Jäger könnten Multiplikatoren für Artenschutz werden

24.1.2020, 07:00 Uhr
Jäger könnten Multiplikatoren für Artenschutz werden

© Foto: NN-Archiv

Und Jäger haben gegenüber den meisten rein ethisch motivierten Naturschützern einen Vorteil beim Bemühen um das Rebhuhn und weitere zurückgehende Tierarten von der Feldlerche bis zum Hasen: Sie haben ein Revier, für das sie Pacht zahlen an die Besitzer der Wiesen, Felder und Wälder, die sie bejagen. Damit besteht eine Beziehung zwischen Landwirten und Jägern, die letztere bei entsprechender Motivation durchaus nützen können, um die Kulturlandschaft ökologischer und wildtierfreundlicher zu gestalten. Oft mit relativ einfachen Maßnahmen, die ebenso oft beiden Partnern etwas bringen: den Jägern vielfältige Tierbestände, den Landwirten Förderung.

Genau darum ging es dieser Tage in einer Veranstaltung, die es so in unserer Region noch nicht gegeben hatte. Die beiden Jägervereine von Neustadt und von Höchstadt luden zu einer gemeinsamen Tagung nach Uehlfeld ein, um sich für den Dialog mit der Landwirtschaft fortbilden zu lassen.

Von einem Fachmann, der auf beiden Seiten steht: Balduin Schönberger arbeitet im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Amberg und macht von dort aus die Wildlebensraum-Beratung für die Oberpfalz. Gleichzeitig ist Schönberger ein "leidenschaftlicher Jäger", wie er von der Bühne in den voll besetzten Saal der Brauerei Prechtel hinunter verkündete.

Der Referent hat eine Botschaft: Er möchte die erwähnte Beziehung nützen und die Jägerschaft sozusagen zu Multiplikatoren machen für mehr und gut vernetzte Lebensräume in der Feldflur. Auf ihre Jagdgenossen – das sind die Besitzer der bejagbaren Grundstücke im Revier, in der Regel Landwirte – sollen sie zugehen und ihnen Biotope schmackhaft machen, die sie selbst mit relativ wenig Aufwand und kaum Ertragsverlust anlegen können.

Man könnte, sagt Schönberger, zum Beispiel bei einer Halben Bier oder auch beim jährlichen Jagdessen darüber reden, Getreide mal mit doppeltem Reihenabstand zu säen. Dann passen Rebhühner wieder hinein in den Acker und finden Schutz.

Dort, wo im Schatten eines Waldrands sowieso kein Weizen aufgeht, eine Blühfläche anlegen. Dafür gibt die EU Geld, sagt Schönberger, und Rehwild findet Ruheräume. Was wiederum auch dem Forst nütze: Wo die Rehe weniger Stress ausgesetzt sind, gingen die Verbisschäden zurück.

Schönberger wirbt eindringlich für Kommunikation und ermuntert die Revier-Jäger, die Beziehung zu ihren Verpächtern im Sinn von Tier- und Naturschutz zu nützen: Wie Bejagungsstreifen, offene Kiebitzfenster in der Flur, Greening, also Winter-Zwischenfruchtanbau, oder Streuobstwiesen gefördert werden, darüber informiert das jeweils zuständige AELF, und auch diesen Kontakt zu vermitteln lohne sich.

Miteinander gestalten

So ließen sich miteinander Lebensräume gestalten. Ein weiteres Beispiel Schönbergers: Hecken. Diese Feldgehölze leben von der Pflege. Sie gehören regelmäßig ganz auf Stock geschnitten, sagt der Fachmann. Ohne diese Maßnahme wachsen einige Gehölze in der Hecke zu Bäumen heran, nehmen Gestrüpp und Unterwuchs die Wachstumsbedingungen. Aber gerade das bodennahe Gestrüpp ist der Lebensraum für gefährdete Arten. Auch der Heckenschnitt, so Schönberger, wird öffentlich vergütet – genau aus diesem Grund.

Wenn der Landwirt auch noch Steine, die er vom Acker gelesen hat, neben einer Hecke zu einem Haufen zusammenwirft, ein paar Schaufeln Erde dazugibt, dann kommen binnen weniger Tage Eidechsen und Insekten wie der Laufkäfer, die wiederum lebensnotwendige Protein-Lieferanten sind für die Brut von Rebhuhn und Fasan.

Feldraine stehen lassen, ungemähte Graswege dulden, offene Stellen zulassen, wo Ameisen siedeln und Jungvögel mit tierischem Eiweiß versorgen – wenn Jäger und Landwirte dahingehend zusammenarbeiten, können Modellfälle entstehen, wie Schönberger einen aus dem oberpfälzischen Lappersdorf präsentiert. In der Flur dort hätten sich nach genannten Maßnahmen die Bestände an Fasan und Feldlerche verdoppelt, Rebhuhn und Wachtel seien wieder heimisch geworden.

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