Wenn das "Antibiotikum" aus eigenem Anbau kommt

19.7.2020, 06:00 Uhr
Wenn das

© Foto: Rainer Groh

Gestalten mit lebenden Organismen: ein unwiderstehlicher Reiz, der Menschen immer wieder dazu bringt, schwere körperliche Arbeiten mit einfachen Werkzeugen in gebückter Haltung zu verrichten und danach von "Hobby", "Ausgleich" und "Vergnügen" zu sprechen.

"Du denkst anders bei der Gartenarbeit", so drückt der Röttenbacher Georg Hornung es aus. Er und seine Frau Rita teilen sich mit der Familie der Schwägerin eine Oase am westlichen Ortsrand Röttenbachs. Insgesamt gut 920 Quadratmeter, bestanden mit Obstbäumen aller Sorten vom Apfel über Pfirsich bis zur Zwetschge, Beerensträuchern und vor allem Gemüse. Die Fläche ist längs geteilt, beide Familien bebauen ihre Hälfte nach eigenem Gusto. Im Zentrum ein Brunnen. Ohne dessen Wasser wäre hier kein Garten möglich.

Ernten und entspannen, das sind für Georg Hornung seit 20 Jahren die Pole des Gärtnerns. Er ist täglich im Garten, freut sich auf seine Kartoffeln und den Mangold ebenso sehr wie über die Rast auf dem Gartensessel neben dem Geräteschuppen, wo auf dem Weg in den Neuhäuser Wald Jogger, Spaziergänger und Bierkeller-Wanderer an seinem Garten vorbeiziehen.

Ein bisschen Natur haben die Hornungs in ihre Garten-Architektur einbezogen. Man muss was für die Bienen tun, sagen sie. So gibt es eine große Fläche mit violetter Phazelia und gelben Wiesenblumen, in der es zur Blütezeit ausgiebig summt.

Doch eigentlich geht es um Obst und Gemüse. Der Garten war früher ein Feld, man hat den Acker quasi veredelt und ihn dann ins Herz geschlossen. So sehr, dass das Baugebiet Röttenbach-West, das die Gemeinde unmittelbar östlich davon plant, nur bis an den Zaun reichen wird. Der Garten bleibt.

Der 76-Jährige wird seine 1000 Arbeiter, so nennt er die Organismen in seinem Komposthaufen, weiter mit Humusproduktion beschäftigen und eine blühende Boden-Polizei zur Abschreckung des Kartoffelkäfers einsetzen. Tagetes, Studentenblume oder auch "stinkender Heinrich" genannt, ist nämlich die Geheimwaffe im Kartoffelbeet. Wo sie zwischen den Knollenpflanzen wächst, lässt sich kein Käfer blicken. Und Drahtwürmer fressen statt Kartoffeln die Tageteswurzeln an. Woran sie eingehen.

Kein Dünger, nur Kompost. Kein Pflanzenschutzmittel außer Brennnesselsud und in Extremfällen mal eine Einreibung mit zerkleinerter Rinde des Neem-Baums. Das sind weitere Prinzipien des Hornung-schen Gartenbaus. Und der Mondkalender. Ihm entnimmt Hornung immer wieder guter Tipps, wie er sagt.

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© Foto: Rainer Groh

Auch Gemüsebeete können Ästhetik vermitteln. Rote Rüben wechseln sich ab mit Sellerie und Porree, Mangold mit Paprika. Hokkaido-Kürbis und Zucchini, verschiedene Sorten miteinander gedeihen besser. Zwischen den Beeten stets eine Rechenbreite Durchgang.

Auch sein "Antibiotikum" baut Georg Hornung selbst an. So nennt er ob ihrer gesunderhaltenden Eigenschaften die Zwiebeln. Sie nehmen ein ganzes Beet ein. Nach Gärtnertradition tritt Hornung auch das Grün um, damit die Knollen größer werden. An Schnüren in der Garage aufgehängt, bilden sie einen Vorrat oft bis in den Mai. Für die Gesundheit auch ein ganzes Beet Pfefferminze. Der Grundstoff für den gesunden Tee ist gärtnerisch heikel: Sät die Minze sich aus, verliert die nächste Generation an Aroma. Minze muss man fexern.

Hornungs haben sich ihr Know-how auch durch Ausprobieren erworben. Dieses Jahr wurde Holunder in den Garten eingeführt, auf Wunsch der Tochter auch essbare Blumen. Geschmackssache. Die Zeiten ändern sich. Noch letztes Jahr war "Corona" nur die Sorte Erdbeeren, die ganz hinten wächst im Garten.

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