Auszeichnung für Rothenburg und Dinkelsbühl

Kinderzeche und Meistertrunk sind immaterielles Kulturerbe

18.12.2014, 06:00 Uhr
Friedensdiplomatie in Dinkelsbühl: Lore und die Kinderschar wollen den schwedischen Heerführer, der mit seinen Truppen die Stadt belagert, um Gnade bitten. Die Kinderzeche hat eine familiäre Atmosphäre.

© Kinderzeche Friedensdiplomatie in Dinkelsbühl: Lore und die Kinderschar wollen den schwedischen Heerführer, der mit seinen Truppen die Stadt belagert, um Gnade bitten. Die Kinderzeche hat eine familiäre Atmosphäre.

Erst in der vergangenen Woche waren zwei bayerische Bewerbungen in das nationale Unesco-Verzeichnis aufgenommen worden: die Passionsspiele von Oberammergau und die Lindenkirchweih in Limmersdorf. Die Bundesliste umfasst insgesamt 27 lebendige Traditionen und Wissensformen, unter anderem das Chorsingen, die Morsetelegrafie und die Flößerei.

Limmersdorf und Oberammergau gehören auch dem aktuell vorgestellten Landesverzeichnis an, das die kulturelle Vielfalt im Freistaat spiegeln soll. Die bayerische Liste enthält insgesamt 13 Punkte - Bräuche, Feste und handwerkliche Traditionen, die sich über viele Generationen erhalten haben. Darunter das Historienspektakel „Landshuter Hochzeit 1475“ und der Drachenstich in Furth im Wald, der Kötztinger Pfingstritt und die bayerische Brautradition.

Im Dreißigjährigen Krieg

Meistertrunk und Kinderzeche beziehen sich auf legendenhafte Ereignisse im Dreißigjährigen Krieg. Den historischen Hintergrund für das Dinkelsbühler Spektakel liefert die Sage von der Turmwächterstochter Lore. Die Kinderlore soll im Jahr 1632 mit einer Schar von Buben und Mädchen den schwedischen Belagerern entgegengezogen sein. Durch ihren mutigen Auftritt, so heißt es, haben die Kleinen die Stadt vor Plünderung und Zerstörung bewahrt.

Mehr als 1000 Menschen schlüpfen jedes Jahr in historische Gewänder oder beteiligen sich in anderer Weise aktiv am Schauspiel der Friedensmission der beherzten Knaben und Mädchen. Aus dem ursprünglichen Schulfest im 16. Jahrhundert hat sich ein Bürgerfest entwickelt, das die gesamte Stadt erfasst.

Auch beim Rothenburger Meistertrunk geht es um eine Rettungstat in höchster Not. Altbürgermeister Nusch hat laut Überlieferung die Stadt 1631 vor dem sicheren Untergang durch die Truppen des kaiserlichen Feldherrn Tilly bewahrt, indem er einen Krug mit dreieinviertel Liter Frankenwein in einem Zug leerte. Mit großer Hingabe und mit viel Liebe zum Detail inszenieren die Rothenburger in aufwendigen Szenen Jahr für Jahr ihren Meistertrunk.

Anziehungskraft und Identität

Beide Ereignisse haben nicht nur eine magnetische Anziehungskraft für Touristen, sondern auch eine identitätsstiftende Wirkung für Stadt und Bürgerschaft - jenseits von tumber Folklore und billiger Effekthascherei.

Weniger im Rampenlicht steht der Gartenbau in Bamberg. Mitten in der Stadt wird wie seit Jahrhunderten Gemüse angebaut. Heute sind es nur noch wenige Betriebe, die ihre Produkte auf Wochenmärkten und in Hofläden vermarkten. Die Gärtnerstadt mit ihren ausgedehnten Feldern zwischen Häuserzeilen gehört zum Unesco-Weltkulturerbe der Stadt.

Die Bamberger Sandkerwa dagegen wurde nicht in das Verzeichnis aufgenommen. Sie scheiterte an den Vorgaben wie Oberfranken als Genussregion.

„Bei den 13 Eintragungen wird es aber nicht bleiben“, ermutigt Kultusminister Ludwig Spaenle zu Bewerbungen. Eine Chance für die Osterbrunnen in der Fränkischen Schweiz und die Osing-Landverlosung?

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