Abenteuerliche Flucht vor Corona

9.10.2020, 13:58 Uhr
Abenteuerliche Flucht vor Corona

© Roland Grebner/privat

Als Grebner in den Ruhestand ging, gab es in Namibia diverse Hilfsprojekte, die er im Zuge seiner zahlreichen Reisen in das Land auf den Weg gebracht hatte. Da traf es sich gut, dass der Bonner "Senior Experten Service (SES), Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit GgmbH", eine deutsche Entsende-Organisation für ehrenamtliche Fach- und Führungskräfte im Ruhestand oder in einer beruflichen Auszeit, ihn als Erwachsenen-Ausbilder nach Namibia zurückschickte. Mit dem Auftrag, an Schulen das Bildungssystem voranzutreiben.

Abenteuerliche Flucht vor Corona

© Roland Grebner

Bei den letzten Einsätzen war Grebner in seinem eigenen Fach tätig und schulte namibische Lehrkräfte in westeuropäischen Unterrichtsmethoden – mit wechselndem Erfolg. So berichtet er von einem Mathematiklehrer am Einsatzort Okakarara, einer 3700-Seelen-Stadt in der Region Otjozondjupa: "Der beherrschte nicht einmal das Bruchrechnen, unterrichtete aber die Oberstufe", so Grebner. Mehr als einmal habe der Kollege ihn gebeten, die Unterrichtsstunde zuende zu bringen, wenn er nicht mehr weiter wusste. Eine junge Lehrerin, die frisch von der Universität kam, habe ähnliche Wissenslücken gehabt. "Wenn sich da etwas ändern soll, muss der Staat Geld in die Hand nehmen, um die Ausbildung der Lehrer zu verbessern", ist Grebner überzeugt.


Die Einsätze des Wolfgang Grebner


(ContentAd))Derartige Pläne werden freilich lange Zeit Luftschlösser bleiben, denn die Corona-Pandemie trifft ein armes Land wie Namibia doppelt hart. "Nach dem Bergbau war der Tourismus stets die Haupteinnahmequelle", weiß Roland Grebner und fügt hinzu: "Swakopmund ist ein Tourismus-Zentrum – aber seit dem Lockdown ist der Tourismus tot."

"Das Problem ist nicht das Virus, sondern der Hunger"

Das größte Problem vor allem für jene, die abseits der Großstädte leben, sei nicht das Virus, sondern der Hunger: "Die Menschen kämpfen um ihre Existenz", erklärt Roland Grebner. Eine einheimische Helferin, mit der er seit Jahren zusammenarbeitet, sammelt Hilfspakete in Swakopmund für eine informelle, vom Staat geduldete Township-Siedlung, in der die Zustände zunehmend schlimmer werden.

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© Roland Grebner/privat

Grebner verließ im März ziemlich überstürzt Namibia. "Ich war Mitte des Monats noch übers Wochenende an die Küste gefahren", erinnert sich der Afrika-Experte. Dann wurden zwei aus Südafrika einreisende Touristen positiv auf das Virus getestet. "Schon am Samstagmittag wurden alle Direktflüge aus Namibia gestrichen", berichtet Roland Grebner.

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© Roland Grebner/privat

Sein Glück war, sich kurz vor dem Lockdown ein Auto gekauft zu haben. Über den Wochenend-Notfalldienst des SES organisierte Grebners Frau von Deutschland aus Flugtickets ab Johannesburg. "Ich ließ dann mehr oder weniger alles stehen und liegen und flog nach Südafrika", so Grebner. Zum Glück habe er Freunde, die das Auto vom Flughafen in Windhoek auf einen bewachten Parkplatz brachten.

Grenzen geschlossen

Kurz nach seiner Ausreise wurden die namibischen Grenzen zu Lande geschlossen, Grebner kam über Zürich und Frankfurt nach Hause. "Wochen später hat das Auswärtige Amt Heimkehrerflüge organisiert, die ziemlich chaotisch abgelaufen sein müssen", meint Grebner.

Angesichts weltweit steigender Neuansteckungs-Zahlen wagt Grebner keine Prognose, wie es in Namibia weitergeht. Sofern er ins Land darf, will er zurückkehren, um bei seinen Hilfsprojekten nach dem Rechten zu sehen. In Oshakati, Hauptstadt der Region Oshana, unterstützt er ein Heim für behinderte Kinder: "Da muss ich selber hin!"

 

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