Wie es in Erlangen-Höchstadt um die Windkraft steht

20.10.2020, 06:00 Uhr
Wie es in Erlangen-Höchstadt um die Windkraft steht

23 Prozent der Anlagen in Deutschland benötigen laut einer aktuellen Studie bis zum Jahr 2025 eine neue Vermarktungsform für den erzeugten Strom. Anderenfalls müssten sie stillgelegt werden, denn der garantierte Strompreis nach dem EEG wird nach Inbetriebnahme maximal 20 Jahre lang gezahlt. Die Schweizer Stromproduzentin und Energiedienstleisterin Alpiq hat die Studie in Auftrag gegeben, die auch ausführt, dass mehr als die Hälfte der betroffenen Anlagen im Norden Deutschlands liegen.

Deshalb kann Stefan Paulus für den Landkreis Erlangen-Höchstadt auch Entwarnung geben. Er ist Projektentwickler bei der Firma "Wust Wind & Sonne", die unter anderem in Mühlhausen, Lonnerstadt und im gemeindefreien Waldstück "Birkach" – zwischen Höchstadt und Weingartsgreuth – Windstrom erzeugt. "So alte Anlagen haben wir gar nicht." Seit Anfang 2013 drehen sich vier Windräder auf der Höhe zwischen Decheldorf und Mühlhausen – eine der ersten Anlagen im Landkreis. Es ist also noch Zeit bis die Preisgarantie ausläuft.

Rückenwind durch große Konzerne

Im Norden wird es sicher Altbetreiber geben, die abbauen müssen, meint Paulus. Das heißt aber nicht, dass die große Flaute droht. Im Gegenteil. "Die erneuerbaren Energien sind die Zukunftsbranche schlechthin." Die deutsche Technologie, die Arbeitsplätze garantiere auch bei Zulieferern wie Schaeffler oder Imo, sei bundesweit und global gefragt. Rückenwind schaffe der Anspruch vieler größerer Konzerne, CO2-neutral werden.

Und auf dem Weltmarkt ist wohl ein regelrechter Sturm ausgebrochen. "Es gibt inzwischen lange Lieferzeiten für Windkraftanlagen, weil Investoren aus USA und China alles leerkaufen", erzählt er. Deutschland müsse da weiter vorangehen. Seit einigen Jahren ist die Firma "Wust Wind & Sonne" dabei, den eigenen Strom aus den Bürgerwindparks auch selbst zu vermarkten. RegioGrünStrom GmbH habe bereits über 1000 Kunden, Tendenz steigend.

Auch die Studie bescheinigt: In Bayern haben Betreiber "gute Chancen, mit Hilfe neuer Vertragskonstruktionen private Abnehmer für ihren Strom zu finden." Ein Grund sei die hohe Industriedichte, die andererseits aber auch die Suche nach Standorten für neue oder größere Anlagen erschweren kann.

Denn was nutzt das ganze Aufbrausen, wenn am Ende der Platz ausgeht? Auch hier ist Stefan Paulus optimistisch. Die sogenannte 10-H-Regelung werde oft missverstanden. Sie schreibt vor, dass ein Windrad in Bayern einen Mindestabstand vom Zehnfachen seiner Höhe zur nächsten Wohnbebauung einhalten muss. Nur dann ist es baurechtlich privilegiert und damit zulässig auf Flächen, für die kein qualifizierter Bebauungsplan besteht. "Die Gemeinden können ja aber Bebauungspläne aufstellen, um Projekte auf den Weg zu bringen." Bei der Flächensuche helfen sollen jetzt auch sogenannte "Windkümmerer" im Zug der bayerischen Windenergieoffensive "Aufwind".

Rückenwind seit der Kommunalwahl

Anschub bekommt die Energiewende auch, seit die Kommunalwahl Mehrheiten verändert hat. "Totale Aufbruchstimmung" herrscht laut Paulus bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen, weil der Freistaat diese gerade vermehrt fördert. "Ein Projekt wie das in Mühlhausen ist für uns der Königsweg", sagt der Projektentwickler. Denn es kombiniert die Formen der Energiegewinnung – neben einem Windrad ist auch eine Solaranlage mit Speicher geplant.

103 Windräder hat die "Wust Wind & Sonne" aus Markt Erlbach schon in Bürgerwindparks projektiert. "Und in Erlangen-Höchstadt tut sich einiges", verrät Paulus. Es sei noch nicht alles spruchreif – der Wind aber weht wohl nach vorne.

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