Immer weniger heimische Fisch-Arten in Bayern

8.3.2019, 12:15 Uhr
Immer mehr heimische Fischarten im Freistaat sind stark gefährdet.

© Patrick Pleul/ZB/dpa Immer mehr heimische Fischarten im Freistaat sind stark gefährdet.

Es sind keine guten Nachrichten, die der jüngste bayerische Fischzustandsbericht der Landesanstalt für Landwirtschaft verkündet. Von den 75 heimischen Fischarten im Freistaat gelten sieben Spezies, darunter das Flussneunauge und die Meerforelle, als ausgestorben. 33 weitere sind vom Aussterben bedroht, stark gefährdet oder gefährdet. 17 Arten, darunter auch ein vermeintlicher Allerweltsfisch wie die Bachforelle, stehen auf der Vorwarnliste. Das heißt, dass sie zwar noch nicht gefährdet sind, aber die Bestände so dramatisch zurückgehen, dass sie in absehbarer Zeit gefährdet sein könnten.

Gerade die Bachforelle steht für ein grundsätzliches Handicap der Unterwasserfauna in der öffentlichen Wahrnehmung. Selbst in flachem klarem Wasser ist der 25 bis 50 Zentimeter große Fisch von oben kaum zu erkennen. Zu sehr gleicht sein graugrüner Rücken den Kieseln und Wurzeln in Fließgewässern. Nur wenn sich die Bachforelle auf die Seite dreht, funkeln ihre roten, weiß eingefassten Tupfen im Sonnenlicht.

"Viele der heimischen Fische sind in massiven Schwierigkeiten, darunter viele einst weit verbreitete Arten wie Äsche, Barbe oder Nase", erklärt Jürgen Geist, Ordinarius am Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie an der Technischen Universität München. Der Wissenschaftler hat mit seinem Team alle verfügbaren Fischdatensätze der vergangenen 30 Jahre analysiert, die zu den in Bayern gelegenen Abschnitten von Donau und Main vorliegen.

Fischereivereine investieren viel Geld

Und die Situation wäre noch viel dramatischer, würden die Fischereivereine nicht jedes Jahr Massen von Jungfischen in den Gewässern aussetzen. Im Fischereiverein Altdorf zum Beispiel plant und koordiniert Gewässerwart Markus Kühnlein den Besatz mit Jungfischen. Rund 160 Hektar Wasserfläche hat er dafür im Blick: von der Altmühl im Südwesten bis zur Naab im Nordosten, dazwischen stehende Gewässer wie den Jägersee.

Neben den bei Anglern beliebten Arten wie Zander, Aal und Bachforelle versucht Kühnlein auch, bereits aus der Schwarzach verschwundene Fische wieder anzusiedeln. So zum Beispiel die Rutte, die in der Schwarzach bereits ausgestorben war. Vor 20 Jahren setzten die Altdorfer Fischer zwar Rutten aus, aber der Erfolg hielt sich in Grenzen.

"Die Tiere haben sich nicht vermehrt", sagt Kühnlein, der jedoch vor fünf Jahren einen neuen Versuch startete, dem dorschartigen Fisch eine Zukunft zu ermöglichen. Allein in den vergangenen beiden Jahren setzte er insgesamt 7800 Exemplare aus, alles in allem investierte sein Verein in die Rettung der Rutte bislang zwischen 30 000 bis 40 000 Euro. Finanziert wird das zum Teil aus einem Artenhilfsprogramm, bei dem das bayerische Umweltministerium und der Landesfischereiverband eng zusammenarbeiten.

Zu viele Dämme, Deiche und Kraftwerke

Trotz des Engagements von Fischereivereinen und Naturschutzverbänden konnte die fatale Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte nur unwesentlich gebremst werden. "Es braucht den Einsatz der Politik, damit sich die Situation der Fische endlich verbessert", sagt Albert Göttle, der Präsident des Landesfischereiverbandes.

Ursachen für die schwindende Artenvielfalt unterhalb der Wasseroberfläche gibt es viele, die entscheidende ist aber der Mensch. Zum Beispiel sind 90 Prozent der Flüsse und Bäche im Freistaat begradigt und kanalisiert. Außerdem haben Dämme, Deiche, Stauwehre und Kraftwerke die meisten Lebensräume der Fische, aber auch der Krebse und anderer Wasserlebewesen zerstört.

Betroffen sind vor allem Fische, die auf einen Kiesuntergrund angewiesen sind, um ihre Eier abzulegen. Viele Fließgewässer sind gestaut worden, weshalb der Kies nicht mehr weitertransportiert wird. Deswegen verstopfen die Lücken zwischen den Steinchen, in die die Eier gelegt werden. Darüber hinaus lagern sich Feinsedimente aus der Landwirtschaft ebenfalls in diesen Zwischenräumen ab.

Klimawandel schafft zusätzliche Probleme

Auch der Klimawandel macht vielen heimischen Fischen zu schaffen. In heißen trockenen Sommern wie im vergangenen Jahr steigt auch die Wassertemperatur an, und warmes Wasser nimmt Sauerstoff deutlich schlechter auf als kühles. Dazu kommt die unnatürlich hohe Konzentration von Nährstoffen in vielen Gewässern, was unter anderem mit der Landwirtschaft zusammenhängt. Manche Bauern bringen bis an den Rand der Gewässer Gülle und Kunstdünger aus.

Albert Göttle fordert deshalb, dass überall in Bayern konsequent Gewässerrandstreifen eingerichtet werden. Der Präsident des Landesfischereiverbandes geht dabei konform mit den Initiatoren des Bienen-Volksbegehrens, die diese Forderung im Sinne des Artenschutzes ebenfalls erhoben hatten.

Eine weitere Gefahr für viele heimische Fischarten sind sogenannte Prädatoren wie der Kormoran. Der geflügelte Räuber, für den viele unserer heimischen Fischarten eine schmackhafte Beute sind, stellt gerade in vielen Ecken der Metropolregion Nürnberg ein erhebliches Problem dar. "Wir hatten schon mal Jahre, in denen haben uns Kormorane 90 Prozent der Fische im Weiher weggefressen", erzählt Konrad Karnbaum, der im Landkreis Forchheim Fische züchtet und verkauft.

All diese Faktoren sorgen dafür, dass in 87 Prozent der für den jüngsten bayerischen Fischzustandsbericht untersuchten Gewässer die Zusammensetzung der verschiedenen Arten auf irgendeine Weise gestört ist. Lässt sich das überhaupt noch korrigieren? "Ich glaub’s nicht", sagt Markus Kühnlein, doch resigniert wirkt der Gewässerwart der Altdorfer Fischer nicht. Vor zwei, drei Jahren habe er in der Schwarzach mal wieder ein Bachneunauge entdeckt – "das war sehr erfreulich". Diese zur Familie der Rundmäuler gehörende Spezies steht in Bayern nämlich schon seit vielen Jahren auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Zumindest in die Schwarzach aber ist sie offenbar zurückgekehrt.

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