Ausstellung wider das Vergessen

2.7.2019, 14:00 Uhr
Ausstellung wider das Vergessen

© Foto: Christian Enz

Geboren ist Roland Lindenmann am 9. Dezember 1935 in der Nähe von Pforzheim. Seit den frühen 1960er Jahren lebte und wirkte er in Höchstadt – bis eine Herzattacke am 29. Januar 2011, auf dem Weg zum Einkaufen, seinem Leben ein Ende setzte. Hinterlassen hat er ein facettenreiches Portfolio, das sich von Glaskunst über Metall- und Holzplastiken bis zur Malerei erstreckt.

Viel Kunst am Bau

Ein Schwerpunkt seines Wirkens war allerdings Kunst am Bau. "Die geriet Anfang der 2000er Jahre aus der Mode", so Ranger. Damit blieben Aufträge aus und Lindenmann geriet in finanzielle Nöte. Sogar seine Heimatstadt entzog ihm den bereits erteilten Auftrag, eine Karpfenskulptur zu erstellen. Lediglich ein Brunnenbecken durfte er noch graben.

"Die letzte Phase seines Lebens wohnte er nur wenige Meter von hier, in einer Sozialwohnung der Stadt", beklagt Ranger das Schicksal des Genius. Obwohl sich ein Unterstützerkreis bildete, auf die Füße kam Lindenmann nicht mehr. Hoffnungen, etwa auf den Auftrag für das Holocaust-Denkmal in Berlin, zerschlugen sich. Trotzdem blieb der Name Lindenmann untrennbar verbunden mit der Region. Dafür sorgten verschiedene Installationen – das Kreuz am Höchstadter Friedhof etwa oder das Mahnmal an der Gremsdorfer Kirche. Doch auch diese Spuren werden zunehmend getilgt.

"Bei der Renovierung der Sparkasse wurde ein Kunstwerk einfach auf den Schutt geworfen", beklagt Nelly Schmidt. "Ich sehe noch vor mir, wie Roland im Container wühlt, um Teile seines Werkes zu retten." Ein ähnliches Schicksal hat nun auch die Herzogenauracher Skyline ereilt. "Bürgermeister Hacker habe ich einen zweiseitigen Brief auf Büttenpapier geschickt", erläutert Ranger. "Daraufhin hat er mir über eine Vertretung ausrichten lassen, das Wandbild sei fotografiert. Mehr sei nicht machbar, um den Neubau des Rathauses nicht aufzuhalten."

Auch wenn die Stadtansicht zwischenzeitlich der Abrissbirne zum Opfer fiel – Platz in der Ausstellung hat sie gefunden. NN-Fotograf Roland Huber hat diese 1966 auf die östliche Wand des Rathausfoyers gezeichnete Skizze eingefangen. Das Foto findet sich nun in einer Reihe mit dem "Triptychon". Einer Studie in Schwarz-Weiß, die 2005 für internationales Aufsehen sorgte. Ranger freut sich, das Werk zeigen zu können – denn jedes der drei quadratischen Zeichnungen hat einen anderen Besitzer.

Sabine Haupt, Petra Schuster und Kathrin Nießlein waren von der Idee einer Lindenmann-Ausstellung sofort begeistert – und stellten ihre Rarität mit Freude gemeinsam zur Verfügung. Auch andere Freunde Lindenmanns räumten für die Präsentation Wohnzimmer- und Büroräume leer. So können Besucher bis Ende des Monats auch die von Irina Gerschmann beigesteuerte, abstrakte Sicht auf Gottesgab genießen. Staunen ruft ebenso ein Werk hervor, das sich schlicht "Acryl auf Kunststoffplatte" nennt. Dahinter verbirgt sich in grellen Orange-Tönen gehaltene Ornamentik im überdimensionalen Format. Eine Leihgabe von Tierarzt Edmund Hauck – der das Bild als Lohn für eine Operation des Lindenmannschen Hundes erhalten hatte.

Dass es, wie 15 weitere Darstellungen, den Weg in das neu gestaltete Kellerhaus gefunden hat, ist kein Zufall. Ebenso wenig, wie bei Toscana-Studien oder abstrakten Aquarellen. "Bewusst habe ich großformatige Darstellungen ausgewählt", erläutert Ranger. "Weil diese hier, im lichtdurchfluteten Raum, besonders wirken." Ein Konzept, das Beifall findet – und hoffentlich auch Nachahmer. "Denn wir wollen mit dieser Ausstellung anderen Mut machen, ebenfalls solche Angebote zu schaffen."

Keine Kommentare