HEC-Kapitän: "So etwas will ich nicht noch einmal erleben"

20.3.2019, 17:28 Uhr
HEC-Kapitän:

© Foto: Thomas Hahn

Der Sportchef

Ende November wurde Cheftrainer Martin Ekrt entlassen. "Ob sich das lohnt, wird man erst hinterher wissen", antworteten Sie damals im Interview. Hat es sich gelohnt, haben Sie zumindest Erkenntnisse gewonnen?

Jörg Schobert: Wir haben den Trainerwechsel ja gemacht, um neue Impulse zu setzen, um aus dem Negativstrudel herauszukommen. Aber vielleicht waren wir zu diesem Zeitpunkt schon zu tief drin. Am ersten Wochenende hatten wir die Chance, aber unter dem neuen Trainerduo Sikorski/Kasik haben wir trotz guter Leistungen wieder zwei Mal verloren. Mit einem Quäntchen Glück wären die Köpfe wieder frei und die Beine wieder leichter geworden. Irgendwie ist der Knoten dann nicht mehr geplatzt. Dem Interimsduo kann ich keinen Vorwurf machen, es kam in eine ganz schwierige Situation und hat versucht, an einigen Schrauben zu drehen.

 

War Martin Ekrt die falsche Wahl?

Schobert: Im Sport gibt es nicht nur schwarz oder weiß. Anders als bei einer Rechenaufgabe gibt es nicht nur eine richtige Lösung. Es kommen so viele Faktoren zusammen: Trainer, Spieler, Krankheiten, Verletzungen und manchmal auch die Gegner (grinst). Man hat keine Garantie, dass Trainer und Spieler zusammenpassen und jeder zu 110 Prozent das Konzept des Trainers umsetzt.

Was waren die Gründe für diesen eklatanten Leistungsabfall nach der glänzenden ersten Saisonhälfte?

Schobert: Die Mannschaft hat anfangs gut gespielt, vielleicht zu gut. Es war eine neue Saison in einer neuen Liga, wo sich alle beweisen wollten. Dann folgte eine Phase mit einigen verletzten und kranken Spielern, in denen die anderen die Ausfälle kompensieren mussten. Das führte zu körperlichen Durchhängern, dazu kam nach einigen unglücklichen Niederlagen der Faktor "Psyche". Dann wollten es manche, die sich noch gut fühlten, mit der Brechstange erzwingen, sind gescheitert, haben das Grübeln angefangen und sind auch in ein Formtief geraten.

 

Wie geht es jetzt auf dem Transfermarkt weiter?

Schobert: Wir werden jetzt genau analysieren, welcher Spieler sich wie der Situation gestellt hat. Und natürlich hat der neue Trainer – da gibt es schon einige Kandidaten — ein wichtiges Mitspracherecht. Wir sehen ja unsere Zukunft in der Oberliga – und danach wollen wir den Kader ausrichten.

 

Wie fallen die personellen Entscheidungen?

Schobert: Wie immer im Team, in enger Abstimmung mit dem Trainer. Jeder hat natürlich seine Wünsche – diese müssen aber zum einen bezahlbar sein und zum anderen zur Vereinsphilosophie passen. Und das Leben ist bekanntlich kein Wunschkonzert.

 

Was wäre denn Ihr aktueller Wunsch?

Schobert: Ich hätte gerne Pause – aber das kann ich vergessen. Meine Frau kam nach dem letzten Spiel zu mir und sagte erst: "Jetzt hast du ja wieder mehr Zeit." Und korrigierte sich dann selbst: "Halt! Stopp! Nach der Saison ist ja vor der Saison." Und in der Tat kommt jetzt die stressigste Phase des Jahres.

Der Kapitän

Warum war die Mannschaft ab Mitte Dezember mit ihrem Latein am Ende? War sie auch körperlich erschöpft?

Martin Vojcak: Es war ein langsamer Prozess. Nach den vielen Ausfällen im November hat man schon gemerkt, dass wir nicht ganz so fit waren. Da mussten einige viel länger auf dem Eis bleiben als sonst. Und als die Verletzten wieder halbwegs fit waren, mussten sie sofort wieder spielen, hatten aber noch nicht die beste Form. Und ihnen fehlte natürlich auch die Kraft.

 

Was macht man als Kapitän in einer solchen Phase, um sein Team wieder aufzurichten?

Vojcak: Eigentlich weiß ich, wie ich mit den Spielern umgehen muss, die ich ja zum Großteil schon lange kenne. Der eine braucht Ruhe, der andere eine weiche Hand, der nächste eine harte. Aber so etwas wie in dieser Saison habe ich noch nie erlebt. Das Ziel und der Traum von uns Spielern nach dem früh feststehenden Klassenverbleib waren die Play-offs, dass wir sie dann auf diese Weise verfehlt haben, war unglaublich. Wir haben intern viele Gespräche geführt. Ich habe viele Freunde angerufen, die ich aus meiner gesamten Eishockeyzeit kenne, manche spielen auch in der DEL. Aber keiner hatte einen Rat, weil sie so eine Talfahrt auch noch nie mitgemacht hatten.

 

Wie war denn die Stimmung in der Kabine der Alligators, gab es faule Äpfel im Korb?

Vojcak: Ich hatte nie das Gefühl, dass der Wille bei den Spielern nicht da war. Alle wollten, konnten aber nicht mehr.

 

Welche Rolle spielte der Trainer, was waren die Unterschiede zwischen Martin Ekrt und seinem Vorgänger Daniel Jun, der ja immerhin sieben Jahre lang den HEC geprägt hat?

Vojcak: Es war natürlich schon einiges anders als bisher. Aber ohne diese Krise wäre der Trainer wahrscheinlich nie ein Thema gewesen. Und ich will den Trainer auch nicht als Ausrede hernehmen. Sicherlich war es schon ein Unterschied, dass Jun meist mit deutlich weniger Spielern auskommen musste als Ekrt, der mit 25 Mann natürlich viel größeren Druck auf die Gegner ausüben konnte. Einziger Kritikpunkt: Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er Ansprüche an Spieler hatte, die diese nicht erfüllen konnten.

 

Sind Sie jetzt deprimiert oder haben Sie die Jetzt-erst-recht-Mentalität?

Vojcak: Auf jeden Fall will ich eine solche Saison nie wieder erleben! Wir Spieler müssen uns jetzt alle an die eigene Nase fassen und uns fragen: Haben wir alles für den Erfolg getan? Wir müssen aus diesen Fehlern lernen und uns weiterentwickeln. Die zweite Saisonhälfte werde ich nicht allzu lange im Kopf behalten. Das ist vorbei, und das können wir nicht mehr ändern.

Das Präsidium

Ist denn das Glas nach dieser zweigeteilten Saison halb voll oder halb leer, zumal ja die letzten Eindrücke bei den meisten länger im Gedächtnis haften bleiben?

Martin Müller: Ich sehe es schon noch halb voll. Das Saisonziel ist erreicht. Der Klassenerhalt in der Oberliga hatte die oberste Priorität. Als der geschafft war, wurde das Glas aber leider schnell leerer.

Dominik Rogner(der während der Worte seines "Chefs" den Kopf schüttelte und das Glas offenkundig eher halb leer sah): Am Ende war es doch etwas enttäuschend. Der Etat war ja so hoch wie nie. Es war eine große Leistung des Umfelds. Und verständlicherweise hat mit der Leistung der Mannschaft auch der Zuschauerzuspruch nachgelassen. Der treue Stamm der Fans ist geblieben, aber die sogenannten Erfolgs- und Eventfans blieben vor allem in der eigentlich attraktiveren Meisterrunde in großer Zahl weg. Bis Anfang Januar hatten wir aber gegenüber der Kalkulation sogar ein leichtes Plus.

 

Wie sieht es mit den Finanzen insgesamt aus?

Müller: Das Wirtschaftsjahr endet bei uns ja immer erst im Juni, sodass wir noch keine genauen Zahlen haben. Aber wir werden definitiv ohne Verlust aus dieser Saison herauskommen.

 

Wie wird die Vereinsführung auf die Rückrunde reagieren? Werden einige Spieler gehen müssen?

Müller: Es werden sicherlich einige gehen müssen, mit denen wir nicht zufrieden waren. Wir haben erst ein paar Tage abgewartet, aber wir werden jetzt Einzelgespräche mit den Spielern führen, in denen wir die Geschehnisse der vergangenen Saison aufarbeiten wollen.

 

Wie wichtig wäre es, dass es mit der Sanierung des Höchstadter Eisstadions voranginge?

Rogner: Das wäre unheimlich wichtig. Eine geschlossene Halle wäre deutlich komfortabler und würde sicherlich mehr Zuschauer zu den Spielen locken. Doch wir sind da voll und ganz von der Stadt abhängig. Dieses Jahr wird da wohl nichts passieren, denn sonst hätten eigentlich am Tag nach dem letzten Spiel schon die Bagger im Kieferndorfer Weg stehen müssen, damit das Projekt bis zum Start der neuen Saison im September fertig werden könnte. Elementar wäre es auch, dass wir in Höchstadt endlich länger Eis haben, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dann können wir bessere Trainingszeiten auch für den Nachwuchs anbieten, damit irgendwann auch mal wieder Eigengewächse im Team der Alligators spielen.

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