Verbesserungen nur langsam

Immer noch zwei Drittel der Asylunterkünfte in Mittelfranken ohne Wlan

28.10.2021, 05:55 Uhr
Zumindest die Anker-Zentren im Freistaat sind fast flächendenkend mit Wlan ausgestattet. 

© Gibbs Zumindest die Anker-Zentren im Freistaat sind fast flächendenkend mit Wlan ausgestattet. 

Eigentlich sollte im Jahr 2021 eine funktionierende Internetverbindung selbstverständlich sein. Dass dem nicht so ist, zeigt nicht nur ein Blick in einige bayerische Dörfer, sondern auch in die Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete: Der Familie schreiben, Mails checken oder online an Integrationskursen teilnehmen, dafür müssen Asylbewerber im Freistaat teils erst öffentliche Hotspots suchen.

Denn fast in jeder zweiten dieser Unterkünfte in Bayern können die dortigen Bewohner derzeit nicht auf Wlan zurückgreifen, in Mittelfranken haben sogar zwei Drittel der Einrichtungen kein funktionierendes Internet. Das zeigen die Zahlen aus einer Antwort des bayerischen Innenministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion. Konkret steht dort: Rund 56 Prozent (229 von 409) der staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte im Freistaat würden über Internet verfügen, "für weitere 132 GU – also weitere 32 Prozent – sind die Umsetzungsschritte eingeleitet".

Wann bei letzteren dann tatsächlich Internet zur Verfügung steht, ist allerdings offen. In der Antwort der Staatsregierung heißt es, aufgrund der "sehr unterschiedlichen technischen Voraussetzungen" sowie der teils ausgelasteten Dienstleister sei eine "Angabe eines Beendigungszeitpunkts nicht möglich". Der Staatsregierung sei aber an einer "möglichst zeitnahen Umsetzung gelegen". Um den Ausbau voranzubringen, stehe den Unterkunftsverwaltungen seit Juli dieses Jahres unter anderem eine technische Beratung zur Verfügung.

Kritik aus der Opposition

Der Opposition reichen solche Aussagen nicht: Die Umsetzung und der Ausbau von Wlan-Zugängen komme immer noch "viel zu langsam voran", kritisiert Alexandra Hiersemann, die asyl- und ausländerpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. Dabei sei funktionierendes Internet für Geflüchtete von "essentieller Bedeutung", nicht nur wegen des Kontakts zur Familie. "Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie kann nur durch eine stabile Internetverbindung die Teilhabe am Schulunterricht oder an Integrationskursen gewährleistet werden."

Die sogenannten Anker-Zentren im Freistaat sind dagegen besser ausgestattet. Immerhin 25 der insgesamt 28 Einrichtungen verfügen laut Staatsregierung über Wlan, so auch die Einrichtungen in Zirndorf und Bamberg. Familien mit minderjährigen Kindern leben dort in der Regel maximal sechs Monate, bei Erwachsenen können es bis zu 18 Monate sein. In den Ankerzentren wird nicht nur die Identität der Geflüchteten festgestellt, dort erfolgen auch die ersten behördlichen Schritte wie die Beantragung eines Asylantrages.

Das Wort Anker steht für An(kunft), k(ommunale Verteilung), E(ntscheidung) und R(ückführung). Wer eine positive Bleibeprognose hat, so steht es im Koalitionsvertrag, wird nach dem Ankerzentrum in die staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte oder auch in die dezentralen Unterkünfte verteilt, für die die Landratsämter beziehungsweise die örtlichen Verwaltungen der kreisfreien Städte zuständig sind.

Geflüchtete zahlen unterschiedliche Kosten

Neben der unterschiedlichen Ausstattung mit Internet in den Unterkünften und Anker-Zentren fallen für die Bewohner auch unterschiedliche Kosten dafür an: So wird laut der Auszählung der Staatsregierung, die der Redaktion vorliegt, in vielen Unterkünften nichts für die Nutzung des dortigen Wlans erhoben. In anderen Einrichtungen - darunter vor allem die Anker-Zentren - werden den Bewohnern dagegen rund elf Euro monatlich von ihrer Asylbewerberleistung abgezogen. Bei den dezentralen Unterkünften sind die Preisunterschiede noch deutlicher.

Während die SPD deshalb von einer "Ungleichbehandlung" spricht, antwortet das bayerische Innenministerium auf Nachfrage unserer Redaktion nach dem Grund für die Unterschiede nüchtern: Der Betrag könne von der jeweiligen Asylbewerberleistung lediglich abgezogen werden, wenn das Wlan auch tatsächlich durch den Träger der Leistung gestellt werde. Nutzen die Bewohner dagegen ein von dritter Seite bereit gestelltes Internet, wie etwa BayernWlan, müssten sie dafür nichts zahlen. Organisiere ein Helferkreis das Internet, könne der entscheiden, wie viel die Bewohner für die Nutzung zahlen müssten.

Solche Flüchtlingsorganisationen beklagen die mangelhaften Anschlüsse in Unterkünften für Geflüchtete bereits seit Jahren. Im März machten sie schließlich erneut Druck: Mehr als 100 Initiativen schrieben einen gemeinsamen Brief an Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit dem Appell, die Situation schnell zu verbessern. Auch deswegen führte die Staatsregierung schließlich das Beratungsangebot für die betroffenen Verwaltungen ein. Ob das nun aber auch zu konkreten Umsetzungen führt, muss sich in den kommenden Monaten zeigen.