Städte reagieren auf Leerlauf

Ist Franken impfmüde? Diese Anreize wollen Zentren jetzt schaffen

8.7.2021, 06:00 Uhr
Leerlauf in Frankens Impfzentren: Und das, obwohl erst knapp die Hälfte der Bürger ab 18 Jahren überhaupt die erste Impfung verabreicht bekommen haben.

© Marijan Murat, dpa Leerlauf in Frankens Impfzentren: Und das, obwohl erst knapp die Hälfte der Bürger ab 18 Jahren überhaupt die erste Impfung verabreicht bekommen haben.

Erst bricht im Frühjahr ein regelrechter Streit um die Mangelware Coronaimpfung aus. Die Diskussion von Impfdränglern nimmt an Schärfe zu - die Neiddebatte ist voll entbrannt. Nun, im Sommer, liegen zahllose Ampullen ungenutzt in den Kühlkammern der Zentren. Das scheinbare Überangebot hat für viele keinen Reiz mehr. Dabei sind erst 54 Prozent der Bayern zum ersten Mal geimpft, nur 38 Prozent der Bevölkerung haben den vollen Impfschutz (Stand: 7. Juli 2021).

In den Impfzentren versuchen die Verantwortlichen neue Wege zu finden, die selbst gesetzten Ziele zu erreichen.

Nürnberg setzt auf Sonderaktionen

In Nürnberg ist man trotz der auch hier spürbaren Impfmüdigkeit optimistisch, dass man bis Ende Juli jedem im Impfportal BayIMCO eingetragenen Interessierten ein Angebot machen zu können, sagt die Verantwortliche Ulrike Goeken-Haidl. Aber nun setzt die Stadt auf diverse Sonderaktionen an bestimmten Orten in der Stadt und neue Hop-on-Möglichkeiten: stehen am Abend noch ungenutzte Impfdosen zur Verfügung, werden diese kurzfristig an Impfwillige vergeben, die innerhalb von 30 Minuten zu einer der Impfstellen kommen können.

Gleichzeitig öffnet sich das Impfzentrum auch einer anderen Gruppe: Wer nicht hier seine erste Immunisierung bekommen hat, kann die anschließende im Impfzentrum erhalten - wenn die Zweitimpfung (aus welchen Gründen auch immer) nicht von dem Arzt gesichert werden kann.

Impfzentrum Fürth wird mobiler

In Fürth geht die Zahl der Buchungen sichtbar zurück. In der ersten Juliwoche kamen jeden Tag rund 1000 Menschen zur Impfung ins Zentrum. In der zweiten Juliwoche war die Frequenz bereits drastisch reduziert: Zwischen 700 und 450 Menschen wurden dann nur noch täglich mit einer Impfung versorgt. Dass viele Menschen einen Termin zur zweiten Impfung schwänzen, kann das Zentrum nicht feststellen.

"Wer bucht, kommt jetzt auch", sagt Michael Hubmann. Der ärztliche Leiter will die Menschen nicht mehr nur ins Impfzentrum holen. Immer öfter gehen die Impfteams auch zu den Menschen vor Ort. So ist etwa ein Impfbus in Planung, der durch Stadt und Landkreis tourt, sowie eine Impfaktion für Schüler. Unabhängig davon immunisiert freitags von 14 bis 17 Uhr in der Mevlana Moschee ein Team Impfwillige vornehmlich mit Biontech.

Jeden Freitag steht von 14 bis 17 Uhr in der Mevlana Moschee ein Impfteam bereit, das Impfwillige vornehmlich mit Biontech immunisiert. In Planung ist auch ein Impfbus, der am Wochenende durch den Landkreis tourt sowie eine Impfaktion für Schüler.

Erlangen will Spontane erreichen

Auch im Impfzentrum in Erlangen stehen noch viele freie Termine zur Verfügung - und auch die Zahl der Menschen, die trotz Termin nicht kommen, steigt spürbar an. Deshalb bietet das Impfzentrum sogenannte "Hop-On-Listen" an, mit denen abends der Verwurf von übrigem Impfstoff vermieden wird. Wer spontan dazu bereit ist, sich abends per Telefon zur Impfung rufen zu lassen, kann am gleichen Tag bis 14 Uhr bei der Hotline (09131) 86-65 00 anrufen und sich entsprechend vormerken lassen.

Landkreis Roth plant Impfung von Jugendlichen

In Schwabach und Roth ist die Situation nicht anders. Es gibt nicht mehr so viele, die sich noch für eine (Erst-)Impfung interessieren. Knapp 90.000 der 168.000 Einwohner im Landkreis (127.000 Einwohner) und Schwabach (41.000 Einwohner) haben die erste Spritze bekommen. Das entspricht einer Quote von knapp 54 Prozent. Um eine Impfquote von 80 Prozent zu erreichen, bräuchte es hier noch 40.000 Impfwillige.

Ein erster Versuch, die Menschen im Landkreis für die Erstimpfung zu mobilisieren, war eine Sonderaktion Anfang Juli in Greding. 80 Dosen von Johnson & Johnson standen zur Verfügung. Wer wollte, konnte ohne Anmeldung vorbeikommen und den Piks über sich ergehen lassen. Aber: Der Andrang war eher bescheiden.

Auch die Stadt Schwabach bietet demnächst einen ersten Sondertermin für eine Corona-Schutzimpfung an: Am Samstag, 10. Juli, gibt es im Impfzentrum bei der DJK Schwabach einen Impftag für Jugendliche im Alter von 12 bis einschließlich 17 Jahren. Dafür ist zwingend eine vorherige Anmeldung erforderlich: Entweder per Mail an impfzentrum@schwabach.de oder telefonisch unter der (09122) 875410. Zur Impfung muss unbedingt mindestens eine erziehungsberechtigte Person (mit Personalausweis) anwesend sein. Der Termin für die Zweitimpfung steht ebenfalls schon fest: Er fällt mit dem 21. August mitten in die Sommerferien.

Immerhin sei die Zahl der Zweitimpfungs-Schwänzer verschwindend gering, so Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht. "Wer sich die erste Spritze abholt, hat ein sehr großes Interesse daran, die Impfung zu vervollständigen." Ein größerer Aufwand seien diejenigen, die sich über den bayernweiten Account für eine Erstimpfung in den Impfzentren angemeldet haben, inzwischen jedoch bei ihrem Hausarzt geimpft wurden, sich aber nicht bei dem Portal nicht wieder abgemeldet haben. "Das bedeutet Mehraufwand, den Personen nachzutelefonieren."

In Weißenburg kaum noch Erstimpfungen

Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen finden im Impfzentrum derzeit kaum noch Erstimpfungen statt. Mitte Juli werden in einer Woche nur noch drei Stunden Erstimpfungen durchgeführt.

Und hinzu kommt noch: Etwa neun bis zehn Prozent aller Termine für eine Erstimpfung im Zentrum werden nicht wahrgenommen - ohne abzusagen, berichtet der Verantwortliche Christoph Schneidewin. Bei den Zweitimpfungen nehmen etwa fünf Prozent ihren Termin nicht wahr. Er führt das auf die vielen Möglichkeiten zurück, sich bei niedergelassenen oder Betriebsärzten gegen das Coronavirus immunisieren zu lassen. Das Problem des Nicht-Absagens treffe diese aber genauso, sagt Schneidewin. "Viele rufen bei drei, vier Stellen an und sagen nicht ab, sobald sie einen Termin haben."

Sonderaktionen auch im Nürnberger Land

Die Anmeldungszahlen für Erstimpfungen schrumpfen auch im Nürnberger Land merklich. Deswegen verspricht das Landratsamt auch: Wer sich jetzt auf dem Impfportal registriert bekommt innerhalb kürzester Zeit ein Impfangebot. Zudem öffnet das Zentrum in Röthenbach seine Türen vom 8. bis 11. Juli für einige Gruppen ohne Terminvereinbarung. Schülerinnen und Schüler, die in einer Abschlussklasse sind und über 18 Jahre alt, können noch bis einschließlich 9. Juli von 8 bis 14 Uhr ohne Termin kommen und sich mit Biontech oder Moderna impfen lassen. "Welchen Impfstoff die Interessierten bekommen, können sie nicht auswählen aber es wird auf jeden Fall ein mRNA-Impfstoff sein", so eine Pressesprecherin des Landratsamtes.

Bewohner aus dem Nürnberger Land, die bereits vor mindestens vier Wochen bei einem Haus- oder Facharzt mit Astrazeneca geimpft wurden, können überdies vom 8. bis 11. Juli jeweils von 8 bis 14 Uhr ohne Termin ins Impfzentrum nach Röthenbach kommen. Dann erhalten sie dort die Zweitimpfung mit den Vakzinen Moderna oder Biontech.

Forchheim: Impfen ohne Termin

Einen ganz anderen Weg geht schon bald das Impfzentrum in Forchheim. Auch hier bleiben viele mögliche Termine unbesetzt. "Wir könnten uns zum Beispiel vorstellen, das Impfzentrum für alle Impfwilligen ohne vorherige Terminvereinbarung zu öffnen. Darüber wollen wir noch diese Woche entscheiden", sagt Holger Strehl, Pressesprecher des Landratsamtes Forchheim.

Der Artikel wurde am 9. Juli um 10.45 Uhr korrigiert. Die Impfquote in Bayern beinhaltet alle Altersgruppen, nicht nur die der über 18-Jährigen. Dies stand in einer vorherigen Version des Artikels.

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