"Das geht einfach nicht per Video"

4.5.2020, 17:00 Uhr

"Nicht Angst, selbst an Covid-19 zu erkranken, sondern Furcht vor dem Alleinsein." Dem Alleinsein im Kreißsaal, dem Alleinsein auf der Wöchnerinnen-Station, weil dort zurzeit kein Besuch erlaubt ist.

Denn die Kliniken handhaben es unterschiedlich, in welchem Stadium der Geburt die Väter in den Kreißsaal kommen dürfen. "Teilweise ist das so spät, dass viel von der Zeit, in der die Frauen eigentlich Unterstützung bräuchten, schon vorbei ist", berichtet Franke.

Die Schwangeren hätten gerade viele Fragen – auch, ob sie eine Geburt bewältigen können, wenn sie vorher keinen Vorbereitungskurs besuchen konnten oder dieser "nur" online stattfand. "Ja, sie können die Geburt bewältigen", beruhigt Frank, die statt ihrer Kurse im Zwergenland in Höchstadt nun Online-Angebote macht.

Dass die Arbeit der Hebammen derzeit deutlich komplizierter ist als sonst, sagt sie aber schon. Schließlich betreuen diese Frauen in einer sensiblen Phase ihres Lebens, "da kommt es viel darauf an, dass man die Stimmungen im Raum spürt". Das sei bei einem Geburtsvorbereitungskurs via Internet, bei der man die Teilnehmerinnen nur als kleines Bildchen sieht, schwierig.

Und auch die Betreuung der Wöchnerinnen und Neugeborenen laufe anders ab als gewöhnlich. "Die Väter dürfen derzeit nicht dabei sein, wenn ich zu Besuch komme", sagt Franke. Die Zahl der Kontaktpersonen solle schließlich so gering wie möglich gehalten werden.

Andere Empfehlungen an die Hebammen, so Franke, seien schlicht nicht umsetzbar: Beispielsweise der Rat, nach jedem Hausbesuch die Kleidung zu wechseln. "Es ist doch nicht praktikabel, dass wir uns immer im Auto umziehen", sagt die Höchstadterin. Schutzkleidung wurde den Hebammen bislang nicht gestellt, mittlerweile können sie ihren Ausrüstungsbedarf aber anmelden.

Die zwei Meter Sicherheitsabstand, die bei Hausbesuchen eigentlich einzuhalten sind, seien ebenfalls problematisch. "Manche Familien haben zuhause gar nicht so viel Platz, dass das gehen würde", weiß die Hebamme.

 

Mit Mundschutz und Handschuhe

 

Bei Untersuchungen wie der Kontrolle der Nähte, beispielsweise nach einem Kaiserschnitt, oder dem Abtasten der Brust tragen Hebamme und Mutter jetzt jeweils Mundschutz, Franke zusätzlich Handschuhe.

Eine Alternative zu den Hausbesuchen gibt es trotzdem nicht: "So etwas geht einfach nicht per Video, wir haben einen Handwerksberuf." Auch Rückbildungskurse wolle sie nicht online anbieten: "Da kann ich die Haltung der Frauen nicht korrigieren und so kann man mehr kaputt machen als dass es nutzt."

Der Anteil der Frauen, die wegen der Besuchsbeschränkungen in den Krankenhäusern ambulant entbinden oder schon nach einem Tag nach Hause gehen, sei übrigens höher als zu "normalen" Zeiten – was wiederum einen Mehraufwand für die niedergelassenen Hebammen bedeutet. Bei diesen Familien müssen sie nämlich zwei Mal pro Tag vorbeischauen.

Das einzig Positive an der Coronakrise sei, so Franke, dass die Familien nun Gelegenheit haben, sich in Ruhe zu finden. "Ich rate immer allen, sich in den ersten zehn Tagen einzuigeln, doch normalerweise ist das schwierig, weil immer wieder Besucher vorbeikommen wollen", sagt Franke, selbst dreifache Mutter. Zumindest das falle nun weg. Das Persönliche jedoch, das in der Schwangeren- und Wöchnerinnenbetreuung so wichtig sei, das leide derzeit.

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