Mit dem unheilbaren Orgelvirus infiziert

14.5.2012, 17:24 Uhr
Mit dem unheilbaren Orgelvirus infiziert

© Elke Seyb

Uli Nix von der Musikschule hatte die Moderation übernommen. Herzogenaurach habe überproportional viele musizierende Kinder, stellte sie fest, doch dass jemand schon in jungen Jahren Orgel lernt, sei ungewöhnlich. Die Schüler müssten viel Begeisterung und Ausdauer aufbringen, vor allem auch für die vielen Übungsstunden in der kalten Kirche. Rotters Schüler seien vom „unheilbaren Orgelvirus“ infiziert. „Wohin diese Begeisterung führt, wird heute zu hören sein“, sagte sie. Damit versprach sie nicht zu viel, denn alle drei Nachwuchsorganisten zeigten erstaunliche Spielfertigkeit.

Mit dem Orgelklassiker schlechthin, der „Toccata und Fuge in d-Moll“ von Johann Sebastian Bach, begann der 21-jährige Sebastian Kraus, der seit zehn Jahren Orgel spielt. Er interpretierte das anspruchsvolle Werk mit wohlüberlegter Registrierung, ebenso eine „Allemande“ von Samuel Scheidt aus dem 17. Jahrhundert. Bei diesem Schreittanz war es dem Zuhörer, als spiele eine Gruppe Spielleute mit Krummhörnern zum Tanz auf. Ganz anders dagegen das Präludium des zeitgenössischen Komponisten Hermann Schroeder, dessen ungewöhnliche Harmonien Kraus überzeugend meisterte.

Freude an der Melodie

Ihren jugendlichen Elan legte die 15-jährige Madeleine Welker in die verspielte „7. Sinfonia per Organo“ von Pasquale Anfossi, mit hörbarer Freude an der schönen Melodie. Die ruhig schreitenden Harmonien der bekannten Händel-Arie „Ombra mai fu“ wusste sie ebenso gefällig zu spielen wie das kurze, aber anspruchsvolle Stück aus der „Legende“ des Schweden Emil Sjörgen, bei dem die Füße auf dem Pedal viel zu tun haben. Mit schnellen Läufe und wuchtigen Akkorden gestaltete sie den meditativen Charakter der „Toccata in C-Dur“ von Andreas Willscher, derzeit Kirchenmusiker in Hamburg.

Erst seit einem halben Jahr lernt Ludwig Orel an der Metzler-Orgel. Er ist 2001 geboren und damit so alt wie sein Instrument. Sehr konzentriert spielte er ein „Adagio“ von Jan Kritel Kuchar, einem Zeitgenossen Mozarts, und ließ weiche Flötentöne erklingen, die an eine Spieluhr erinnerten. Versiert meisterte er die technischen Herausforderungen in Händels „Voluntary in d-Moll“.

Toni Rotter, der Meister selbst, präsentierte die Vielfalt der Orgel-Kompositionen und begann mit dem Meister-Komponisten Dieterich Buxtehude und dessen „Präludium und Fuge in C-Dur“. Eindringlich gestaltete Rotter das kontemplativste und erschütterndste Stück der Orgelliteratur, die „Apparition de l‘église éternelle“ von Olivier Messiaen. Dieses in Klang geformte Fundament des Glaubens mit seiner komplizierten Harmonie setzte er mit vorzüglicher Spieltechnik und stilgetreue Registrierung um und akzentuierte den mystischen Charakter des Werks.

Ganz anders dagegen die humorvollen „Mozart Changes“ des Ungarn Zsolt Gardonyi, bei dem Rotter das Publikum mit einem Swing-Thema zu einer Klaviersonate Mozarts überraschte. Einen fulminanten Endpunkt setzte er mit dem „Choral Nr. 3“ von César Franck und schloss damit den Orgelreigen, der mit Bachs Fuge begonnen hatte, denn Franck schrieb seine Werke als Reminiszenz an Bachs Kompositionsstil.

Bürgermeister Hacker zeigte den Künstlern seine Anerkennung mit Präsenten und das Publikum mit großem Applaus. Den Wunsch nach Zugabe lehnte Rotter aber ab, denn dann müsste man ja gleich vier Zugaben spielen, scherzte er.

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