Die Ernte der scharfen Wurzel ist reine Handarbeit

9.11.2016, 14:00 Uhr
Die Ernte der scharfen Wurzel ist reine Handarbeit

© Berny Meyer

In der Scheune steht ein Wagen mit einem riesigen Berg von Meerrettichwurzeln. Renate Haberkamm (63) putzt jede einzelne Wurzel und schneidet sorgsam die kleinen, seitlichen Ausleger ab. Die schönsten Wurzelteile werden gesammelt und im nächsten Frühjahr als Stecklinge wieder ins Beet gelegt, damit bis zur Ernte im Herbst wieder neue dicke Wurzeln sprießen.

Meerrettichanbau ist sehr arbeitsintensiv. Weil es nur wenige Landwirte gibt, die das Gemüse anbauen, gebe es keine Maschinen dafür, erläutert Werner Haberkamm. „Daher hat so jeder Bauer seine eigenen Geräte gebastelt.“ Das meiste wird in reiner Handarbeit erledigt.

Die Ernte der scharfen Wurzel ist reine Handarbeit

© Berny Meyer

Der 43-Jährige ist eigentlich gelernter Schreiner. Er hat aber vor acht Jahren den elterlichen Hof übernommen und baut seither im Vollerwerb Meerrettich, auch Kren genannt, an. „Ich habe den Schritt noch nie bereut“, sagt er. Ihm und seinen Eltern Helmut und Renate Haberkamm macht die Arbeit auf Feld und Hof viel Freude. Gemeinsam wird jetzt auch geerntet und die Mutter verarbeitet die vitaminreiche Wurzel zu verschiedensten Kreationen: Zum einen natürlich zu der bekannten Gemüse- und Soßengrundlage und als scharfes Gewürz, zum anderen aber auch als Zugabe zu Quitten- oder Johannisbeermarmelade. Ihre Kren-Produkte verkaufen die Haberkamms direkt ab Hof und gerne auch auf Märkten.

Ein Hektar Meerrettich erfordert rund 1000 Stunden Arbeit — gemäß dem Sprichwort „Ein Acker mit Kren will seinen Herrn jeden Tag seh‘n“, erklärt Horst Krehn. „Den Leuten ist nicht bewusst, wie anstrengend diese Arbeit ist.“ Wohl auch um dies einmal bewusst zu machen, hat der Bayerische Bauernverband auf den Bauernhof in Fetzelhofen eingeladen.

Horst Krehn hat noch ein paar weitere Daten parat: Zwischen Baiersdorf, Adelsdorf und Uehlfeld liegt Deutschlands größtes Krenanbaugebiet — auf rund 100 Hektar Fläche (80 Hektar im Landkreis, 20 Hektar in angrenzenden Gebieten) werde zwei Drittel der deutschen Erzeugung produziert. Der Ertrag liege bei zehn Tonnen Kren pro Hektar pro Jahr.

Krehn verweist noch auf eine weitere Besonderheit: „Der Landkreis Erlangen-Höchstadt hat die größte Anbau-Vielfalt in Bayern, hier werden sehr viel verschiedene Kulturen angebaut.“ Und auch Landrat Alexander Tritthart betont: „Da sind wir sehr stolz darauf.“

Meerrettich ist äußerst gesund: Das Vitamin C-haltige Gemüse wirkt Kreislauf anregend, verdauungsfördernd, Blutdruck senkend und enthält antibiotische Substanzen. „Deswegen wird es auch das Penicillin aus dem Garten genannt“, weiß Renate Haberkamm. Sie nutzt auch die heilende Wirkung der Wurzel: „Ich mache mir sogar Tee mit Meerrettich, das wärmt wunderbar von innen.“

Die Krenbäuerin hat noch ein paar Tipps, wie sich der scharfe Meerrettich gut verarbeiten lässt: „Klassisch mit der Kartoffelreibe oder mit der Saftzentrifuge oder mit dem Mixer, da muss man dann die Wurzel aber klein schneiden und Flüssigkeit dazugeben, sonst geht das Gerät kaputt.“ Außerdem rät Renate Haberkamm, beim Verarbeiten der frischen Wurzel immer etwas Abstand zu halten oder, wenn möglich, im Freien zu reiben, damit man nicht so viel von den freiwerdenden Ölen einatmet. Und weil das Gemüse schnell oxidiert, sollte man immer etwas Essig oder Zitronensaft oder -säure dazugeben.

Der Meerrettich hat in der Region eine so große Bedeutung, dass am AELF in Fürth sogar eine extra Beraterin beschäftigt ist, die die Krenbauern berät. Außerdem gibt es an der Behörde eine bayerische Projektgruppe Meerrettich, die in Zusammenarbeit mit der Universität Erlangen neue Krensorten und die Bestandsgesundheit erforscht. Dass der Behördenleiter Horst Krehn heißt, ist allerdings Zufall, sagt er schmunzelnd.

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