Gericht

Bauherren aus Röttenbach über den Tisch gezogen

25.8.2021, 14:25 Uhr
Justiz (Symbolbild).   

© Peter Steffen, dpa Justiz (Symbolbild).  

Der Traum von den eigenen vier Wänden: Für die junge Familie ist er in Röttenbach zum Greifen nah. Das Fertighaus steht bereits. Nun geht es um die Außenanlagen wie Carport, Terrasse und Brunnenschacht. Aber auch um die Hausanschlüsse für Wasser und Abwasser. Damit man auch einziehen kann.

Dem Bauherrn, den wir Holger nennen wollen, hat man eine kleine Firma aus dem Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim empfohlen, „Es war ein sehr angenehmes Kennenlernen.“ Der Haken ist nur: Der „Chef“, der bei uns Philipp heißen soll, will 75 Prozent der Summe im Voraus. Angeblich um damit das notwendige Material einzukaufen. Über vier Monate hinweg zahlt Holger so rund 48 500 Euro. Das meiste davon in bar.

Anfangs scheint es eine seriöse Geschichte zu sein. Doch dann stockt das Ganze. „Er hat keine Fristen mehr eingehalten. Die Ausreden wurden immer fadenscheiniger.“ Als Holger beim Statiker nachfragt, der das Carport berechnet haben soll, erfährt er, dass der gar nichts von seinem Gutachten weiß. Offenbar hat Philipp sich selbst darum gekümmert und die 2300 Euro dafür in die eigene Tasche gesteckt. „Wir wurden von vorne bis hinten belogen und betrogen“.

Pfusch am Bau und noch eine Hiobsbotschaft

Zwischendurch kommt Philipps Vater vorbei und liefert den Schotter an. Dabei erfährt der Bauherr, dass sein Auftragnehmer inzwischen pleite und nichts mehr von ihm zu erwarten sei. Zu allem Ärger muss Holger die bereits erledigten Arbeiten am Brunnenschacht und der Zisterne wegen Pfusch am Bau noch einmal machen lassen. Das kostet Holger fast 14 000 Euro zusätzlich.

Es gibt immer wieder Anzeichen mangelnder Professionalität: Eine nicht abgesicherte Baustelle, ein Bagger, der sich festfährt und geborgen werden muss und ein Baggerführer, der das Telefonkabel durchtrennt.

Ein anderer Bauherr aus Röttenbach wird auf die Baustelle in seiner Nachbarschaft aufmerksam. Auch er kommt mit Philipp ins Geschäft. „Ich wollte meiner kranken Frau eine Freude bereiten und den Garten machen lassen.“ Bei ihm sind es fast 5000 Euro, die im Boden versickern. „Er sagte, er schickt zwei Leute.“ Gekommen ist nie jemand.

Als der Bauherr misstrauisch wird und nachforscht, stößt er auf eine Briefkastenfirma im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim und durch Zufall im Nachbarort auch auf Philipp. „Als ich ihm sagte, ich zeige ihn an, da antwortete er nur: Machen Sie das.“ Über Monate hinweg legt der Bauherr mit einem Bekannten selbst Hand an, bringt den Garten in Ordnung.

Mit den Vorschüssen Finanzlöcher gestopft

Was Holger und sein Leidensgenosse nicht wissen: Philipp macht solche Betrügereien ständig - und seit Jahren. Es gibt Urteile aus Schweinfurt, Neustadt/Aisch und Bamberg. Überall hat er verzweifelte Bauherren hinterlassen, die sich auf ihn verlassen haben, und verlassen waren. Sein eigener Vater hat Philipp gewarnt, dass es nicht gutgehen könne. Er kalkuliere nicht richtig, erwirtschafte so keinen Gewinn. Mit den Vorschüssen der einen stopft Philipp die Finanzlöcher der anderen, die sich immer wieder auftun. Oder er verliert tausende Euro an den Automaten der Spielbank in Bad Windsheim. Zeitweise muss er sich bei seiner Freundin sogar 20 Euro borgen, um tanken zu können.

Das für ihn zuständige Landratsamt hat ihm schon 2019 verboten, eine Firma zu führen. Philipp hat einfach keine Rechnungen und schon gar keine Steuern bezahlt und so 40 000 Euro Schulden aufgetürmt. Woraufhin er seine unbedarfte Lebensgefährtin überredet, das Gewerbe auf ihren Namen anzumelden. „Er sagte, ich bräuchte mir keine Sorgen machen. Ich habe ihm vertraut.“

Ein Meister der Ausreden

Philipp selbst ist ein Meister der Ausreden und Ausflüchte. Mal kündigt er an, sein Vater werde die Baustelle in Ordnung bringen. Mal sind es Materialengpässe, die ihn angeblich aufhalten. Dann fehle ihm Personal. Noch als Angeklagter behauptete er, die Baustellen zu Ende gebracht zu haben, wenn man ihn nicht in Untersuchungshaft gesteckt hätte.

Für solche Aussagen hatte Staatsanwältin Carina Distler keinerlei Verständnis. „Es geht hier nicht um Pimperles-Beträge. Manchen Leuten geht es an die Existenz“. Sie forderte drei Jahre und vier Monate Freiheitsstrafe.

Am Ende verhängte das Schöffengericht für fünf Fälle des Betruges eine dreijährige Gefängnisstrafe. „Es ist ein sehr hoher Schaden entstanden“, so der Vorsitzende Richter Matthias Bachmann. Ob Philipp den jemals wieder gutmachen wird können, ist angesichts der inzwischen zweiten Firmenpleite, eines Offenbarungseides, keinerlei Vermögenswerten und enormer Zahlungsverpflichtungen bei Lieferanten, Kunden und dem Finanzamt allerdings mehr als fraglich.

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