Herzogenauracher Räte führen emotionale Etat-Debatte

26.3.2021, 16:41 Uhr
Herzogenauracher Räte führen emotionale Etat-Debatte

© Matthias Kronau

Wie berichtet, steht der Etat unter dem Eindruck der Corona-Krise. Im Ertragshaushalt ist ein Minus von 8,4 Millionen Euro angesetzt. Kein Anlass zur Freude, aber auch nicht zu übergroßer Sorge, wie Bürgermeister German Hacker betonte. "Wir können den großen Berg an Aufgaben und Projekten aus heutiger Sicht trotz allem weiterhin finanziell bewältigen."

Herzogenaurach steht gut da

Obwohl Vorhaben wie Turnhalle oder Stadthalle verschoben werden müssten, würden Stadt samt Tochterunternehmen (Herzo Werke) und Stadtentwässerung 38,7 Millionen Euro investieren. Im Vergleich zu anderen Kommunen steht Herzogenaurach noch sehr gut da.

Herzogenauracher Räte führen emotionale Etat-Debatte

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SPD-Fraktionssprecher Holger Auernheimer war sich sicher, dass es trotz niedrigerer Gewerbesteuer-Einnahmen (11 Millionen Euro) gelingen werde, gut durch das Etatjahr zu kommen. Verbunden mit dem Hinweis, dass die Verwaltung 15 Prozent Budgetkürzung bei den laufenden Ausgaben verkraften muss, verwies Auernheimer auf eine Liste von rund 100 Investitionsposten, die trotz des Sparzwangs abgearbeitet werden. Das über 1300 Seiten dicke Etatwerk gebe Anlass "zu unserer vollsten Zufriedenheit".

"Effektive Stadtratsarbeit"

Von einer "sehr offenen, aber dennoch absolut effektiven Stadtratsarbeit" seitens SPD, Grüne, FDP und Die Partei sprach Peter Simon von den Grünen. Der Etat zeige, dass die Gestaltungsmehrheit auf einem guten Weg sei. Nico Schaufler (Die Partei) betonte, dass der Etat 2021 kein "Wünsch-Dir-Was-Haushalt" sein könne. Manfred Welker (Freie Wähler) merkte an, dass der Haushalt einige positive Aspekte enthalte, er dem Etat aber nicht zustimmen werde, weil andere Aspekte dagegen stünden. Seine Stichworte: Südumgehung, Rathausbau, zu wenig bezahlbarer Wohnraum.

Von einem "immensen Griff ins Sparbuch" sprach CSU-Fraktionsvorsitzender Walter Drebinger. "Fast 20 Millionen Euro müssen wir heuer abheben, um unsere Ausgaben zu finanzieren." Das sei ein "richtiges Signal". Allerdings: Die 15-prozentige Budgetkürzung für die Verwaltung sei zu wenig, 20 Prozent müssten drin sein.

"Masterplan" fehlt

Konrad Körner von der Jungen Union dankte dem Team um den neuen Kämmerer Stefan Zenger für die Etaterstellung, um dann schärfere Töne anzuschlagen. Bei den Investitionsmaßnahmen fehle ein "Masterplan", viele Investitionen würden ständig verschoben. Bürgermeister German Hacker agiere wie ein "Zauberlehrling", über den gesagt werden müsse: "Die Geister, die er rief, die wird er nicht mehr los."

Körner forderte "ehrliche Planungen". Es sei gut, dass es in der Stadt die CSU und Junge Union gebe, "sonst würden sämtliche Großvorhaben entweder am Unwillen des Bürgermeisters oder der Verhinderungspartei par excellence, den Grünen, scheitern". Die grüne Fraktion wolle ohnehin die Stadt in einen "Campingplatz mit Tiny Houses" verwandeln.

Verlogen und unfair

Die Chance, dass Körners eigener Wunsch nach einer "guten Diskussion" wahr werden würde, war nach solchen ironisch gefärbten Bemerkungen gering, zumal Walter Drebinger noch nachlegte und von "verlogenen Verhandlungstaktiken bei der Bildung der Gestaltungsmehrheit" sprach. Die Grünen wehrten sich vehement, und SPD-Fraktionssprecher Auernheimer sprach von seinerzeit "unfairen" Verhandlungen seitens CSU und Junge Union.

Kompromiss und Abwägung

Fast unweigerlich war die Südumgehung wichtiges Thema der Etatdebatte. Im Haushalt 2021 wird dafür zwar kein Geld ausgegeben, aber in den nächsten Jahren könnte dies der Fall sein. Die Argumentation von Peter Simon, die Zustimmung zum Haushalt bei gleichzeitiger Ablehnung der Umgehung sei als Ergebnis eines Abwägungsprozesses stimmig, sahen CSU und JU anders. "Ist das wirklich ernst gemeint?", fragte Walter Drebinger. Wenn die Grünen so vehement gegen die Umfahrung seien, müssten sie den Haushalt ablehnen.

Herzogenauracher Räte führen emotionale Etat-Debatte

© Foto: Matthias Kronau

"Müssen sie nicht", verteidigte Bürgermeister German Hacker, ein Befürworter der Südumfahrung, die Grünen. An CSU/JU gewandt meinte er: "Ihr wisst selbst, dass Kompromisse und Abwägungen im politischen Prozess nötig sind, sonst geht nämlich gar nichts."

"Dann wird das so akzeptiert"

In diesem Zusammenhang bat Peter Simon um eine Versachlichung der Debatte auch in der Öffentlichkeit: "Wir tauschen Argumente aus und stimmen dann ab. Dann wird das so akzeptiert." Persönliche Verunglimpfungen oder die Drohung eines Einkaufsboykotts für Geschäfte, die Boxen für Unterschriftenlisten für das Bürgerbegehren bereitstellen, seien fatal. "Es gibt Grenzen und die werden hier klar überschritten." Auch der dritte Bürgermeister Michael Dassler (FDP) forderte Zurückhaltung im Ton. "Eine große Meinungsvielfalt ist sehr gut."

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Ehe über den Etat abgestimmt werden konnte, mussten zehn Anträge abgehandelt werden, darunter acht von CSU und JU. Es ging es um Geld für das Vereinshaus, ein dynamisches Parkleitsystem, eine Marketingstrategie für Innenstadt und Outlets, eine Ausbildungsstrategie in der Verwaltung, ein Beleuchtungskonzept für die Altstadt sowie Wiedereingliederungsmaßnahmen am Arbeitsmarkt. Außerdem wurde ein "Stadtempfang für unsere Corona-Helden" vorgeschlagen. Gegenfinanziert werden sollte dies durch zusätzliches Sparen in der Verwaltung.

Wieso nicht vorher?

Unabhängig vom Inhalt der Anträge stieß beim Bürgermeister sowie bei vielen Stadträten der Umfang und der Zeitpunkt der Anträge auf Unverständnis. "Wir beraten seit Wochen in den Ausschüssen. Warum habt ihr da eure Ideen nicht eingebracht?", so Hacker. Die Verwaltung hatte sich nun um ausführliche Antworten zu den Anträgen bemüht, letztlich wurden fast alle Anträge abgelehnt.

Nach vier Stunden und 40 Minuten mit stickigen Masken im stickigen Saal endete um 22.40 Uhr die Sitzung mit der mehrheitlichen Zustimmung des Stadtrats zum Etat (17:13).

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