Wenn die "Gechers" die große Flatter bekommen

16.6.2019, 17:17 Uhr
Wenn die

Kurz zuvor stand der Coach der Hemhofen Gechers noch im Kreis mit seinen Spielern zusammen und raunte ihnen ein paar aufmunternde Worte zu. Jetzt hält er einen Moment inne und versucht das Spiel Revue passieren zu lassen. Und so ganz ist der Ärger noch nicht verflogen.

Wie lässt sich dieser beispiellose Einbruch erklären? "Ich glaube, meine Jungs haben das Ganze nach dem ersten Viertel zu locker genommen", erklärt Sinner. "Im Grunde haben wir dem Gegner dann zwei Touchdowns geschenkt." Dabei sieht es im ersten Viertel vor 200 Zuschauern nach einer Hemhofener Machtdemonstration aus. Die Defense der Gechers übt viel Druck auf den Gegner aus. Die Offense wiederum nutzt die großen Lücken im Zentrum der Bamberger Laufverteidigung gnadenlos aus.

Frühe Führung

Bereits mit dem zweiten Spielzug der Partie geht das Team mit dem Hahn-Emblem in Führung. Patrick Müller tankt sich erst durch die gegnerische Offensive Line und anschließend in die Endzone. Nur wenige Minuten später ist Müller im Laufspiel erneut nicht zu stoppen. Wieder Touchdown. Wieder Jubel bei den Roten. Doch die Demontage geht noch weiter: Kurz vor dem Ende des ersten Viertels reicht wieder ein einzelner Laufspielzug, um die gegnerische Verteidigungslinie zu durchbrechen. Kai Meister sorgt damit für eine vermeintlich komfortable 21:0-Führung.

Man fühlt sich in diesem Moment zurückerinnert an das erste Hemhofener Heimspiel in der Debüt-Saison des vergangenen Jahres. Damals wirkten die Gechers noch enorm unerfahren, die Spielweise enorm unstrukturiert, der Zufall hatte zu viel Einfluss. Nur mit großem Willen und ein paar riskanten strategischen Kniffen des Trainerteams gelang dem Team der Auftaktsieg. Inzwischen ist ein Jahr vergangen. Ein Jahr, um zusammenzuwachsen, um gefestigter zu werden, um Zufälle zu reduzieren. Ein Jahr, um das berüchtigte Playbook mit all den Spielzügen zu lernen.

Im direkten Kontrast dazu stehen die Phantoms. Der Verein, der 2010 gegründet wurde, spielte bereits in der Landes- und Bayernliga. Doch nachdem im vergangenen Sommer ein Großteil der Mannschaft zum Rivalen Bamberg Bucks abgewandert war, musste das Team eine einjährige Zwangspause einlegen, um sich neu aufzustellen.

In diesem ersten Viertel wirken die Phantoms wie die Gechers vor einem Jahr. Unerfahren, unstrukturiert und geplagt vom Zufall. Ein Schritt zu spät, ein Jahr hinterher. Das Team, das eine Entwicklung durchlaufen ist, zeigt dem Team, das diese Entwicklung noch vor sich hat, die Grenzen auf. Ein wunderschönes Narrativ. Bis es sich in Luft auflöst.

Nach dem ersten Viertel verlieren die Gechers ihren Quarterback. Marcel Breitkopf, der bereits vor der Partie angeschlagen war, verlässt das Feld und kehrt ohne Football-Trikot zurück. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie Sinner nach dem Spiel erklären wird. Aber eben auch eine Entscheidung, die den Spielstand schon bald völlig auf den Kopf stellt.

Ab dem zweiten Viertel läuft bei Hemhofen nichts mehr zusammen. All das strukturierte Zusammenspiel, das zuvor noch so positiv herausstach, scheint plötzlich weg zu sein. Vor allem die Offense liegt ohne Stamm-Quarterback brach. Lange Ballbesitzphasen durch viel Laufspiel – das System der Gechers bricht in sich zusammen. Nach praktisch einer Minute sind die Offensiv-Drives schon wieder beendet.

Und je mehr die Hähne abbauen, desto mutiger werden die Phantoms. Bamberg ist nicht wiederzuerkennen. Die Gäste befreien sich aus ihrer Schockstarre und werden strategisch flexibler. Vor allem die Connection zwischen Quarterback Jens Schubert und Receiver Oliver Axmann, die sich schon im ersten Saisonspiel als wichtig erwies, ist nun wieder intakt.

Und die Aufholjagd beginnt. Mettin Altunbulak sowie Jens Schubert sorgen mit ihren Läufen in die Endzone für zwei Touchdowns im zweiten Viertel. Ein erfolgreiches Field Goal später steht es zur Halbzeit nur noch 16:21.

Defense im Dauereinsatz

Die Defense der Gechers versucht alles, schmeißt sich in jeden Ball, will die Führung irgendwie über die Zeit retten. Doch weil die Offense den Ball nicht halten kann, ist die Defense in der zweiten Hälfte im Dauereinsatz. Und jeder erkennt: Das kann nicht mehr lange gutgehen.

Schließlich ist es die eine Verschnaufpause zu wenig, die eine Unkonzentriertheit zu viel. Der Bamberger Quarterback Schubert erkennt die entscheidende Lücke, sprintet hindurch und bringt sein Team den knappen 22:21-Erfolg.

Am Ende hat Thomas Sinner doch noch ein Lächeln auf den Lippen. Immerhin weiß er jetzt, woran es seinem Team noch mangelt. "Das waren heute viele individuelle Fehler. Aber das sind alles Dinge, die man trainieren muss und das haben die Spieler mittlerweile verstanden", sagt der Coach. "Wir müssen uns spielerisch noch verbessern. Und wir brauchen etwas mehr Football-Sachverstand." Auch im zweiten Jahr ist die Entwicklung eines Football-Teams noch lange nicht zu Ende.

 

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