Ansturm aufs Wasserschloss

10.9.2019, 07:00 Uhr
Ansturm aufs Wasserschloss

© Foto: Karl-Heinz Panzer

Die Besucher nutzten die seltene Gelegenheit die inmitten von Weihern gelegene Anlage von Innen in Augenschein zu nehmen. Abgesehen von gelegentlichen Veranstaltungen und Konzerten ist das Schloss für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Und auch Guido Freiherr von Crailsheim bekommt man in Neuhaus eher selten zu Gesicht. Der Schlossherr verbringt die meiste Zeit in Oberbayern.

Zum Tag des offenen Denkmals aber nahm sich der Jurist die Zeit, den Familienbesitz höchstpersönlich der interessierten Öffentlichkeit vorzustellen. Drei Führungen standen auf dem Programm. Dem unerwartet großen Ansturm war es geschuldet, dass der Zeitplan ins Rutschen kam. Es dauert eben seine Zeit, bis Hunderte die enge Treppe im Westturm hinauf- und wieder heruntergehen und sich dann neu sammeln.

In diesem ältesten Teil der Anlage startete die Führung. Die Besucher standen Schlange. Anschließend ließ der Schlossherr vom Garten her einen Blick auf eben diesen Turm werfen. Der markante Zwiebelturm, auch "welsche Haube" genannt, hat erst 1995 seine heutige Gestalt angenommen, erzählt der Adelige. Als er neu gedeckt wurde, wurde die aufwendige Dachkonstruktion zusätzlich verbrettert und somit voluminöser. "Auf alten Bildern wirkt er zierlicher", erinnert sich von Crailsheim.

Ansturm aufs Wasserschloss

© Foto: Karl-Heinz Panzer

Keine der rautenförmigen Biberschwanzziegeln ist wie die andere. "Sie wurden konvektiv und konkav gebogen und zurechtgeschnitten", so der Hausherr. Damit nicht genug: Jedes einzelne Stück ist am Holz festgeschraubt. Im Saal im östlichen Gebäudeflügel wurde am Sonntag die Geschichte der Gebäude und des Adelsgeschlechtes illustriert. Eine Holztreppe führt hinauf ins zweite Stockwerk. Unter der Last der ungewohnt großen Menschenmenge knarzten die Bretter und Balken. Nicht nur die Texte und Bilder sowie der Saal mit seinem Inventar beeindruckten die Besucher. Viele zeigten sich auch angetan vom Blick in Richtung Norden, wo sich eine von üppigem Grün umgebene Weiherlandschaft offenbart. Auch die überdachte Galerie an der Nordseite gab der Schlossherr zur Besichtigung frei. Aus Sicherheitsgründen aber nur für Kleingruppen.

Mit "Umbrüche in Kunst und Architektur" war der Denkmalstag überschrieben. Umbrüche hat das als Burg konzipierte Architekturdenkmal so einige erlebt in seiner fast 1000-jährigen Geschichte. Ein Vorgängerbau, von dem noch Reste vorhanden sind, soll bis ins 11. Jahrhundert zurückgehen. Zu Beginn der Neuzeit wurde die Burg auf dessen Grundmauern aufgebaut. Seinerzeit war sie von Wassergräben umgeben, schreibt Kreisheimatpfleger Manfred Welker in dem Begleitheft zur Veranstaltung. Ab 1612 erfolgte demnach der Umbau zu einem Wasserschloss. Renaissancedekorationen wurden angebracht. Ab 1705 war das Anwesen laut Freiherr von Crailsheim 200 Jahre lang so gut wie unbewohnt und ungenutzt. Der Verfall setzte ein.

Dazu trug auch die Plünderung durch Napoleons Franzosen 1796 ihren Teil bei. Anfang des 19. Jahrhunderts stellte sich für Schloss Neuhaus die Existenzfrage. "Lohnt es sich überhaupt noch, in eine umfassende Renovierung zu investieren?", überlegten sich die Vorfahren der heutigen Eigentümer. Ja, fand Freiherr Sigmund von Crailsheim.

Von 1902 bis 1910 dauerten die Sanierungsarbeiten. Unmittelbar davor fielen die vor der einstigen Zugbrücke gelegenen Wirtschafts- und Unterkunftsgebäude den Flammen zum Opfer. Sie wurden nicht mehr aufgebaut. Es soll sich um eine Brandstiftung gehandelt haben. 1995 wurde das dreiflügelige Baudenkmal mit dem charakteristischen Zwiebelturm neu gedeckt. Die Besitzverhältnisse des in der Gemeinde Adelsdorf gelegenen Herrenhauses sind von Beständigkeit geprägt. Seit 1545 gehört es zu den Besitztümern der Familie Crailsheim. Guido Freiherr von Crailsheim ist gegenwärtig Administrator der Familienstiftung.

Keine Kommentare