10. Geburtstag

Alternative zum Pflegeheim: Demenz-WG in Höchstadt

8.10.2020, 06:00 Uhr
Alternative zum Pflegeheim: Demenz-WG in Höchstadt

© André De Geare

Alternative zum Pflegeheim: Demenz-WG in Höchstadt

© Claudia Freiligner

Rosi Schmitt erinnert sich gerne an die Turteltäubchen auf dem grünen Sofa. Frieda und Paul (Namen geändert) haben sich vor zehn Jahren in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft am Schloßberg kennengelernt. Beide waren demenzkrank und hatten sich mit ihren Angehörigen dafür entschieden, Rosi Schmitt zu vertrauen.

Die gelernte Altenpflegerin und Geronto-Therapeutin wollte für Menschen mit Demenz eine Alternative zum Heim schaffen. Bundesweit lebten damals etwa 1,2 Millionen Menschen mit dieser Krankheit. Inzwischen sind es rund 1,7 Millionen. Frieda und Paul gehören nicht mehr dazu. "Sie haben oft da gesessen, Händchen gehalten und kommentiert, was sich im Haus so tut", erinnert sich Rosi Schmitt.

Begleitet von einem Palliativteam

Jetzt sind sie verstorben – zuhause am Schloßberg in ihren Zimmern, begleitet von einem Palliativteam. Eine ihrer Mitbewohnerinnen von früher lebt noch. Sie war auch mit dabei, als vor zehn Jahren, im Oktober 2010 die erste Demenz-WG im Landkreis ihre Türen öffnete.

"Damals war der ganze Garten noch eine große Baustelle", sagt Rosi Schmitt. "Außen standen die Bauzäune." Inzwischen wachsen im Garten Äpfel und Birnen an den Bäumen. Das denkmalgeschützte, ehemalige Verwaltungsgebäude mit weißen Wänden und dunkelrot abgesetzten Fenster-Umrandungen bietet auf einer Wohnfläche von 480 Quadratmetern Platz für elf Bewohnerinnen und Bewohner.

Zentraler Anlaufpunkt ist die Wohnküche mit rund 80 Quadratmetern Fläche und einem ockerwarm leuchtenden Fußboden. In dem Zimmer saßen früher Frieda und Paul.

Jetzt verbringt die Frau von Heribert Spitzhorn dort manche Stunde am Tag. "Ich bin mir sicher, im Heim würde sie nur im Bett liegen", meint der Angehörige. Er will die Einrichtungen nicht verteufeln, "aber für mich wäre es einfach nicht in Frage gekommen", sagt er.

Mit Anfang 50 kam "schreckliche Krankheit"

Seine Frau hat "diese schreckliche Krankheit" schon mit Anfang 50 bekommen. Solange es ging, hat Heribert Spitzhorn sie zuhause behalten – bald auch mit Unterstützung durch einen Pflegedienst, denn er musste weiterhin seinem Vollzeitjob nachgehen.

"Demenzkranke brauchen eine 24-Stunden-Versorgung", sagt Rosi Schmitt. Und die bekommen sie in der WG, sogar mit einem sehr guten Personalschlüssel. Deswegen arbeitet Krankenschwester Christine Eibert gerne hier. "Ich habe die Zeit, mich wirklich um die Menschen zu kümmern", sagt sie.

Seit dreieinhalb Jahren ist Heribert Spitzhorns Frau, die inzwischen im Rollstuhl sitzt, in der WG am Schlossberg. Die Kosten seien vergleichbar mit öffentlichen Senioreneinrichtungen und lägen bei Pflegegrad Grad 3 bei rund 2200 Euro.

Außerdem ist Engagement gefragt im "Gremium der Selbstbestimmung", das die Einrichtung verwaltet. Es besteht aus Mietern, Angehörigen und gesetzlichen Vertretern. Sie entscheiden selbst, welcher Pflegedienst beauftragt, welche Waschmaschine gekauft oder wer als Mitbewohner aufgenommen wird.

Nachfrage ist in geringer Zahl konstant

Die Nachfrage nach Plätzen "ist in geringer Zahl konstant", sagt Rosi Schmitt. "Es ist in den Köpfen der Menschen noch nicht angekommen, dass es eine dritte Alternative gibt zu Heim oder Pflege daheim."

Auch Heribert Spitzhorn hatte erst durch den Tipp einer Schwester im Krankenhaus davon erfahren, dass es Demenz-WGs gibt. Drei sind es inzwischen im Landkreis und zwei in der Stadt Erlangen. Weitere sind in Planung, unter anderem in Herzogenaurach und Buckenhof.

In der ambulant betreute Wohngemeinschaft "Haus Wilhelmine" in Erlangen sind derzeit noch Plätze frei. Interessierte können sich bei Rosi Schmitt melden unter der Telefonnummer 0151/15714244.

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