Bilanz mit Hintersinn auf Schloss Weißenstein

4.6.2019, 06:57 Uhr
Bilanz mit Hintersinn auf Schloss Weißenstein

© Foto: Christian Enz

Seit über 40 Jahren steht Klaus Karl-Kraus (KKK) auf der Bühne. Doch vor einiger Zeit sorgten sich die Feuilleton-Spalten um die künstlerische Zukunft des Tausendsassas. Künstler, Coach, Dozent und Sparkassenangestellter – das sind die Facetten, die Karl-Kraus in sich vereint. Alles zusammen ein perfekter Nährboden für bissiges Kabarett mit hintergründiger Wortakrobatik. Aber ist das in einer Zeit noch gefragt, in der weichgespülte Comedians mit zotigen Witzen über fiktive Lebensgefährtinnen ganze Stadien füllen? Mit "Klaus Karl-Kraus fasst zam" gibt der Routinier eine unmissverständliche, positive Antwort.

Live-Band, Feuerwerk und Stargäste – auf all das verzichtet Karl-Kraus. Ihm genügen eine Flasche Wein, eine Franken-Flagge und seine Gitarre, um bis in die letzte Reihe der Orangerie präsent zu sein. Wohltuend, endlich einmal wieder einen Spaßmacher zu erleben, der nicht mit jedem Satz nach Gelächter hechelt. Überhaupt ist die Darbietung eigentlich keine Show. Vielmehr fühlt es sich an, als hätte KKK seine Fans nach Hause eingeladen – um über sich, sein Leben und die Gesellschaft zu philosophieren.

Dabei arbeitet er mit Bildern, welche das Publikum letztlich mit sich selbst konfrontieren. "Früher gab es kein Public Viewing", erinnert Karl-Kraus. "Da hat man sich noch zum Nachbarschafts-Glotzing zusammengesetzt." Einmal habe, so der Entertainer, die Nachbarin seinem Vater dabei Toast Hawaii gereicht. Dieser wusste nicht um die unter Käse verborgene, glühend heiße Ananas und biss herzhaft hinein. "Und was ein Franke im Mund hat, gibt er nicht wieder her", sagt Karl-Kraus. So verbrannte sich sein Vater schmerzverzerrt lieber den Mund, als den Happen wieder auszuspucken. Was die Mutter trocken kommentierte: "Is wohl recht haas, Alter?"

Auch die Karl-Kraus’sche Pubertät bietet Bühnenstoff. "Ich war total verliebt in Roswitha", bekennt der Kabarettist. Heute um keinen Kommentar verlegen, wusste er als Willersdorfer Grundschüler noch nicht, wie er seine Gefühle in Worte fassen sollte. Also schoss er aus 30 Metern Entfernung seinen teuren Lederfußball auf das Mädchen. "Das war damals so eine Art SMS", erklärt KKK unter Gelächter des Publikums. "Doch sie hat die Botschaft nicht verstanden. Obwohl ich sie mitten ins Gesicht getroffen habe." Dann besingt er das weitere Auf und Ab seines Liebeslebens. Eingängig fränkisch getextet, auf die Melodie von "Yesterday" der unvergessenen Beatles.

Das erste Mal verliebt war Klaus Karl-Kraus übrigens lange nach seinem 15. Geburtstag. "Heute reifen Kinder viel, viel schneller heran", bemerkt Karl-Kraus. "Kein Wunder, wenn in der Vorschule schon Kanton-Chinesisch unterrichtet wird". Seine Generation, so KKK, habe erst in der dritten Klasse richtig lesen können – und habe es im Leben auch zu etwas gebracht. "Im Gegenteil, das war gut. Wir konnten länger Kind sein", unterstreicht er. "Aus meinen Seminaren weiß ich, dass heute immer mehr Studenten regelmäßig Tabletten nehmen. Jugendliche leiden unter Migräne. Das kann es doch nicht sein."

Klaus Karl-Kraus hingegen hat Freude am Leben – und an seinen Auftritten. "Auch mit 80 will ich noch auf der Bühne stehen", bekennt er. "Und dann während eines Auftritts tot umfallen." Danach, so bemerkt Karl-Kraus melancholisch, hoffe er auf ein schönes Leben in der Ewigkeit. Die sei für Lebende freilich schwer zu begreifen. "Ewig weit weg, das ist noch hinter Bamberg", erklärt der bekennende Mittelfranke. "Wahrscheinlich da bei Strullendorf".

Mit diesen Gedanken entlässt er sein Publikum nachdenklich in einen warmen Sommerabend. Allerdings nicht ohne die Frauen im Publikum aufzufordern, ihre Männer mit nach Hause zu nehmen. Und noch einen Rat gibt er mit auf den Weg. "Machen Sie öfter einmal zusammen nichts. Genießen Sie Zeit zusammen."

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