Im Goggo zu den Flurdenkmälern

29.12.2010, 19:59 Uhr
Im Goggo zu den Flurdenkmälern

© Manfred Welker

Richard Tille wurde am 30. Dezember 1920 in Erlangen geboren. Nach der Schulzeit absolvierte er von 1935 bis 1939 eine Lehre als Feinmechaniker bei Siemens-Reiniger. Der Kriegsausbruch machte sämtliche weitergehende Planungen zunichte. Tille wurde zum Reichsarbeitsdienst eingezogen und war bereits mit einer RAD-Baukompanie beim Polenfeldzug dabei. Später kam er nach Leer in Ostfriesland zur Marine und wurde dort zunächst in der Schreibstube eingesetzt. Danach ging es nach Kiel, wo Tille Maat wurde (Unteroffizier) und zwar auf einem Minensuchboot.

1943 heiratete er als Obermaat. Seine Frau Margarethe war eine geborene Kappauf aus Lonnerstadt, deren Mutter einen Laden unweit der Kirche hatte. Gegen Ende des Krieges erfolgte seine Versetzung nach Berlin zum Oberkommando der Marine (OKM). In einer private Realschule holte er dort in Abendkursen von Oktober 1943 bis März 1945 den Realschulabschluss nach. Im Endkampf um Berlin gelang es ihm, sich zum Reichssportfeld (Olympiagelände) durchzuschlagen, so dass er nicht gefangen genommen wurde.

In seiner blauen Marinehose und zivil anmutender Oberbekleidung machte er sich auf den Heimweg. In Fürstenwalde erhielt er von einem Bewohner Zivilklamotten. Nach elf Tagen auf Schusters Rappen war er wieder in Erlangen angelangt. Seine Frau war in Bayreuth als Lehrerin ausgebildet worden und wohnte nach Kriegsende mit dem gemeinsamen Sohn Richard in der Sieboldstraße.

Da Tille keine Entlassungspapiere hatte, „half“ ihm ein Schulkamerad, der in der Stadtverwaltung tätig war, mit neuen Ausweispapieren aus. „Ich habe einen Schutzengel gehabt, ich hoffe, dass ich ihn einmal treffen werde“, sagte Tille im Rückblick.

Die Nachkriegszeit verbrachte Tille zunächst damit, dass er für die US-Amerikaner Kisten zusammennagelte. Aber bereits 1945 war er wieder bei Siemens und Halske als Feinmechaniker tätig. Diese Arbeit stellte ihn nicht mehr zufrieden. Daher begann er 1946 an der Lehrerbildungsanstalt in Erlangen eine Umschulung zum Lehrer. Die Ausbildung dauerte rund drei Jahre.

Danach wirkte er in Baiersdorf, Spardorf, Buckenhof etc., ein weiteres Jahr in Schnelldorf als Pädagoge. Ab 1951 wurde er in Höfen eingesetzt, wo er sich neben der Schule ein Haus baute. Hier war er 16 Jahre als Lehrer in der einklassigen Schule tätig, dann fünf Jahre als stellvertretender Schulleiter in Münchaurach. Den Posten als Rektor in Münchaurach schlug er aus. Stattdessen wirkte er von 1972 bis zu seiner Pensionierung am 31. Januar 1983 an der Carl-Platz-Schule in Herzogenaurach.

Stadtmuseum betreut

Neben seiner Lehrertätigkeit war Richard Tille vom 21. Mai 1973 bis 30. November 1988 Kreisheimatpfleger. Um seine Aufgabe im Landkreis wahrnehmen zu können, hatte er zunächst ein Goggomobil, stieg dann später auf einen VW-Käfer um. Besonders die Flurdenkmäler im Landkreis waren ihm ein Anliegen. Diesen Themenbereich hat er im Landkreisbuch Höchstadt und gemeinsam mit seinem Kollegen Horst Gabbert im Landkreisbuch Erlangen-Höchstadt bearbeitet. Ab 1969 betreute er das Stadtmuseum Herzogenaurach.

Tille nahm auch Anteil am politischen und kulturellen Geschehen; so war er von 1960 bis 1972 Mitglied im Zweifelsheimer Gemeinderat. Lange Jahre engagierte er sich im Heimatverein Herzogenaurach. Er war der Initiator der Renovierung des Anwesens Steinweg 5, das heutzutage das Domizil des Heimatvereins ist.

Für sein ehrenamtliches Engagement wurde er am 7. November 1988 mit der Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet, im Januar 1991 erhielt er die Stadtmedaille in Gold. Am 26. November 2002 wurde ihm die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Sein reichhaltiges Privatarchiv öffnet er gerne allen Interessenten. Dadurch ermöglichte er zahlreiche Diplom-, Abschluss- und Magisterarbeiten.