Re-Start nach Corona: Wie geht's weiter in der "Traube"?

20.6.2020, 06:00 Uhr
Re-Start nach Corona: Wie geht's weiter in der

© Foto: Edith Kern-Miereisz

Von Roland "Joe" Bretting und Dieter Schmidt in einem der ältesten Häuser des Dorfs eröffnet, Treffpunkt und Magnet seit über 40 Jahren, avancierte die Traube zum "Wohnzimmer". Wer es  vermisst hat – die Kartler, die Dart-Fans, diejenigen, die sich dort immer treffen –, kann sich unter Einhaltung der Abstandsregeln und mit maximal zehn Personen pro Tisch nun wieder einfinden.

"Verhalten angelaufen" sei allgemein der Betrieb in der Gastronomie nach dem Re-Start, berichtet Rita Müller, die seit Jahrzehnten hinter dem Tresen Integrationsfigur war. Wegen Corona-Angst, Mundschutzpflicht, Kurzarbeit seien die Gäste vorsichtig.

Re-Start nach Corona: Wie geht's weiter in der

© Foto: Edith Kern-Miereisz

Laut Statistik befinden sich 800 000 Beschäftigte des Gastronomiegewerbes bundesweit in Kurzarbeit. Wie sich Familienfeste in Corona-Zeiten genau ausgestalten, dazu besteht noch Klärungsbedarf im Detail. Denn wie sollen 50 Leute bei einer Geburtstagsfeier in einem Gastraum Abstand halten? fragt der Wirt.

Mario Reichelsdorfer, Freund der Tochter der Wirtsleute, ist seit Januar 2019 Chef in der Traube und betreibt die Kneipe als "Alleinunterhalter", wie er es nennt: Er ist Wirt, Einkäufer und Koch in einer Person, von Beruf eigentlich Gas- und Wasserinstallateur. Beim Ausschank der Handballer auf dem Altstadtfest sammelte er bereits Erfahrungen. Das Publikum in der Kneipe, teils mit den Wirtsleuten jung gewesen, teils die nächste Generation, ein Teil Fans aus dem Großraum Erlangen, bis Neustadt und Bamberg, ist ihm treu geblieben.

Feiern für 18-Jährige genauso wie für 70-Jährige werden in der Traube veranstaltet. Selbst Hochzeiten und Taufen gab es schon.

Beim Catering sind alle Möglichkeiten offen. Sei es der lokale Metzger als Lieferant, die Freunde, die grillen oder der Foodtruck im Hof. Es gibt Gruppen, für die ein Tagesgericht gekocht wird, manche wollen eine Brotzeit aufgetischt bekommen, die Kartler wünschen stets ihr Bratwurstgehäck. Das zweifellos meistverkaufte Alltagsgericht ist jedoch der Spezialtoast. Mit zwölf Bieren – Marken von Bamberg bis zum Tegernsee – kann der Wirt vielen Geschmacksrichtungen dienen.

Dies sei schon ein besonderes Merkmal in der "Traube", blickt Rita Müller zurück. Eine Gästeszene, die sich seit Jahrzehnten einfindet und dies in einer Umgebung, die "gefühlt" immer gleich blieb:

Der lange Tisch in der Ecke ist noch da, die Vierertischchen positioniert wie in den Gründerjahren, der – freilich mehrfach erneuerte – erdfarbene Wandanstrich im Stil der 1970er. Im Nebenraum kann Billard gespielt oder gekickert werden.

Der Biergarten wurde verschönert. Nur die Live-Auftritte von Bands, oftmals Nachwuchsmusiker, die im Saal über dem Gastraum erste Gigs spielten, wurden angesichts des – zurzeit stillstehenden – vielfältigen kulturellen Angebots in Herzogenaurach, unter anderem auf der Music Base, in den vergangen Jahren rar.

Klar wurde immer wieder renoviert, "aber so, dass es der Gast nicht merkt", beschreibt es der junge Gastwirt. Denn die magische Anziehungskraft der "Traube" beruht auf der Kontinuität. "Das Konzept muss man nicht verändern", stellt Rita Müller fest. Kneipen-Gründer "Joe" Roland Bretting, der zufällig vorbeikommt, lässt kurz Revue passieren, wie in all den Jahren Heizung, Fenster, Fassade, Dach mit wertvoller Nachbarschaftshilfe repariert wurden.

"Es gehört schon viel Idealismus dazu, eine Kneipe zu betreiben", fasst er zusammen. "Ein wenig Kneipe machen", wie es sich die Gründer als Studenten, "damals langhaarige Hippies" dachten, nachdem viele Wirtschaften – Tiffany, Walfisch, Polster-Stüberl – seinerzeit schlossen, stellte sich als Lebensaufgabe heraus. Der Erfolg indes war bemerkenswert: "Wir sind überrannt worden." An dies knüpft die zweite Gastronomen-Generation an.

Keine Kommentare