Weisendorf: Neuer Glanz in allerletzter Minute

5.5.2021, 05:38 Uhr
Weisendorf: Neuer Glanz in allerletzter Minute

© Foto: Matthias Kronau

Kirchensanierungen heutzutage bergen fast immer Überraschungen. Das liegt an der Bausubstanz, deren maroder Zustand oft erst im Laufe der Bauarbeiten so richtig zutage tritt. Mit der Sanierung verknüpft ist meist auch eine Diskussion über die künstlerische Neugestaltung.

Auch in der evangelischen Kirche in Weisendorf ist das so. Dort wird seit Monaten saniert, im Juli soll die feierliche Einweihung stattfinden. Da herrscht ohnehin einiger Zeitdruck. Wenn dann unvorhergesehene Probleme auftauchen, könnte man an die Decke gehen. Genau das ist in Weisendorf geschehen.

Um zu sehen, was damit gemeint ist, muss man in der Kirche ganz nach oben schauen. Zur Decke, zu einem großen runden Himmelfahrtsgemälde. Es ist die Kopie eines Kupferstiches von Julius Veit Hans Schnorr von Carolsfeld, einem Maler der Romantik. Eine 140 Jahre alte Kopie, ziemlich verblasst und verdreckt.

Das Konzept von Gerhard Rießbeck, der zusammen mit Meide Büdel mit der künstlerisch-theologischen Neugestaltung der Kirche beauftragt worden ist, sah nun vor, über dieses 140 Jahre alte Gemälde eine neue künstlerische Arbeit zu hängen. Ein großes, rundes Gemälde zum Thema Lebensfaden mit einer intensiv gelben Verwebung, die in ihrer lichten Farbigkeit wie eine Energiequelle über allem schweben und auf den Bund Gottes mit den Menschen hinweisen sollte. Das Thema Lebensfaden (von der Geburt über den Tod zur Auferstehung) soll künftig malerisch in der ganzen Kirche präsent sein. Es wird zusammen mit weiteren gestalterischen Elementen zu einer neuen Anmutung der Kirche führen.

Weisendorf: Neuer Glanz in allerletzter Minute

© Foto: Matthias Kronau

Im Laufe der vergangenen Monate hat sich aber gezeigt, dass es Bedenken gab, das alte Gemälde zu überdecken. Auch wenn das Himmelfahrtsgemälde nur eine Kopie ist, die 1884 der Nürnberger Theater- und Kulissenmaler Böhner angefertigt hat, und nach Expertenansicht kein absolut schützenswertes Werk ist, so haben die Diskussionen der vergangenen Wochen doch ergeben: "Es ist ein Stück Identität in dieser Kirche", wie es Pfarrer Wilfried Lechner-Schmidt formuliert. Der Kirchenvorstand hat im Austausch mit Gerhard Rießbeck einen Kompromiss gefunden: Das alte Bild bleibt, und das Motiv für das eigentlich vorgesehene neue Deckenbild wird in die Holztäfelung der Orgelempore integriert.

Daraus ergab sich nun aber ein Problem: Da lange Zeit davon ausgegangen worden war, dass das alte Himmelfahrtsbild überdeckt wird, wurde es in die Sanierungsplanung nicht einbezogen. Folge: Das vergilbte und verdunkelte Bild würde jetzt, im neuen hellen Kircheninnenraum, einen seltsam farblosen und traurigen Eindruck machen. Als hätte man es bei der Sanierung vergessen.

Was tun in aller Eile, musste sich der Kirchenvorstand fragen, denn das Innengerüst in der Kirche würde nicht mehr lange stehen. Der erfahrene Restaurator Andreas Wüst aus Wachenroth wurde hinzugezogen, und der signalisierte schnell, dass das zu schaffen sei. "Mir war klar, dass Putz und Gemälde in einem so guten Zustand sind, dass eine intensive Reinigung gelingt, ohne dass mir Teile des Gemäldes entgegenkommen." Nach wenigen Tagen erstrahlte das Himmelfahrtsbild in altem Glanz. Es ist kaum zu glauben, dass es sich tatsächlich um die alten Farben von vor 140 Jahren handelt. Vor wenigen Tagen war Endkontrolle, in der vergangenen Woche wurde das Gerüst abgebaut.

Pfarrer Lechner-Schmidt ist froh über den gefundenen Kompromiss und vor allem darüber, dass das alte Gemälde so schnell doch noch gereinigt werden konnte. "Es passt sich aufgrund seiner neuen Farbigkeit gut in die künstlerische Neugestaltung der Kirche ein."

Sobald nun der Boden verlegt ist, starten Gerhard Rießbeck und Meide Büdel mit ihrer Arbeit. Ganz am Ende wird die Orgel gereinigt und neu gestimmt. Am 18. Juli kommt Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern zur feierlichen Eröffnung.

 

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