Im Überblick: Die Hochschullandschaft ist in Bewegung

15.9.2018, 05:57 Uhr
An der Technischen Uni Nürnberg werden bis zu 6000 Studenten nach einem neuen Modell studieren können.

© Foto: Uwe Anspach/dpa An der Technischen Uni Nürnberg werden bis zu 6000 Studenten nach einem neuen Modell studieren können.

Welche wegweisenden Entscheidungen sind getroffen worden?

Den überraschendsten und weitreichendsten Beschluss für Nürnberg und die Metropolregion fällte das Kabinett im Mai 2017, als es den Weg für eine neue Technische Uni (TUN) in Nürnberg ebnete. Allein die Investitionskosten liegen bei 1,2 Milliarden Euro. Entstehen wird der Campus für bis zu 6000 Studenten auf einem 37 Hektar großen Grundstück auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs im Stadtsüden.

Wie wirkt sich das auf die bestehenden Hochschulen aus, vor allem auf die Uni Erlangen-Nürnberg (FAU)?

Der ursprüngliche Plan der Staatsregierung, der in Erlangen angesiedelte Technischen Fakultät (TechFak) der FAU ein Wachstum auf dem AEG-Areal in Nürnberg zu ermöglichen, war bereits vor dem TUN-Beschluss gescheitert. Stattdessen soll die TechFak in Erlangen weiterentwickelt werden, auf dem im Stadtsüden entstehenden Siemens-Campus und auf dem Uni-Südgelände.

Welche weiteren strukturellen Änderungen gibt es für die FAU?

Nordbayerns größte Uni erhält ein Geisteswissenschaftliches Zentrum, in dem die auf mehrere Standorte verteilte Philosophische Fakultät einzieht. Neue Heimat wird der Sitz der Siemens-Hauptverwaltung, der Himbeerpalast. Morgen wird der Vertrag unterschrieben.

Ein Machtwort Seehofers

Weshalb hat es so lange gedauert, bis diese Lösung für die FAU vorlag?

Trotz langem Hin und Her erwiesen sich die Kosten für das Nürnberger Erweiterungs-Grundstück am Ende als zu hoch. Außerdem hätten die "Auf AEG" vorgesehenen Flächen kaum ausgereicht. Kritiker aus den Reihen der Hochschulen und der Landtags-Opposition sahen einen Anteil am Scheitern des Ursprungskonzepts und am beträchtlichen Zeitverlust allerdings auch bei den seinerzeit zuständigen CSU-Ministern Ludwig Spaenle (Wissenschaft), Markus Söder (Finanzen) und Joachim Herrmann (Bauen). Sie hätten, so einer der Vorwürfe, zu früh über Details gesprochen, ohne unterschriebene Verträge in der Tasche zu haben. Das habe den Grundstückspreis unnötig in die Höhe getrieben. Erst ein Machtwort des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer beendete die Standort-Diskussion.

Wie wirkte sich diese Verzögerung noch aus?

Die gescheiterten Kaufverhandlungen des Freistaats für das AEG-Areal durchkreuzten ebenfalls die Ausbaupläne der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg.

Wie geht es mit den Erziehungswissenschaften der FAU weiter?

Die Erziehungswissenschaften bleiben in Nürnberg, erhalten aber im Stadtnorden eine neue Bleibe, möglicherweise auf dem Schöller-Areal.

Welche Flops sind zu beklagen?

Weder Ministerium noch Hochschulen wollen sich diesbezüglich äußern. Zum Beispiel, weil "es keine Projekte gab, die wir als Flops bezeichnen würden", schreibt Sandra Kurze, Vize-Leiterin Kommunikation und Presse an der FAU. Oder, wie es Markus Zanner, Kanzler der Uni Bayreuth, sagt: "In der Wissenschaft gibt es keine Flops, auch aus negativen Erfahrungen kann man lernen."

Was tut sich ansonsten in der nordbayerischen Hochschullandschaft?

Die TH Nürnberg erhält zum Beispiel für 42 Millionen Euro ein Informationszentrum mit Bibliothek und Rechenzentrum. In Neumarkt wurde mit dem Studiengang "Management in der Bio-Branche" ein TH-Standort errichtet. Ausgebaut wird an der Uni Würzburg das Klinikumsgelände. An der Uni Bayreuth wurde das Zentrum für Batterietechnik gegründet. Ein Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften entstand an der Uni Bamberg.

Eine Uni-Klinik für Augsburg

Wie viel Geld floss zuletzt aus München für Forschung und Wissenschaft in die Region?

Je Jahr entfielen zwischen 680 Millionen Euro (2014) und 741 Millionen Euro (2017) allein auf den Wissenschaftsstandort Nürnberg-Erlangen-Fürth. Der Gesamtetat betrug im fraglichen Zeitraum je Jahr zwischen 4,34 Milliarden Euro (2013) und 4,85 Milliarden Euro (2017).

Welche zentralen Projekte wurden andernorts auf den Weg gebracht?

Mit Kosten von einer Milliarde Euro war der Aufbau einer sechsten Medizinischen Fakultät im Freistaat in Augsburg eines der teuersten Vorhaben. Dieses sieht vor, das dortige, seit über 30 Jahren bestehende Klinikum in ein Uni-Klinikum umzuwandeln.

Wie baute Ministerpräsident Söder im März 2018 sein Kabinett um?

Das Kultus- und Wissenschaftsministerium wurde wieder geteilt. Während Staatssekretär Bernd Sibler (CSU) Bildungsminister wurde, verlor Ludwig Spaenle (CSU) sein Amt als Kultus- und Wissenschaftsminister. An seiner statt holte Söder überraschend die Medizin-Professorin Marion Kiechle als Wissenschafts- und Kunstministerin in sein Kabinett. Die zunächst parteilose Wissenschaftlerin trat kurz nach ihrer Berufung der CSU bei. Ob die politisch unerfahrene Kiechle auch nach der Landtagswahl im Kabinett sitzt, gilt als fraglich. Große Akzente konnte sie jedenfalls bisher nicht setzen.

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