Kommentar: Macht- und Richtungskampf unter den CDU-Männern

25.2.2020, 13:18 Uhr
In der Parteizentrale der CDU rumort es, der Kampf um den Posten des Parteivorsitzenden ist in vollem Gange.

© Michael Kappeler, dpa In der Parteizentrale der CDU rumort es, der Kampf um den Posten des Parteivorsitzenden ist in vollem Gange.

Für die Demokratie belebend und spannend, für die CDU erst einmal gefährlich: So lässt sich das zusammenfassen, was nun auf die Union zukommt. Sie hat jetzt offiziell drei respektable Kandidaten für den Vorsitz. Sie stehen auch für eine durchaus unterschiedliche Ausrichtung der Partei. Es gibt gute Gründe für jeden der Kandidaten - und schlechte Gründe auch.

Warum Norbert Röttgen auf die Idee gekommen ist, sich einzuklinken in den Machtkampf der CDU? Das wird er selbst am besten wissen. Wie es momentan aussieht, droht dem früheren Umweltminister allerdings erneut eine Niederlage. Er droht zerrieben zu werden zwischen den doch noch gewichtigeren Antipoden Laschet (plus Spahn) und Merz. Wer eine CDU will, die eher auf die Mitte setzt und ein modernisiertes "Weiter so" anpeilt, der wird nicht unbedingt auf Röttgen kommen. Und wer eine konservativere Partei möchte, die sich stärker abgrenzt zu Rot-Grün, der denkt auch nicht zwingend an ihn. Wo ist sein Alleinstellungsmerkmal?

Laschet und Spahn: ein überraschendes, ein neues Duo. Das war ein geschickter, auch ein nicht sehr (partei)freundlicher Schachzug der beiden: Sie meldeten sich scheinbar spontan zu Wort, traten vor Friedrich Merz an die Öffentlichkeit und stahlen dem Sauerländer so ein wenig die Schau.

Wenn sich zwei verbünden, die zuvor als Rivalen galten, stärkt das beide. Laschet und Spahn stehen für eine sehr pragmatische, offene CDU ohne Berührungsängste hin zu den Grünen, mit denen beide gute Kontakte pflegen - was für Merz nicht gilt. Sie stehen für die Fortsetzung jenes für manche zu liberalen Kurses der Union, den Angela Merkel weniger vorangetrieben als zugelassen hat. Die CDU bliebe klar in der Mitte - die Abgrenzung zu SPD und Grünen fiele bei den beiden sicher schwerer als bei Merz. Allerdings ist mit Laschet und Spahn die Wahrscheinlichkeit höher, auch künftig Wähler aus dieser sehr breiten Mitte zu halten.

Merz ist eine Sehnsuchtsfigur für Konservative

Friedrich Merz ist sicherlich der auffälligste Kandidat. Er kann seinen Ehrgeiz kaum, vielleicht zu wenig verbergen, das wurde gerade bei seinem Auftritt nach Laschet und Spahn deutlich. Schwer vorstellbar, dass er sich als Partner in irgendeinem Team sieht: Der Mann ist es gewohnt, klare Ansagen zu machen - wahrscheinlich und gerade deshalb, weil er in den vergangenen Jahr(zehnt)en kaum Erfahrungen in praktischer Politik sammelte.

Merz ist die Sehnsuchtsfigur all derer, die sich die Welt und Deutschland wieder übersichtlicher und einfacher wünschen. Mit klareren Positionen, auch mit klareren Feindbildern. Es wird aber keinen Weg zurück geben in die 1990er Jahre, in denen die politische Erfahrung von Merz endet. Die Welt und auch Deutschland haben sich verändert, die alten (neo)liberalen Mittel - die Merz durchaus wieder auspacken will - waren schon damals keine Patentrezepte.

Schwarz-Grün? Mit Merz eher unwahrscheinlich

Über einen CDU-Chef Merz würde sich die SPD freuen, er ließe ihr am meisten Platz für ein eigenes Profil. Er würde die GroKo allerdings bedrohen; deren Ende rückte mit seinem Sieg näher. Die Grünen wären einerseits erfreut, weil er auch ihnen mehr Raum böte. Andererseits rückt ein schwarz-grünes (oder, angesichts aktueller Trends, auch ein grün-schwarzes) Bündnis mit Merz wieder ein Stück weit in die Ferne.

Möglich, dass Merz einige enttäuschte CDU-Wähler von der AfD zurückholt. Aber auf Dauer? Momentan hat er den gleichen Vorteil wie seit Jahren: Er kann sehr leicht sehr forsch reden - weil er, anders als Laschet und Spahn, gar keine Taten folgen lassen kann/muss. Der Härtetest der Berliner Politik - er stünde Merz erst noch bevor. Die anderen erleben ihn tagtäglich.

Wer wird gewinnen?

Das Team Laschet/Spahn kann verschiedene Lager zusammenführen; Laschet steht ein Stück weiter in der Mitte als der teils wertkonservative Spahn. Ein Angebot, das Chancen hat. Aber die Sehnsucht vieler nach der guten alten Zeit, die in eine bessere neue führen soll, ist groß. Daher wird es auf einen Zweikampf Laschet/Spahn gegen Merz hinauslaufen.

Mit Folgen für die CDU - so oder so: Siegen Laschet und Spahn, dann ist der Merz-Flügel enttäuscht. Umgekehrt wird es frustrierte Anhänger einer moderneren, offeneren Partei geben. Da wird viel Versöhnungsarbeit auf die/den Sieger zukommen - damit es diese CDU nicht zerreißt. Sie wird gebraucht für eine stabile Demokratie.

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