nicht zu denken. Bei vielen Häusern stand noch das komplette Erdgeschoss unter Wasser. Bäche und Flüsse in der Region waren nach heftigem Dauerregen über die Ufer getreten. Die reißende Flutwelle hatte viele Menschen überrascht. Die Behörden riefen den Katastrophenfall aus. Retter waren stundenlang damit beschäftigt, Eingeschlossene mit Hubschraubern und Booten zu befreien.

Auch Zufahrtsstraßen und Brücken sind überschwemmt. Verletzte habe es bislang aber nicht gegeben, betonte Bürgermeister Czech. Neben zahlreichen Feuerwehren ist auch die Wasserwacht im Einsatz. "Alles, was wir verfügbar haben, ist im Einsatz", hieß es vom Polizeipräsidium Niederbayern.

Polizisten seien auch von Grenzübergängen abgezogen worden. Auch auf österreichischer Seite herrsche Alarmbereitschaft. In Regen wurde eine Schulklasse bei einem Bootsausflug vom Unwetter überrascht. 20 Kinder strandeten auf einer Insel und mussten gerettet werden. Ein Mädchen erlitt einen Schock, eins eine Unterkühlung. "Letztlich ist das aber glücklich ausgegangen", sagte der Polizeisprecher.

Passau ruft Katastrophenfall aus

Passau hat angesichts anhaltender Regenfälle den Katastrophenfall als Vorstufe zu einem möglichen Katastrophenalarm ausgerufen. Damit habe der Katastrophenschutz-Stab des Landkreises seine Arbeit aufgenommen, teilte das Landratsamt am Mittwoch mit. Dieser koordinierte den Einsatz von mehr als 40 Feuerwehren. Die Bevölkerung sei aufgerufen, auf unnötige Autofahrten zu verzichten, nach Möglichkeit im Haus zu bleiben und Kellerräume zu meiden.

"Die anhaltenden Regenfälle im südlichen Landkreis und die zu erwartenden Hochwasserstände an Rott und Wolfach geben keinen Anlass, von einer Entspannung der Situation auszugehen." Der Landrat habe die Entscheidung getroffen, nachdem sich Meldungen von Schäden gehäuft hatten. "Wir haben überflutete Straßen und überflutete Keller, großflächig und im großen Ausmaß", sagte eine Mitarbeiterin des Landratsamts. Betroffen waren unter anderem Bad Griesbach, Kößlarn, Ruhstorf, Harbach, Kirchham und Neuburg am Inn.

Leipzig: Wasser in der Notaufnahme

Starkregen machte den Menschen auch in Hannover zu schaffen. In Leipzig standen zeitweise einige Straßen unter Wasser. "Die Kanalisation konnte die Wassermassen nicht schnell genug aufnehmen", sagte ein Feuerwehrsprecher. In einem Leipziger Krankenhaus musste die Feuerwehr Wasser aus der Notaufnahme abpumpen. Die Bahnstrecke zwischen Dresden und Prag, die am Dienstag überspült worden war, wurde hingegen wieder für den Verkehr freigegeben. Der DWD warnte aber vor neuen Gewittern, Starkregen und Hagel im Osten.

Die Pegelstände an Rhein, Nahe und Mosel fielen nach einem sprunghaften Anstieg zu Wochenbeginn zunächst wieder. Das Hochwassermeldezentrum in Rheinland-Pfalz teilte am Mittwoch mit, dass an zahlreichen Messpunkten sinkende Pegel gemeldet worden seien. Allerdings ist auch dort in den kommenden Tagen mit weiterem Regen zu rechnen. Die Wetterlage war zu labil, um vorherzusagen, wo und in welchem Ausmaß der Wasserstand erneut klettern könnte.

In Baden-Württemberg, wo das Tief "Elvira" bereits am Sonntagabend schwere Verwüstungen angerichtet hatte, ging das Aufräumen weiter. Nach wie vor müssen Massen von Schlamm, Schutt und Trümmer beseitigt werden. Vier Menschen waren dort bei dem Unwetter ums Leben gekommen.

Wie das Technische Hilfswerk (THW) vermeldete, kämpften deutschlandweit mehr als 1.200 Helferinnen und Helfer mit den Folgen der Unwetter. Zuletzt hatten erst in der Nacht zu Montag Unwetter gewütet und Wassermassen vor allem in Mittelfranken mehrere Orte überflutet.