Wer hilft mit beim Vogelzählen in ERH?

8.1.2021, 09:00 Uhr
Wer hilft mit beim Vogelzählen in ERH?

© Foto: Tony Hamblin/FLPA

Blaumeisen gehören zu den beliebtesten Wintergästen am Futterhäuschen. Gehackte Erd- und Walnüsse, Sonnenblumenkerne und Fett helfen den Vögeln mit dem blauen Häubchen, ihren hohen Energiebedarf bei niedrigen Temperaturen zu decken.

Sie sind nämlich wahre Artisten: Als Leichtgewichte können die Blaumeisen mit ihren kräftigen Füßchen auch an äußersten Zweigspitzen herumturnen und hängend nach Insekten angeln. "Cyanistes caeruleus", wie die Biologen sie nennen, gehören zu den Standvögeln, das heißt, sie bleiben – im Gegensatz zu den Zugvögeln – ganzjährig in ihrem Gebiet. Wenn überhaupt, ziehen Blaumeisen nur kurze Strecken nach Südwesten. An Meisenringen und Futterspendern lassen sie sich jetzt oft beobachten und eignen sich dadurch besonders gut für die bundesweite "Stunde der Wintervögel", der Mitmachaktion, die der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) gemeinsam mit seiner bayerischen Schwesterorganisation, dem Landesbund für Vogelschutz (LBV), für den 8. bis 10. Januar wieder ausgerufen hat.

"Ganz einfach durch eine Stunde Beobachtung von der eigenen Wohnung, dem Garten oder Balkon aus kann jeder mithelfen, eine detaillierte Momentaufnahme der Vogelwelt in unseren Städten und Dörfern zu ermöglichen", erklärt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des Nabu Hessen. Im Klartext: Eine Stunde gucken, zählen, wie viele Blaumeisen und andere Vögel man in der Zeit sieht, und die Zahl an den Nabu oder den LBV melden.

Immer sehr gute Beteiligung

Seit 2005 rufen Nabu und LBV die Bürger zweimal jährlich zur Vogelzählung auf. Bereits im Frühjahr 2020 zeigte sich bei der "Stunde der Gartenvögel" eine überwältigende Rekordteilnahme: Über 25 500 Vogelfreunde alleine in Bayern zählten im Mai vergangenen Jahres Vögel im eigenen Garten und meldeten diese dem LBV. "Wir haben bei den Vogelzählungen eigentlich immer eine sehr gute Beteiligung", freut sich Christoph Daniel, LBV-Kreisgruppenvorsitzender Erlangen-Höchstadt.

Wer hilft mit beim Vogelzählen in ERH?

© Foto: LBV

Er findet es wichtig, die Bevölkerung zu sensibilisieren und ihnen die Vogelwelt näherzubringen. Und auch einen wissenschaftlichen Nutzen hat die Vogelzählung. "Das ist eine tolle Aktion, bei der viele Standorte gleichzeitig beobachtet werden", sagt er. "Und je mehr Menschen mitmachen, desto besser kann man Aussagen über Bestandsentwicklung und eventuelle Trends treffen."

So bestätigte sich bei der "Stunde der Gartenvögel" im vergangenen Mai leider eine schlimme Vermutung: Die Zahl der Blaumeisen hatte gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent abgenommen. Auch wenn es noch geschätzt knapp 8 000 000 erwachsene Tiere in Deutschland gab, war die Blaumeise innerhalb eines halben Jahres von Rang drei der häufigsten Vogelarten in Deutschland auf Rang sechs gerutscht.

Massensterben im Frühjahr

Was war geschehen? Schon im März 2020 gab es viele Meldungen über kranke und sterbende Blaumeisen. Apathie, gesträubtes Gefieder, Atemnot und unstillbarer Durst waren Symptome einer Lungenentzündung, der viele Blaumeisen zum Opfer fielen. Am schlimmsten war es in einem Gürtel, der von Belgien über das südliche Nordrhein-Westfalen und Mittelhessen bis ins westliche Thüringen reichte. Ursache für das Blaumeisensterben war das Bakterium "Suttonella ornithocola", das erstmals 1996 in Großbritannien nachgewiesen worden war. In Deutschland trat es erst im April 2018 auf. Zu einem Massensterben wie im Frühjahr 2020 war es aber zuvor noch nie gekommen. Auch Tannenmeisen, Kohlmeisen und Schwanzmeisen waren betroffen, wenn auch nicht im selben Ausmaß wie die Blaumeisen. Kein Risiko besteht dagegen für Menschen und Haustiere.

"Wir wünschen uns bei der Winterzählung natürlich ein besonderes Augenmerk auf die Blaumeisen", sagt Markus Erlwein, Pressesprecher beim LBV. Wie es ihnen mittlerweile geht, wissen auch er und seine Mitarbeiter beim Landesbund für Vogelschutz nicht. Aber eines ist ihm wichtig: "Wir sollten frühzeitig sagen, wenn etwas falsch läuft, und nicht immer warten, bis ein Vogel die Rote Liste erreicht."

Eine gefährdete Art ist die Blaumeise nicht. Aber Erreger wie das Bakterium "Suttonella ornithocola" besorgen die Vogelschützer. Auch Amseln und Grünfinken sind in den vergangenen Jahren massenhaft an Krankheiten verendet: an dem Usutu-Virus, das von Mücken übertragen wird und mit dem West-Nil-Virus verwandt ist, und an Trichomonaden, die sich an verkoteten Vogelhäuschen breitmachen und bei Wärme besser ausbreiten. Wer also Vögel füttert, sollte die Futterstellen sauber halten oder besser noch auf Futterspender zurückgreifen.

Trend: überwinternde Zugvögel

Für Experten ist es nun spannend herauszufinden, ob der Effekt der Blaumeisen-Epidemie auch im Winter noch spürbar ist: "Wir hoffen, dass die Meisen die Verluste durch ihre Bruten im Sommer zumindest teilweise ausgleichen konnten", erklärt Eppler. Ebenso spannend wird sein, ob sich andeutende Trends wie überwinternde Zugvögel sich noch deutlicher zeigen als in den Vorjahren. Mit großem Interesse erwarten die LBV-Artenschützer daher das Abschneiden einiger Vogelarten, die sich bei den bisher eher milden Wintertemperaturen den gefährlichen Flug in die Überwinterungsquartiere im Mittelmeerraum gespart haben.

So wurden Star, Mönchsgrasmücke, Hausrotschwanz, Zilpzalp und Bachstelze diesen Winter in Bayern bisher öfter als im vergangenen Jahr gesichtet. "Eine aussagekräftige Antwort, ob es diesen Winter mehr Daheimbleiber in Bayern gibt, kann nur durch die Mithilfe möglichst vieler Teilnehmer und Teilnehmerinnen gegeben werden", sagt die LBV-Biologin Annika Lange.

Kostenloser Online-Kurs

Wer vor der Zählung sein Vogelartenwissen noch etwas verbessern möchte, dem bietet der LBV ab sofort auf seiner Webseite einen neuen kostenlosen Onlinekurs zu den zwölf häufigsten Wintervögeln an. Jederzeit buchbar, können Anfänger so in nur 45 Minuten das Wichtigste über Vogelbeobachtung und Vogelbestimmung lernen.

Die Online-Führung von Christoph Daniel, "Wintervögel im Botanischen Garten Erlangen", findet am Samstag, 9. Januar, von 14 bis 15 Uhr statt. Dazu einfach auf den Link auf der Startseite www.erlangen.lbv.de klicken.

Und so wird gezählt: Von einem ruhigen Beobachtungsplätzchen aus wird von jeder Vogelart die höchste Anzahl notiert, die im Laufe einer Stunde gleichzeitig zu beobachten ist. Die Beobachtungen können im Internet unter www.stunde-der-wintervoegel.de bis zum 18. Januar gemeldet werden. Die ausgewerteten Ergebnisse werden hier ebenfalls dargestellt. Auch sind Meldungen per Post (Einsendeschluss 18. Januar) und per Telefon am 9. und 10. Januar jeweils von 10 bis 18 Uhr unter der kostenlosen Rufnummer (08 00) 11 57-1 15 möglich.

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