Wahlkampfendspurt: Hanisch und Hacker im Fernduell

28.2.2020, 07:00 Uhr
Wahlkampfendspurt: Hanisch und Hacker im Fernduell

© Filiz Mailhammer

Am politischen Aschermittwoch trafen sich die Genossen des SPD-Ortsverbands Herzogenaurach zum traditionellen Heringsessen in der Brauereigaststätte Heller. Hauptredner German Hacker sprach klare Worte gegen "Doppelzüngigkeit und hohle Phrasen im Wahlkampf" und räumte auf mit Vorurteilen, die seine Person betreffen.

Gemeinsam getroffene Entscheidungen würden "schlechtgeredet". "Millionengrab Rathaus. Das ist Unsinn. Personen, die den Neubau mitentschieden haben und nun ernsthaft fordern, die Baustelle einzustellen würden hier rund 10 Millionen Euro verbrennen. Die Innenstadt erhält mit dem Bau am ursprünglichen Ort rund 100 Wohnungen und mittelfristig mehr Gewerbeflächen", so Hacker, der die Innenstadt klasse findet:

"Sie wird genutzt. Wir müssen weiter für sie werben und 'Magnete' wie ein Bürgerzentrum schaffen. Dann gelingt auch eine langfristige Stabilisierung. Es geht uns und Herzogenaurach gut. Natürlich brauchen wir stetige Veränderung und keinen Stillstand. Deshalb müssen wir mit vernünftigen Anpassungen Kurs halten." Mit dem "4 plus 1 " Wahlprogramm wollen die Herzogenauracher Sozialdemokraten die Themen Wohnen, Mobilität, Bildung, Arbeit abdecken und Freiraum schaffen. Mit zusätzlichen Förderprogrammen müsse weiterer Wohnraum aktiviert werden und Familien und Bürgern geholfen werden, denen es nicht so gut geht.

Wahlkampfendspurt: Hanisch und Hacker im Fernduell

© Oliver Koprivnjak

Um die Mobilität der Herzogenauracher auszuweiten, soll das Herzo- Bus-System neben der Stadt-Umland-Bahn weiter ausgebaut und mit Jahrestickets gefördert werden. Mit einem maximalen Eigenanteil von 20 Millionen Euro brauche man die Südumfahrung. "Auch wenn manche das nicht hören wollen. Anders können wir den öffentlichen Personennahverkehr aus Fürth nicht ermöglichen", sagte der Bürgermeister.

Mit der Reaktivierung des alten Baumarktstandorts und zwei weiteren Supermärkten will die SPD Versorgungslücken füllen und Arbeitsplätze schaffen.

"Wir verfügen einfach über keine Fläche für einen Baumarkt, die wir neu ausweisen können. Er kann aber an seinem alten Standort reaktiviert werden", so Hacker. Die Zukunft der Mobilität sehe er in wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen. Hierfür sei der Bau einer Wasserstoff-Tankstelle unumgänglich. Der Vorwurf, er würde alles allein bestimmen und die Mehrheit steuern sei falsch und völliger Unsinn. "Das kann ich gar nicht. Aber ich bilde mir meine Meinung in langen Vorüberlegungen und fachlichen Gesprächen. Natürlich diskutieren wir. Und das ist gut so."

Renate Schroff, Vorsitzende des Ortsvereins, möchte mit dem Misstrauen der Wähler aufräumen und mehr Mut zu Demokratie und Sozialstaat machen. Die beiden Amtskollegen positionierten sich klar gegen rechts. Unter keinen Umständen werde man gemeinsame Sache mit Faschisten machen. Hacker: "In Herzogenaurach hat Rassismus nichts verloren. Auch wenn er teilweise unter einem Deckmäntelchen daherkommt."

 

CSU mit Zuspitzung

 

Eine der zentralen Annahmen moderner Wahlkampagnen ist folgende: Nicht jeder Kontakt mit Wahlberechtigten hat dieselben Erfolgschancen. Welche Wählergruppen lohnt es sich also anzusprechen? Da wären einmal diejenigen, die eine bestimmte Partei sowieso wählen würden, aber erst zum Urnengang mobilisiert werden müssen. Und dann wären da noch diejenigen, die sich zumindest theoretisch vorstellen könnten, diese Partei zu wählen, aber erst überzeugt werden wollen.

Überzeugen, wer noch zu überzeugen ist. Mobilisieren, wer noch mobilisiert werden muss. Das ist die Aufgabe, vor der die Kandidierenden etwas mehr als zwei Wochen vor dem Tag der Entscheidung stehen.

Für Sabine Hanisch, Bürgermeisterkandidatin der CSU Herzogenaurach, ist der politische Aschermittwoch deshalb gleich eine doppelte Chance. Sie kann der Basis nochmal frische Energien für den Endspurt zufächeln ("Wir werden die SPD-Bastion knacken!"). Und gleichzeitig ein paar scharfe Attacken in Richtung Konkurrenz schicken ("Das SPD-Logo erinnert mich an das Kaufland-Logo und das hatte hier auch keine Zukunft!").

Womit wir bei einer weiteren Annahme von Wahlkampagnen wären: Amtsinhaber werden nicht gewählt, sondern allenfalls abgewählt. Herausforderer haben nur dann eine Chance, wenn die Wählenden einen Wandel herbeisehnen. Die Opposition stürzt das in ein Dilemma. Keine Angriffe bekräftigen den Status Quo, zu viele Angriffe mögen die Wahlberechtigten auch nicht.

Hanisch löst das Dilemma an diesem Abend einseitig auf. Die Zeit der Zuspitzung und Abgrenzung ist gekommen. Sie geht in die Offensive. Die Kandidatin will klar machen, warum die Bevölkerung mit dem Amtsinhaber brechen sollte.

In ihrer Rede versucht sie das mit einer Verheißung und einem Versprechen. Die Verheißung, das ist das Post-Hacker-Herzogenaurach, das sie entwirft. Sie hält dem Politiker alles Mögliche an Verfehlungen vor.

Und dann folgt das Versprechen, nämlich, dass unter einer Bürgermeisterin Hanisch alles Mögliche besser laufen könnte. "Das SPD-Programm ist nichts anderes als selbstbezogenes Schulterklopfen", erzählt sie. Ob beim Thema Kommunikation, Umwelt oder Großprojekte – "Fremd- und Selbstwahrnehmung fallen bei German Hacker auseinander."

Sie zeichnet das Bild eines Bürgermeisters, der sich von der Realität entfernt habe, "der auf Sendung ist, aber nicht auf Empfang." Sie zeichnet das Bild einer Stadt, deren Inneres dabei sei auszusterben, "deren Rot-Grün-Blindheit irgendwann in den Bankrott führt." Und sie zeichnet das Bild von Arbeitskräften, deren Interessen nicht angemessen vertreten würden, "deren Bürgermeister nichts sehen, sagen und hören will."

Reicht all das, um die Stimmung noch zu drehen? Jetzt, wo die Zeit langsam davonläuft? Moderne Wahlkampagnen gehen von späten Entscheidungen der Bürger aus. Manchmal erst in der Wahlkabine.