Draufgänger mit Verletzungspech

9.1.2010, 00:00 Uhr
Draufgänger mit Verletzungspech

© Lindemann

HERZOGENAURACH (gä) -Einer, der sich im Profifußball im wahrsten Sinn des Wortes durchgebissen hat, ist Michael Kroninger. Vom Nürnberger Club aus, bei dem er seine ersten Gehversuche im bezahlten Fußball unternommen hat, zog der Herzogenauracher Jungstar zunächst an den Main, verhalf den Kickers vom Offenbacher FC zu Ruhm und Anerkennung im DFB-Pokal, schaffte mit den «Knappen» aus Gelsenkirchen, dem FC Schalke 04, den Aufstieg in die 1. Bundesliga, rackerte für die Münchner Löwen vom TSV 1860 und ließ seine Fußballkarriere im Frankenland ausklingen.

Wer weiß, wie weit es der wieselflinke, nur 172 Zentimeter große Stürmer gebracht hätte, wären da nicht zahlreiche schwere Verletzungen gewesen, die den dynamischen Stürmer und Mittelfeldspieler in seiner Laufbahn immer wieder zurückgeworfen haben: Kniescheibenabsplitterung, kaputter Meniskus, Schien- und Wadenbeinbruch, Knieoperationen mehrere Bänderrisse an beiden Knöcheln, zuletzt noch eine Schulteroperation - so liest sich die Leidensgeschichte eines Kickers, der nie verzagte, die Zähne zusammenbiss und den Weg in das harte Profigeschäft immer wieder gefunden hat.

Doch zurück zur Chronologie: Michael Kroninger erzielt seine ersten Tore in der E-Jugend des ASV Herzogenaurach. Schon als A-Jugendlicher schnürt er für seinen Verein die Schuhe mit den drei Streifen, soweit es der Terminplan zulässt läuft er samstags in der Landesliga-Elf und am Sonntag in der Bayernliga-Jugend auf. Und das alles unter den strengen Blicken seines Vaters, seinem fußballbesessenen Trainer und gleichzeitig Chef des Malergesellen bei «adidas».

Nach einem kurzen Abstecher nach Schlüsselfeld, wo sein Vater als Trainer fungierte, sichert sich der Nürnberger Club die Dienste des Youngsters. Eine  Operation warf ihn zunächst zurück, doch dann erzielte der Herzogenauracher Vertragsamateur in der Landesligamannschaft in der Rückrundensaison immerhin 18 Treffer, ohne bei Trainer Höher für den Profikader berücksichtigt zu werden wie sein Herzogenauracher Fußballkollege Günter Güttler. Wieder einmal ließ der Club ein fränkisches Talent ziehen, und so sicherten sich die Offenbacher die Dienste des wieselflinken Stürmers.

Dem liegt bald das Publikum am Bieberer Berg, dem altehrwürdigen Stadion in Offenbach, zu Füßen, fordert nach einem überzeugenden Debüt gegen Hertha BSC Berlin immer wieder lautstark den Einsatz des langmähnigen Wirbelwinds. Der Publikumsliebling wird Spielführer, beißt sich mit dem OFC  im DFB-Pokal gegen höherklassige Gegner durch, wirft dank spektakulärer Tore Uerdingen, Gladbach und Duisburg aus dem Pokal und scheidet erst gegen den späteren Pokalsieger Kaiserslautern aus. «Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter, wenn 10 000 Kehlen auf der größten Stehtribüne der Liga meinen Namen riefen», so Kroninger über seine Zeit in Offenbach.

Herber Rückschlag

Doch dann kam der Rückschlag. Den Offenbachern wurde die Profilizenz versagt, Kroninger kickte ein Jahr in der Hessenliga, bis ihn der Verein aus finanziellen Gründen an den damaligen Zweitligisten Schalke 04 abgeben musste. «Auf Schalke» kickt er zusammen mit Jens Lehmann, Yves Eigenrauch, mit Ingo Anderbrügge und Andreas Müller gegen den VfB aus Stuttgart und gegen die «Roten Teufel» aus der Pfalz. Trainer Ristic polt ihn zum Mittelfeldspieler um.

Der Erfolg gibt ihm recht. Vier Tage vor Beendigung der Rückrunde steht S04 als Aufsteiger fest. 60 000 feiern im Parkstadion den Aufstieg, und die Mannschaft «lässt es nach über drei Jahren Bundesliga-Abstinenz so richtig krachen», sagt Kroninger.

Nach 27 Einsätzen in der 2. Liga wirft ihn eine Knieoperation im zweiten Jahr auf Schalke zurück. Nur fünf Mal kommt er zum Einsatz. Obwohl ihn Trainer Ristic halten wollte, wurde sein Vertrag nicht verlängert. Da kam überraschend der Ruf des TSV München von 1860 und der Herzogenauracher wechselt zu den «Blauen» nach München. Trotz zweier Leistenoperationen lief es gut für ihn an der Isar. Bei 20 Einsätzen erzielte er neun Treffer und verhalf den «Löwen» somit zum Aufstieg.

Dann waren erneut die Bänder im Knöchel gerissen, beide Knie mussten operiert werden und ein Nasenbeinbruch setzten Michael Kroninger wieder einmal außer Gefecht. Das harte Training unter den «Schleifern» Neururer, Ristic und Werner «Beinhart» Lorant sowie die Einsätze im Profibereich forderten ihren Tribut.

Der Jungstar ging mit 29 Jahren zurück ins Frankenland. Er kickte unter Trainer Paul Hesselbach in der Bayernliga und der Regionalliga in Vestenbergsgreuth, zog dann ins nahe Neustadt/Aisch, stieg von der Bezirksliga auf in die Landesliga und wechselte nach Gutenstetten, wo er zunächst als Libero, dann im Sturm noch einmal 26 Treffer erzielte.

Mit 40 Jahren versuchte er ein letztes Comeback beim ASV Herzogenaurach. Doch er musste erkennen, dass sein Körper den Belastungen nicht mehr gewachsen war. Heute kickt er in seiner Stammtischmannschaft «Torpedo Aurach», arbeitet als selbstständiger Maler und freut sich, dass er noch immer viele echte Freunde aus Offenbach und Schalke hier begrüßen kann, denn die «Schickimicki-Gesellschaft» war nie seine Welt. «Wenn du wie unter Lorant drei Mal neun Kilometer laufen oder unter Ristic bis in die Dunkelheit trainieren musst, dann hast du keine Lust mehr, in eine Discothek zu gehen», so Kroninger.