Kleine Ursula hatte keine Chance

27.3.2009, 00:00 Uhr

Zu diesem Ergebnis kommt der Gerichtsmediziner Prof. Wolfgang Eisenmenger, der die Zehnjährige nach dem Auffinden damals obduziert hatte. Auch wenn das zweiröhrige Belüftungssystem an der Kiste funktioniert hätte, wäre nicht genügend Sauerstoff in das sargähnliche Gefängnis der damals Zehnjährigen gekommen, schilderte Eisenmenger vor dem Landgericht Augsburg seine Untersuchungsergebnisse.

Nach den medizinischen Untersuchungen sei Ursula wegen akuten Sauerstoffmangels in der Kiste langsam bewusstlos geworden und erstickt. «Es ist vielleicht eine tröstliche Überlegung, dass Ursula nicht nach Luft gerungen hat und eventuell sogar ein euphorisches Gefühl hatte», sagte Eisenmenger.

Der 58 Jahre alte Angeklagte soll Ursula Herrmann 1981 entführt und in die im Waldboden in mehr als einem Meter Tiefe vergrabenen Kiste gesperrt haben, in der das Kind Stunden später erstickte. Er ist wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge angeklagt, seine vier Jahre ältere Ehefrau wegen Beihilfe. Beide bestreiten die Tat.

Nach Eisenmengers Angaben wurden an der erstickten Ursula keinerlei Anzeichen von Gewaltanwendung gefunden. Die Obduktion habe auch keine Spuren für eine mögliche Betäubung des Mädchens bei der Entführung erbracht.

Der ehemalige Chef-Ermittler im Fall Herrmann, der später abgelöst worden war, berichtete als Zeuge von gravierenden Fehlern bei der Suche nach dem Täter. Seine Kollegen hätten die Spuren, die schon damals gegen den heute Angeklagten vorhanden waren, «total versaut». Seiner Meinung nach wäre der Fall Herrmann bereits im Jahr 1983 mit dem jetzt angeklagten Mann als Täter «lupenrein» aufzuklären gewesen. Nach seiner Ablösung als Ermittler habe er gegen sich selbst ein Disziplinarverfahren beantragt, das später eingestellt wurde.

Im Gegensatz dazu berichtete sein Nachfolger von massiven Verdachtsmomenten gegen einen ehemaligen Polizeibeamten als Entführer von Ursula. Nach einer Hausdurchsuchung sei wegen verschiedener Indizien eine Anklage gegen den Verdächtigen erwogen worden, der später gestorben ist.