Bundestagswahl

Kommentar: Die FDP, der kleine Gewinner

16.5.2021, 15:16 Uhr
Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP, beim Bundesparteitag.

© Michael Kappeler, dpa Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP, beim Bundesparteitag.

Wir befinden uns an einer Wegmarke. Die akute Bedrohung durch das Coronavirus nimmt in Deutschland langsam ab und die Normalität kehrt zurück. Gleichzeitig hat der Bundestagswahlkampf begonnen. Da lohnt es sich durchaus mal, einen Blick auf die Parteien zu werfen. Wie haben sie das Jahr der Pandemie überstanden? Die interessante Beobachtung: Es gibt nur zwei Gewinner. Das sind in großem Stil die Grünen und - einige Hausnummern kleiner - die FDP. Zwei ziemlich gegensätzliche Parteien also, die wenig miteinander anfangen können und deren Wählerschaft sich stark unterscheidet.

Bei den Grünen sind die Gründe dafür schon oft erörtert worden (Klimaschutz als zentrales Thema, Zuspruch der Jugend, eine für viele Menschen ansprechende Spitzenkandidatin). Bei der FDP mag der Aufschwung im ersten Moment etwas überraschen. Lange Zeit lagen die Liberalen knapp über der Fünf-Prozent-Hürde, nun sind sie wieder klar zweistellig - und zwar übereinstimmend bei allen relevanten Umfrageinstituten.


FDP will Öffentlich-Rechtliche beschneiden


Der wohl wichtigste Grund dafür: Viele Wählerinnen und Wähler kaufen es der FDP inzwischen ab, dass sie eine glaubwürdige Corona-Politik vertritt. Die Liberalen leugnen die Pandemie nicht und sie zweifeln auch nicht an strengen Maßnahmen, wie das Teile der AfD tun. Sie behalten aber trotzdem die Bürgerrechte im Auge und kritisieren zum Beispiel die Ausgangssperren scharf.

Zum Teil ein geliehener Erfolg

Offensichtlich sprechen sie mit ihrem Kurs eine größere Gruppe von Menschen an. Gastronomen und Kulturschaffende etwa, die sieben Monate der Totalsperre hinter sich haben und sich von der Regierungspolitik oft missverstanden fühlten.

Der Erfolg der Liberalen ist zu einem gewissen Teil nur geliehen. Vielen Deutschen aus dem bürgerlich-liberalen Lager hat es missfallen, wie Armin Laschet und Markus Söder in der Frage der Kanzlerkandidatur miteinander umgingen. Darum wandten sie sich der personell geschlossener auftretenden FDP zu. Diese Wähleranteile könnten aber wieder schrumpfen, sollte die Union im Wahlkampf überzeugend auftreten.

Die Steuer-Frage macht es schwer

Eine wichtige Frage wird es sein, ob die Wähler das strikte Nein der Partei zu Steuererhöhungen für angemessen halten. Denkt wirklich jemand, die Milliardenkosten der Pandemie können abgetragen werden, ohne Arbeitnehmer und Unternehmen mit weiteren Abgaben zu belasten? Es muss ja nicht gleich in dem Umfang sein, in dem es SPD, Grüne und Linke planen.

Damit macht es sich die FDP um Christian Lindner nach der Wahl gegebenenfalls sehr schwer, in eine Koalition mit Union und Grünen oder mit Grünen und Sozialdemokraten einzusteigen. Ein erneutes "besser nicht regieren als falsch regieren" können sich die Liberalen aber kaum erlauben.

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