Kritik der Asylhelfer: Das Landratsamt nimmt Stellung

13.9.2019, 14:25 Uhr
Kritik der Asylhelfer: Das Landratsamt nimmt Stellung

© Harald Sippel

Hier die Anfrage der Redaktion:

Ich bitte um Stellungnahme und Antwort aus dem Landratsamt/
Ausländerbehörde zu folgendem Thema:

Es gab ein Pressegespräch mit den Herren Wolfgang Seitz und Konrad
Eitel, beide im Herzogenauracher Helferkreis. An den Beispielen der
beiden Äthiopier H.  und M.  wurden offenbar große Probleme mit den Regularien des Identitätsnachweises dokumentiert und auch beklagt.
Den Nachweis braucht ein Flüchtling, wenn er den Antrag auf eine
Beschäftigungserlaubnis stellt.

In den beiden genannten Fällen hat die Ausländerbehörde vorgelegte
Identitäts-Dokumente nicht anerkannt und die Beschäftigungserlaubnis
nicht erteilt.

Mir liegt nun ein Schriftwechsel von Herrn Seitz mit dem Innenminister
Herrmann vor, aus dem sich schließen lässt, die Ausländerbehörde habe
die Akten der beiden unvollständig geführt.

Dazu bitte ich um eine Stellungnahme, allgemein, aber besonders zu
folgenden Fragen:

1)In den Schriftverkehren fällt auf, dass H. seinen Vornamen
mit Hussen angibt, die Behörde aber stets von "Hassan" schreibt. Ist
eine Verwechslung der Antragsteller ausgeschlossen?

2) Der Innenminister antwortet Herrn Seitz - vermutlich gestützt auf
eine Rückfrage im Ausländeramt des Landkreises - H. habe keinen
Antrag auf Beschäftigungserlaubnis gestellt. Herr Seitz sagt, er könne
fünf solcher Anträge schriftlich belegen. Was ist richtig?

3) Der Innenminister antwortet ferner, es sei nicht ersichtlich, dass
H. sich um prüfbare Identitätsdokumente bemüht hätte.
Tatsaächlich, so die Flüchtlingshelfer, habe er einen vom Landesamt für
Asyl und Rückführung empfohlenen Vertrauensanwalt konsultiert, der sich
auch angeboten habe, die Kopie der Geburtsurkunde H.s in dessen
Heimatort amtlich beglaubigen zu lassen. Der gesamte Mailverkehr mit dem Anwalt ist nach den Angaben von Wolfgang Seitz entweder nicht in die Akte des Äthiopiers eingegangen, oder dem Innenminister nixcht zur
Kenntnis gebracht worden. Stimmt das?

4) Der Innenminister antwortet den Flüchtlingshelfern, H. habe
sich nicht erkennbar um Arbeit bemüht. Laut Seitz hat er aber zwei Jahre
lang aals Helfer im Ein-Euro-Job beim Kreislauf-Kaufhaus gearbeitet und
außerdem in der Aurachtaler Eisenflechterei S. ein zweimonatiges
Praktikum absolviert. Mit solchem Erfolg, dass die Firma ihn sofort
einstellen würde. Weiß dies die Ausländerbehörde nicht, oder wurde nur
der Minister nicht in Kenntnis gesetzt?

5) Was hindert im Fall des anderen Flüchtlings, M., der zwei
Ausweise vorgelegt hat, den Identitätsnachweis? Laut Seitz hat das
Landeskriminalamt nach Prüfung eins der Dokumente für wahrscheinlich
echt zertifiziert, das andere für nicht verifizierbar.

5) In diesem Zusammenhang bitte ich auch, kurz zu umreißen, wie der vom Innenminister propagierte Ermessensspielraum der Kreisbehörden in
solchen Fällen ausgelegt wird. Welche Regeln bzw. Kriterien gibt es?


Besten Dank für Ihre Bemühungen.

Hier die Antwort aus dem Landratsamt:

Sehr geehrte Damen und Herren, das Landratsamt nimmt nachfolgend Stellung:

Wir bitten um Verständnis, dass wir in laufenden Verwaltungsverfahren nur eingeschränkt personenbezogene Informationen geben. Aufgrund der komplexen Rechtslage ist jeder Fall einzeln zu betrachten.

Bei den angesprochenen Ausländern handelt es sich nicht um anerkannte Flüchtlinge.

Insbesondere die Frage nach einer ausreichenden Mitwirkung zur Identitätsklärung wurde in den genannten Fällen nach den zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Gesichtspunkten überprüft und bewertet.

Möchte ein Ausländer eine Beschäftigung aufnehmen, richten sich die von der Ausländerbehörde zu prüfenden Voraussetzungen in erster Linie nach dem jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Status des Ausländers. Je nachdem, ob ein Ausländer den Flüchtlingsstatus besitzt, sich noch im laufenden Asylverfahren befindet oder das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen worden ist, ergeben sich unterschiedliche gesetzliche Voraussetzungen. Innerhalb dieser Gruppierungen sind dann wiederum je nach konkretem Einzelfall verschiedene gesetzliche Vorgaben zu beachten, die hier im Einzelnen nicht dargestellt werden können.

Anerkannte Flüchtlinge dürfen kraft Gesetzes arbeiten und brauchen keine Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde, sodass sich die angesprochenen Probleme lediglich bei Ausländern ergeben, die sich noch im laufenden Asylverfahren befinden beziehungsweise schon vollziehbar ausreisepflichtig sind.

Es gibt viele verschiedene Gesichtspunkte, die bei der Entscheidung über eine Beschäftigungserlaubnis zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören u.a. auch eine geklärte Identität bzw. die ausreichende Mitwirkung bei der Identitätsklärung.

Befindet sich ein Ausländer noch im laufenden Asylverfahren, d.h. besitzt er eine Aufenthaltsgestattung, kann von ihm verlangt werden, dass er an seiner Identitätsklärung ausreichend mitwirkt und alle zumutbaren Handlungen diesbezüglich vornimmt. Was dem jeweiligen Ausländer konkret zuzumuten ist, richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall und insbesondere den Verhältnissen im Heimatland.

Da sich die Urkundenlage in jedem Land schnell ändern kann, verfügt das neu geschaffene Landesamt für Asyl und Rückführungen über aktuelle Informationen zu allen Ländern.

Nach Rücksprache mit dem Landesamt ist es Äthiopiern aktuell möglich, sich eine Geburtsurkunde im Original zu beschaffen. Hierfür müssen die Betroffenen gerade nicht selbst Kontakt mit den Heimatbehörden aufnehmen, weshalb es Ihnen auch im laufenden Verfahren zumutbar ist. Eine vorgelegte Urkunde wird anschließend auf Echtheit überprüft. Dies kann im Einzelfall bis zur Überprüfung durch die deutsche Auslandsvertretung im jeweiligen Heimatland führen.

Als Vollzugsbehörde ist es uns wichtig, Unterlagen und Nachweise nur dann zu verlangen, wenn die Beschaffung möglich und zumutbar ist. In anderen Verfahren wurden uns bereits Geburtsurkunden mit Lichtbild im Original vorgelegt, die auch eine Nachprüfung bestanden haben, was unsere Annahme bestätigt.

Legt der Antragsteller kein Original vor, ist keine Überprüfung der Echtheit möglich. Somit ist kein Nachweis der Identität erbracht, was im Rahmen einer Ermessensentscheidung als ein negativer Gesichtspunkt berücksichtigt wird. Die sonst zu beachtenden Ermessensgesichtspunkte können dem "IMS", dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 04.03.2019, entnommen werden. Im Rahmen einer Petition werden dem Innenministerium alle uns bekannten entscheidungserheblichen Umstände und Unterlagen mitgeteilt beziehungsweise übermittelt.

Sobald das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen und der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist, muss der Ausländer an der Passbeschaffung mitwirken, da sonst nach dem Gesetz ein absolutes Beschäftigungsverbot vorliegt.

Nachdem zum 21.08.2019 eine Gesetzesänderung im Ausländerrecht eingetreten ist, prüft die Ausländerbehörde des Landratsamtes die angesprochenen Fälle derzeit erneut.

Anmerkung: Bei dem genannten Ausländer liegt keine Namensverwechslung vor, es handelt sich um eine Namenskette.

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