Ist ein Hundeführerschein sinnvoll? Hundetrainerin beantwortet die wichtigsten Fragen

28.4.2020, 13:44 Uhr
Ist ein Hundeführerschein sinnvoll? Hundetrainerin beantwortet die wichtigsten Fragen

© Sebastian Kahnert/dpa

Frau Wachter, was genau ist denn ein Hundeführerschein?

Nadine Wachter: Der Hundeführerschein ist ein Dokument, das dem Hundehalter offiziell bestätigt, dass er seinen Hund sicher im Alltag führen kann, ohne dass der Hund eine Gefahr für sich oder andere darstellt.

Muss ein Hundehalter dafür zwingend eine Prüfung ablegen?

Wachter: Nein, in Deutschland gilt noch keine bundesweite Pflicht für das Ablegen der Hundeführerscheinprüfung. Jedes Bundesland handhabt dies sehr individuell. So verlangen einige den Hundeführerschein für alle Hunde, mache Bundesländer beziehen sich hierbei aber lediglich auf Listenhunde der Kategorien 1 oder 2. Wann und ob es eine Gleichschaltung gibt, ist derzeit aber unklar. Auch beispielsweise Österreich, die Schweiz oder Frankreich verfahren sehr unterschiedlich und haben keine einheitliche Regelung mit Deutschland oder weiteren Ländern.


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Hundeführerschein sorgt für Steuervorteile

Das Ablegen einer Prüfung für den Hundeführerschein ist in Bayern noch eine freiwillige Sache. Hat man dennoch Vorteile davon?

Wachter: Manche Hundehalter nutzen den Hundeführerschein, um die eigene Sicherheit im Umgang mit dem Hund im Alltagsgeschehen zu dokumentieren oder um Steuervergünstigungen zu erlangen. Ob dies der Fall ist, kann man im Einzelnen bei der jeweiligen Stadt erfragen. Es gibt auch weitere Regelungen, die beispielsweise die Leinenpflicht nicht mehr einfordern, falls ein Hundeführerschein vorliegt. Bereits im Jahr 2006 kam eine Studie der BLTK-Hundeführerscheinkurse „Grundwissen Gefahrenvermeidung im Umgang mit Hunden“ zu dem Schluss, dass ein freiwilliger Hundeführerschein eine signifikante Verbesserung des Wissens aller Prüfungsteilnehmer bewirke. Durch die Vorbereitung auf den Hundeführerschein verbessert sich demnach das Wissen und der Umgang rund um den Hund und dessen Verhalten sehr zum Positiven. Übrigens: Der Hundeführerschein ist gebunden an das bestimmte Hund-Halter-Team, das die Prüfung gemeinsam ablegt und ist nicht übertragbar.


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Wie läuft so eine Prüfung denn ab?

Wachter: Die Prüfung zum Hundeführerschein muss der Hundehalter in einem theoretischen Teil und anschließend, mit seinem Hund zusammen, in einem praktischen Prüfungsteil absolvieren. Im theoretischen Teil werden dem Hundehalter unterschiedliche Fragen zu verschiedenen Themengebieten gestellt.

Ziel: Hund soll keine anderen Menschen belästigen oder gefährden

Welche Themengebiete betrifft das denn?

Wachter: Im Regelfall unter anderem Sozialverhalten, Kommunikation, Erziehung, Ausbildung, Angst und Aggression, Haltung, Pflege und Handlingsmaßnahmen, Rassekenntnisse, Ernährung, Gesundheit und Fortpflanzung, Tierschutz und Recht in Bezug auf Hundehaltung.

Und der praktische Teil?

Wachter: Der praktische Teil widmet sich dem Verhalten des Hundes, insbesondere in Alltagssituationen. Aber auch das Verhalten des Hundehalters steht im Fokus des Prüfers. Vorausschauendes Verhalten und ein freundlicher, tiergerechter Umgang werden hier erwartet. In diesem Prüfungsteil wird geprüft, wie der Hund auf fremde Menschen, Menschengruppen, schnelle Objekte wie beispielsweise Radfahrer oder Jogger reagiert und ob er sich unauffällig und höflich an der Seite des Hundehalters verhalten kann. Der Rückruf, Leinenführigkeit, Dinge aus dem Maul hergeben und ruhiges Warten im Alltag stehen ebenfalls auf dem Prüfungsplan. Auch werden Situationen wie zum Beispiel ein Besuch im Café oder eine Fahrt im Aufzug in die Prüfung eingeflochten. Im Fokus steht immer, dass der Hund keine anderen Personen belästigt, und weder sich noch andere gefährdet.

So bereitet Sie sich richtig auf die Prüfung vor

Wo kann man sich denn bestmöglich auf eine Prüfung vorbereiten?

Wachter: Die Prüfungsvorbereitung erfolgt in den meisten Fällen in einer Hundeschule oder einem Hundeverein vor Ort. Achten Sie bei der Wahl Ihres Dienstleisters besonders auf einen freundlichen Umgang mit Mensch und Tier. Ebenso ist der Umfang des Kurses relevant für die Entscheidung: Sind es nur wenige Stunden, in denen Sie sich unter Anleitung vorbereiten können? Oder umfasst der Vorbereitungskurs alle relevanten Prüfungsthemen, sowohl in praktischen als auch theoretischen Einheiten? Erhalten Sie schriftliches Lernmaterial? All diese Aspekte sollten Sie unter die Lupe nehmen. Informieren Sie sich gut über den Umfang und die Leistungen des jeweiligen Vorbereitungskurses, damit Sie und ihr Hund bestmöglich und effektiv auf die Prüfung vorbereitet werden.


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Und wer nimmt die Prüfung letztlich ab?

Wachter: Die Prüfung selbst wird von unterschiedlichen Verbänden abgenommen, wie beispielsweise der BHV (Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater), der VDH (Verband für das deutsche Hundewesen), der BVZ (Berufsverband zertifizierter Hundeschulen) oder der IBH (Internationaler Berufsverband der Hundetrainer & Hundeunternehmer). Es gibt aber noch einige weitere Verbände und Vereine, die die Prüfung zum Hundeführerschein abnehmen.

Manche Verbände prüfen den Hundeführerschein in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen.

Wachter: Das stimmt. Hier kann der Hundehalter vor der Prüfungsanmeldung aus einer von drei Schwierigkeitsstufen wählen. Diese unterscheiden sich in den Anforderungen, bzw. auch in der Art der Übungen. Unter anderem liegt bei der Prüfung das Augenmerk auch auf stressfreiem Handling, für beispielsweise Tierarztbesuche oder Erste-Hilfe-Maßnahmen. Maulkorbtraining gehört hier ebenfalls dazu, denn Schmerzen führen selbst beim friedlichsten Hund unter Umständen zu Aggressionsverhalten. Außerdem gilt in unterschiedlichsten Ländern Maulkorbplicht für beispielsweise öffentliche Verkehrsmittel.

Hund muss für den Führerschein mindestens 12 Monate alt sein

Welche Voraussetzungen müssen für die Prüfung gegeben sein?

Wachter: Der Hundehalter muss zum Prüfungszeitraum im Regelfall 16 Jahre alt sein. Das Alter des Hundes ist auf mindestens 12 Monate festgelegt, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Der Hund muss zudem mit einem Identifikationsnachweis in Form eines implantierten Mikrochips gekennzeichnet sein und einen gültigen Impfschutz besitzen. Eine Haftpflichtversicherung mit ausreichender Deckung ist ebenfalls empfehlenswert. Eine allgemeine Versicherungspflicht gibt es zwar nicht, dennoch sollte jeder Hund unbedingt versichert werden. Selbst ein kleiner Hund kann Unfälle mit schwerwiegenden Folgen verursachen. Gehen Sie hier auf Nummer sicher. Sollten Sie den Vorbereitungskurs in einer Hundeschule oder einem Hundeverein machen, so muss als Voraussetzung für das Training im Regelfall eine Haftpflichtversicherung für den Hund vorgewiesen werden.

Apropos Hundeschule. Die sollte man sich zuvor genau anschauen, oder?

Wachter: Die gemeinsame Arbeit mit seinem Hund macht großen Spaß. Noch mehr Spaß macht es, dies in einer kleinen Gruppe mit sympathischen Menschen und einem empathischen Trainer zu tun. Die Trainingszeit ist Qualitätszeit für Sie und Ihren Hund. Auch ist es motivierend, wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Hund auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Neben den oben genannten Vorteilen, liegt der Mehrwert des Hundeführerscheins also auf der Hand. Wenden Sie sich an eine Hundeschule oder einen Hundeverein, die auf Basis positiven und fairen Hundetrainings wertvollen Trainingsinhalte vermitteln. Informieren Sie sich vorab über die Aus- und Weiterbildungen des jeweiligen Dienstleisters und bitten Sie um ein telefonisches Beratungsgespräch. Die Chemie sollte zwischen Hundetrainer und Hundehalter stimmen, um eine hochwertige und vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre zu schaffen. So bestehen Sie und Ihr Hund die Prüfung mit viel Spaß und sind nach bestandener Prüfung sicher in allen Lagen des alltäglichen Lebens.


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