Baustellen-Besuch

Am Karpfenkreisel in Höchstadt: Baufirma lässt Wohnzimmer fliegen

23.6.2021, 05:41 Uhr
24 Tonnen hängen am Kran: Hier hebt das Wohnzimmer gerade ab.

© HBP Bau Erlangen, NN 24 Tonnen hängen am Kran: Hier hebt das Wohnzimmer gerade ab.

Das Wohnzimmer wartet schon auf der Ladefläche. 24 Tonnen wiegt das Baumodul, etwa so viel wie 16 Kleinwagen. Es ist fertig für den Flug. Der Betonkubus besteht aus einer Bodenplatte und drei Seitenwänden - eine davon ist schon mit einer großen Fensterfront versehen, Glasscheiben inklusive.

"Natürlich ist alles ganz genau austariert", sagt Projektleiter Ayko Knisch, als der 30 Meter hohe Raupenkrahn die Halterung in Richtung Wohnzimmer dreht, an der das Fertigteil befestig wird. "Da kann nichts kippen."

Wenn das Waschbecken schwerer wiegt

Alles ist genau berechnet, Gewichte bringen das jeweilige Baumodul in die Balance, denn die Gewichtsverteilung ist natürlich beim Wohnzimmer anders als beim Gäste-WC, Bade- oder Kinderzimmer. "Im fertig gefliesten Badezimmer wiegen zum Beispiel das Waschbecken und die Toilette auf der einen Seite schwerer als die Dusche auf der anderen", erklärt Dietrich Reiter, Geschäftsführer der Erlanger Firma HBP Wohnbau.

Ein anderer Kran liefert Material aufs Dach einer anderen Häuserzeile.

Ein anderer Kran liefert Material aufs Dach einer anderen Häuserzeile. © Claudia Freilinger, NN

Auf dem Areal am Greiendorfer Weg, das eine Fläche von rund 7500 Quadratmetern umfasst, entstehen 32 Reihen- und Doppelhäuser. Es gibt zwei verschiedene Haustypen: Sie verfügen über vier und fünf Zimmer und Wohnflächen von 136 und 146 Quadratmetern. Alle haben drei Geschosse, die aus insgesamt acht Modulen bestehen, drei im Erd- und Obergeschoss und zwei weitere im Dach.

Dietrich Reiter freut sich über das ausgeklügelte System, nach dem die Fertigmodul-Baustelle in Höchstadt funktioniert. Es ist das erste Mal, dass sich die HBP für diese Art zu bauen entschieden hat und Reiter sieht viele Vorteile. "Wir sind damit locker ein Vierteljahr schneller als sonst." Alles ist genau getaktet. Am 11. Dezember 2020 kamen die Abrissbagger und haben den alten Edeka-Markt platt gemacht, der hier lange als Brachimmobilie stand. Ende diesen Jahres soll die neue Reihenhaussiedlung fertig sein, die in Anlehnung an ein Baugebiet in Adelsdorf schon als "das Höchstadter Seeside" bezeichnet wurde.

Geschäftsführer Dietrich Reiter zeigt den Ausblick aus einem Kinderzimmer.

Geschäftsführer Dietrich Reiter zeigt den Ausblick aus einem Kinderzimmer. © Claudia Freilinger, NN

Um das Bauziel zu erreichen - schließlich sind alle Häuser schon verkauft - muss alles genau geplant sein. Alle 256 Module für die 32 Häuser sind schon fertig. Sechs Monate hat die Vorfertigung gedauert - die Module lagern jetzt in einer Halle bei Neumarkt und warten auf ihren Einsatz. Lkw holen am Tag bis zu acht Stück ab. Über die Autobahn dürfen sie ohne Begleitfahrzeug fahren - das wartet dann an der Ausfahrt und führt das geladene Wohnzimmer, Gäste-WC oder Treppenhaus über die Bundesstraße sicher zum Greiendorfer Weg.

Wie mit Lego-Steinen

Und dann beginnt das Legospiel. Der 400 Tonnen schwere Raupenkrahn hat die Befestigung zum Modul geschwenkt, das Wohnzimmer ist austariert. "Am Schluss halten wir wirklich nochmal eine kleine Wasserwage hin", verrät der Projektleiter. Schon fliegen 24 Tonnen durch die Luft und das Wohnzimmer wird ins vorgesehene Reihenhaus gesetzt. "Wieder ist Millimeterarbeit gefragt."

Die Noppen müssen sitzen

Jeder kennt es vom Legostein: Die Noppen müssen genau aufeinander sitzen, sonst geht's schief. Und tatsächlich stehen an den Ecken der Bodenplatten Stahlstutzen hervor, auf die das fertige Modul gesetzt wird. Sechs bis sieben Arbeiter sind im Einsatz, damit das alles gut klappt. Anschließend wird abgedichtet und nach maximal eineinhalb Tagen steht das Haus im Rohbau. Rohre und Stromleitungen sind teils vorher schon verlegt, Steckdosen, Wasserhähne und Lichtschalter schon montiert.

"Es hat sich für uns als großes Glück herausgestellt, dass unsere Teile schon fertig waren", berichtet Dietrich Reiter. "Denn so werden wir von dem Materialmangel, der auf anderen Baustellen derzeit herrscht, nicht betroffen." Wenn alles so weiterläuft, dann sind bis Ende des Jahres auch die Außenanlagen, die Gärten, Carports und der Spielplatz fertig, der zum Wohngebiet dazugehört. Da können die Kinder dann hingehen, wenn sie nicht gerade in ihren neuen Zimmern Lego spielen.

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