Keine Bereitschaftspraxis in Höchstadt

8.3.2018, 06:00 Uhr
Keine Bereitschaftspraxis in Höchstadt

© Foto: KVB

Dahinter stecken der Gesetzgeber und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB). Letztere, vom Bundesgesetzgeber zur Kooperation mit den Krankenhäusern beim Abbau von Doppel-Kapazitäten aufgefordert, will den Bereitschaftsdienst zentralisieren. Auftragsgemäß soll dieser die ärztliche Versorgung aufrecht erhalten. Gleichzeitig sollen die niedergelassenen Ärzte entlastet werden, die künftig seltener Bereitschaftsdienste leisten müssen.

Der Plan für das hiesige Gebiet: Von südlich von Fürth bis in den Ebrachgrund soll sich ab 1. August ein Bereitschaftsgebiet erstrecken, versorgt von zwei Praxen aus, eine in Fürth die andere in Erlangen.

Neben diesem "Sitzdienst" des Bereitschaftsarztes soll zusätzlich ein Fahrdienst eingerichtet werden, ein weiterer Arzt also Besuchsdienst haben und von einem Fahrer mit medizinischer Ausbildung von Einsatz zu Einsatz befördert werden. Dieser Dienst wird in besonders gekennzeichneten Autos unterwegs sein, disponiert von einer Leitstelle aus.

Wohlgemerkt: Es geht nicht um den Rettungsdienst und die Notärzte. Diese stellen im staatlichen Auftrag Organisationen wie das Rote Kreuz, ASB oder Malteser. Die geplante Reform betrifft vielmehr die hausärztlichen Bereitschaftsdienste.

Nach Erlangen oder Fürth

Wer also außerhalb der regulären Sprechzeiten einen Arzt braucht, muss ab dem 1. August nach Erlangen oder Fürth fahren, bzw. warten, bis der Arzt vom nächstverfügbaren Fahrdienst herchauffiert wird. Ausweich-Adressen wären Forchheim, Bamberg, Burgebrach oder Neustadt. Dort liegen die von der KV geplanten Bereitschaftspraxen in den Nachbar-Gebietseinheiten.

30 Kilometer Anfahrt hält die KVB für zumutbar für die Patienten. Für den zusätzlichen Fahrdienst rechnet die KVB künftig mit Zeiten von 60 bis 90 Minuten von der Alarmierung bis zum Ende der Behandlung vor Ort. Dies, heißt es bei der KVB, ist eine erhebliche Beschleunigung im Vergleich zu jetzt.

Anders sieht das der Höchstadter Bürgermeister. Die KVB hat nach Gerald Brehms Ansicht die Höchstadter Möglichkeiten offensichtlich übersehen. Denn hier gibt es ja ein Krankenhaus und ein Gesundheitszentrum. In Kooperation mit dem Kreiskrankenhaus zum Beispiel könne man einen Bereitschaftsdienst für die Stadt und ihr Umland durchaus abdecken, sagte der Bürgermeister unserer Zeitung.

Er habe schon Gespräche mit der Leitung der Klinik geführt und werde auch mit den zuständigen Abgeordneten reden — und natürlich mit der KVB.

Letztere hätte aus Brehms Sicht auch durchaus mit der Stadt Kontakt aufnehmen können. Das Mittelzentrum Höchstadt und sein Umland, das bedeute immerhin fast 30 000 Einwohner. Dieses Gebiet ohne eine Bereitschaftspraxis? Dafür, so Brehm, "sind wir einfach zu groß". Die KVB habe dies offensichtlich verkannt.

Bestimmt nicht. So äußert sich auf Anfrage der Regionalleiter der KVB für Nordbayern, Manuel Holder. Sein Verband und auch der der Krankenhäuser, wie erwähnt im Auftrag des Gesetzgebers, hätten sehr sorgfältig und nach "handfesten Kriterien" (Holder) ein Muster entwickelt. Jede künftige Bereitschaftspraxis sei an einem Krankenhausstandort und der dortigen Klinik zugeordnet. Im Fall Höchstadt seien die Mindestkriterien aber nicht erfüllt, so Holder.

Zu wenige Behandlungen

Als Grundlage wurden laut Holder dazu vor allem die ambulanten Behandlungszahlen in den Krankenhäusern analysiert. Das Höchstadter Kreiskrankenhaus habe einfach viel zu wenige ambulante Behandlungen im Jahr, um eine Bereitschaftspraxis zu rechtfertigen. Weitere Faktoren in dem Raster: die stationären Behandlungszahlen, die Topografie des jeweiligen Einzugsgebiets und auch die Patientenströme, sprich aus den Abrechnungsdaten ablesbare Erkenntnisse, von wo wieviele Patienten wohin zum Arzt gehen.

Höchstadt fällt unter diesen Voraussetzungen nicht unter die insgesamt 110 Standorte im Freistaat, die die KVB auf diese Weise ermittelt hat. Die "Perle des Aischgrunds" teilt dieses Schicksal mit bekannten Städten wie Schrobenhausen, Miltenberg oder Krumbach im Allgäu.

Der Ärzte-Verband versichert, dass mit dem reformierten System trotzdem 99,9 Prozent der Bayern binnen 30 Minuten Autofahrt eine Bereitschaftspraxis erreichen werden. Die Kriterien für die künftigen Praxis-Standorte sind laut Holder sowohl vom Gesundheitsausschuss des Landtags als auch vom Städtetag, dem Gemeindetag und dem Landesprüfungsamt für das Sozialwesen als nachvollziehbar und sinnvoll anerkannt worden.

Seit Oktober 2015 läuft die Reform schon. Begonnen wurde sie in der Region Straubing-Dingolfing. Seit 2016 ist der Bereitschaftsdienst im Gebiet Bamberg-Forchheim so neu organisiert. Der Presse dort ist zu entnehmen, dass dort bei den Ärzten starke Zweifel herrschen. Vor allem, was die Hausbesuche betrifft. Bis zu 500 Kilometer in einer Nacht lege der Fahrdienst mitunter zurück — zwischen Gräfenberg, Ebern und Schlüsselfeld.

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