"Wiege der Sportindustrie": Wie die Region von Adidas profitiert

16.8.2019, 05:38 Uhr

© Eduard Weigert

Aktuell merkte man das bei den Feiern zum 70. Geburtstag des Unternehmens, zu dem Weltstars der Unterhaltungsbranche wie Pharell Williams und des Sports wie Philipp Lahm als Ehrengäste kamen.

Dass es Adidas so gutgeht, freut einen besonders: Bürgermeister German Hacker. Der kommt gar nicht aus dem Schwärmen heraus, wenn er über den Konzern spricht, der allein am Stammsitz rund 5600 Arbeitsplätze (von weltweit gut 57.000) sichert: "Herzogenaurach ist die Wiege der Sportindustrie – weltweit. Adidas ist natürlich ein ganz wesentlicher Teil des industriellen Standorts Herzogenaurach und ein Leuchtturm nicht nur für unsere Stadt, sondern für die gesamte Metropolregion."

Schub nach Army-Abzug

Das Wachstum hat in den 1990er Jahren noch einmal enorm an Schub gewonnen, als die US-Armee den Standort auf der Herzo Base räumte. Dann erst konnte adidas richtig expandieren – bald wird der ehemalige Stammsitz im Stadtzentrum komplett aufgegeben. Die letzten verbliebenen Gebäude werden an den Nachbarn Schaeffler verkauft.

Die Zahlen sind beeindruckend, die Firmensprecher Oliver Brüggen nennt: "Adidas hat 350 Millionen Euro in den jüngsten Ausbau der World of Sports investiert. Insgesamt haben wir damit seit Bezug der World of Sports im Jahr 1999 eine Milliarde Euro in den Ausbau des Geländes investiert." Auf der Herzo Base ist inzwischen neben einem großen Wohngebiet die "World of Sports" aus dem Boden geschossen – eine architektonisch teils verwegene Ansammlung der unterschiedlichsten Firmengebäude: Büros, Testlabore, Veranstaltungsräume, das Brandcenter als eine Art Messehalle, Kindergärten, Parkhäuser und natürlich Sportanlagen.

Der Adi-Dassler-Sportplatz, 2005 fertiggestellt, dient nächstes Jahr der deutschen Fußballnationalmannschaft als Trainingsplatz, auf dem Adidas-Campus werden auch noch Unterkünfte für den DFB-Tross geschaffen. Bürgermeister Hacker: "Das geschieht ja nicht, weil Herzogenaurach so ein hübsches Städtchen ist, sondern weil Adidas diese Magnetfunktion besitzt."

Und so stuft der Politiker den Imagefaktor fast genauso hoch ein wie die wirtschaftliche Bedeutung des Turnschuh- und Textilgiganten. Zweifellos habe die Stadt "nennenswerte" Gewerbesteuereinnahmen durch die "großen Drei", welche die Finanzkraft der Stadt erhöhen, aber ähnlich wichtig seien die positiven Folgen: Alle diese Menschen müssten essen, trinken, einkaufen. Und vom Bauboom in der "World of Sports" profitiere die regionale Wirtschaft ebenfalls enorm, so Hacker.

Irgendwann, in schlechteren Konjunkturzeiten, hatte man bei Adidas möglicherweise einmal darüber nachgedacht, den Firmensitz zu verlegen; nach den Investitionen in Milliardenhöhe in Herzogenaurach ist der Verbleib quasi "in Beton gegossen", wie der Bürgermeister meint.

Enkel waren dabei

Und das findet er gut. Schließlich habe Adidas gegenüber Konkurrenten den großen Vorteil, dass man eben über genau die Firmen-Historie verfüge, um die man sie überall beneide. Was Hacker bei der Jubiläumsfeier gefallen hat: "Dass Adi Dasslers Tochter Sigrid Dassler-Malms und inzwischen auch die Enkel-Generation mit dabei waren, zeigt doch, wie sehr der Konzern in Herzogenaurach verwurzelt ist – auch wenn es natürlich schon lange kein Familienunternehmen mehr ist."

Und nun die Gegenfrage: Was bedeutet Herzogenaurach für Adidas? Firmensprecher Oliver Brüggen: "Sportartikel, Innovation und Herzogenaurach – diese drei Begriffe sind seit 70 Jahren untrennbar mit Adidas verbunden. Aus Herzogenaurach gehen unsere Produkte in die ganze Welt – der Weg nach Herzogenaurach ist hingegen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr beschwerlich. Adidas hat enorme Summen in den Standort investiert und ist einer der beliebtesten Arbeitgeber. Wir wollen das auch in Zukunft sein und erwarten die Unterstützung der Region bei kurzfristigen Lösungen. Sowohl im Individual- als auch im öffentlichen Nahverkehr."

Unterstützung sichert Hacker zu: "Natürlich ist die öffentliche Hand in der Pflicht, die Infrastruktur für die großen Arbeitgeber und deren Mitarbeiter auf einen guten Stand zu bringen." Das ist allerdings eine Mammutaufgabe: Herzogenaurach hat mehr Arbeitsplätze (25.172) als Einwohner (24.500). Über 20.000 Menschen kommen von außerhalb – und das (noch) ohne eine Schienenanbindung.

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