Kohnen in Herzogenaurach: Wie weit trägt Sachlichkeit?

12.9.2018, 15:49 Uhr
Kohnen in Herzogenaurach: Wie weit trägt Sachlichkeit?

© F.: Koprivnjak

Ja, gibt Natascha Kohnen unumwunden zu, ihre Partei befinde sich in einer sehr schwierigen Phase. Nein, das könne und wolle sie nicht leugnen. Nein, auch sie könne nicht von heute auf morgen alles besser machen.

Die Demoskopie hilft nicht weiter. Im Dreitagesrhythmus kommen immer neue Umfragen und mit ihnen immer neue Zahlen, deren Schwinden nicht aufzuhalten scheint. Oder etwa doch? Die Bayern-SPD hat noch eine letzte Idee. Sie versucht einen Kontrast zu formen: Hier die laute CSU, die Staatskrisen auslöst, dort die vernünftige SPD, die das Wort Anstand plakatiert. "Ich möchte einen neuen Stil etablieren", sagt Kohnen. Eine Sachlichkeitsoffensive, um die Stimmung doch noch einmal zu drehen.

Ein persönliches Gespräch

Dafür haben sie das Format KohnenPlus entwickelt. Kohnen plus German Hacker, im gut gefüllten Ratskeller. Keine Rede, sondern ein persönliches Gespräch zwischen zwei Politikern, ganz nah vor dem Publikum. Augenhöhe herstellen. In die Debatte kommen. Persönlich überzeugen. Kohnen sitzt an diesem Abend vor einem Bürgermeister, der Erfahrung darin hat, wie man rote Inseln im schwarzen Meer erobert. Kohnen navigiert das SPD-Schiff aber zunächst ganz bewusst in ihre politische Vergangenheit.

Eines Tages, als sie noch die 12. Klasse besucht, stellt ihr Rektor zwei Busse zur Verfügung. Er lässt die Schüler nach Wackersdorf fahren. Kohnen muss dort mit ansehen, wie Demonstranten mit CS-Gas bekämpft werden. "In meinem Land wollte ich so etwas nicht erleben", erzählt sie. Ein erstes politisches Erweckungserlebnis für die Frau, die anschließend Biologie studiert. Kohnen, die Naturwissenschaftlerin, die in ihrer Doktorarbeit über Schwefelbakterien forscht. "Wir Naturwissenschaftler sind sehr klare Menschen", sagt sie. "Wir versuchen sachlich an Probleme heranzugehen."

Kann man mit Sachlichkeit Wahlen gewinnen?

Kohnen und Hacker spiegeln im Duett ihre Lebensläufe, ihre politische Sozialisation, ihren Weg in die SPD. Beinahe beiläufig nutzt sie diesen roten Faden, um ihre politischen Forderungen unterzubringen: Befristungen abschaffen ("Vor allem für Forscher und Lehrer"), kostenlose Kitas ("Verbunden mit einer Qualitätsoffensive"), Glasfaserkabel ("Eine Investition in unsere digitale Zukunft"), bessere Versorgung für ländliche Regionen ("Damit der Mietdruck in Großstädten nachlässt").

Erst am Ende stellt ein Zuschauer die alles entscheidende Frage. Ja, Sachlichkeit sei ja gut, sagt der Mann, aber er frage sich, ob man damit eine Wahl gewinnen könne. Es ist eine kritische Frage, weil sie den Kern ihrer Kampagne betrifft: Bekommt die SPD vom Wähler überhaupt die Chance, ihre Forderungen umzusetzen? Kohnen zögert kurz. Und versucht ihr Bestes. "All die Zahlen- und Farbenspiele helfen keinem Bürger weiter. Populismus ist Gift für unsere Gesellschaft. Ich werde meinen Stil nicht ändern, ich werde nicht versuchen, irgendwelche Wählerstimmen abzugreifen, ich werde nicht wie Seehofer der AfD den Teppich ausrollen, ich werde nicht populistisch agieren." Applaus brandet auf. Ja, sagt sie, das werde ein sehr harter Kampf, aber sie sei bereit ihn zu Ende zu führen.

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