In Reihe eins bei Owetschkin und Co.

21.5.2019, 17:45 Uhr
In Reihe eins bei Owetschkin und Co.

Nur gut, dass genau zwei Monate später die Weltmeisterschaft begonnen hat. Diese findet 2019 in der vergleichsweise nahen Slowakei statt. Und da arbeitet Schobert – zum zweiten Mal nach 2017 in Köln – als Volunteer im Visitor’s Service mit. Auf gut Deutsch: Der 48-Jährige, der bei Schaeffler Technologies arbeitet, betreut als Freiwilliger vor allem Vertreter der Printmedien im Zimný štadión Ondreja Nepelu in Bratislava.

Eigentlich ein Job, bei dem man zumindest körperlich nicht an die Grenzen gehen muss. Dennoch hätte Schobert fast verletzungsbedingt die Segel streichen müssen. Die Volunteers waren schon eine Woche vorher angereist, um auf ihre Aufgaben vorbereitet zu werden. Und bei einer Stadionbegehung passierte es: Der Höchstadter Eishockey-Enthusiast knickte um, am nächsten Morgen war der Knöchel blau und dick geschwollen. "Gedanklich hatte ich da schon abgebrochen", so Schobert. Aber mit Schmerzmitteln und Tapeverband bekam er es hin, dass er zum Turnierstart wieder zur Verfügung stand.

"Stand" im wahrsten Sinne des Wortes. Denn er muss viel stehen, teilweise – wenn an einem Tag drei Spiele anstehen – ist er von 10 bis 23.30 Uhr mit kurzen Unterbrechungen an seinem Platz am Zugang zum erwähnten Zuschauerblock. Gemeinsam mit zwei einheimischen Security-Leuten, die aber perfekt Englisch und ziemlich gut Deutsch sprechen, wie Schobert schnell merkte: "Ich kannte am Anfang niemanden, bin der Einzige, der nicht aus der Slowakei oder Tschechien kommt, aber ich fühlte mich sofort aufgenommen in die Gruppe."

Sein bisher lustigstes Erlebnis hatte er mit einem Gast aus der Schweiz, dem er den Weg zu seinem Platz erläuterte. Im Weitergehen sagte der Eidgenosse zu seinen Begleitern: "Die sprechen hier aber sehr gut Deutsch." In der Gruppe B., die in Bratislava spielt, hört Schobert ohnehin viele vertraute Klänge: Österreich, Schweiz und Italien (mit vielen Südtirolern) sind mit von der Partie.

Das deutsche Team hat er bislang nur in Zusammenfassungen verfolgen können, er hofft aber noch auf einen Höhepunkt: Bleibt die DEB-Auswahl auf Platz vier (bei der Redaktionsschluss noch unklar), trifft sie am Donnerstag voraussichtlich auf den großen Favoriten Russland um Alexander Owetschkin.

Schobert, der die Spiele der Gruppe B alle "aus der ersten Reihe" verfolgen konnte (Stress herrscht nur vor dem Spiel und in den Drittelpausen), gerät über die Spielweise der "Sbornaja" regelrecht ins Schwärmen: "Das ist schon eine Augenweide, was die Superstars zum Teil mit der Scheibe anstellen – vor allem gegen die schwächeren Gegner, wenn sie Platz und Zeit haben." Gegen die Weltklasserivalen hingegen gilt auch für die Russen, dass man sich den Sieg in erster Linie erkämpfen muss. Zum Beispiel gegen die Tschechen, bei denen laut Schobert ein deutlicher Wandel sichtbar ist. Die traditionell guten Techniker zeigen sich bei der WM im Nachbarland physisch deutlich präsenter als je zuvor.

Eine regelrechte nationale Tragödie war jedoch das vorzeitige Ausscheiden der Gastgeber. Schobert: "Die ganze Slowakei ist in eine tiefe Depression verfallen. Es war aber auch bitter: Zwei Sekunden vor Schluss das entscheidende Gegentor gegen Kanada kassiert, am nächsten Tag zwei späte Gegentreffer gegen die Deutschen, die nun im Konzert der Großen dabei sind. Dennoch: Die Slowaken sind so eishockeybegeistert, dass das gut 9000 Zuschauer fassende Stadion in Bratislava auch sonst immer nahezu ausverkauft ist.

Schobert gefällt die Atmosphäre so gut, dass er sich ein drittes Mal als Volunteer durchaus vorstellen kann. Seine Frau, der er sehr dankbar ist, "dass sie das alles mitmacht", wird wohl auch dann wieder grünes Licht geben. 2020 findet die WM übrigens in der Schweiz statt . . .

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