Kommentar: Was sich nach der Corona-Krise ändern muss

28.3.2020, 18:29 Uhr
Schlecht bezahlt - aber sehr systemrelevant: Eine Krankenschwester betreut einen Patienten auf der Intensivstation.

© Patrick Seeger/dpa Schlecht bezahlt - aber sehr systemrelevant: Eine Krankenschwester betreut einen Patienten auf der Intensivstation.

Noch stecken wir mitten drin in der Corona-Krise, mit offenem Ausgang. Bis 20. April werde das Zurückfahren des öffentlichen Lebens mindestens dauern, sagt nun Kanzleramtsminister Helge Braun. Zeit, um zu handeln - für die Akteure der Krise. Und Zeit, um nachzudenken - für diejenigen, die das tun, was am meisten hilft: daheim bleiben.

Und es wird schon heftig debattiert, was denn "nach Corona" alles anders werden müsse, was die Krise denn verändern werde. Sie könne eine Chance werden, ist zu hören. Das wäre schön und buchstäblich notwendig. Aber erst mal müssen wir da durch - das wird anstrengend, schwierig und vor allem für die Schwächeren brutal bis existenzbedrohend. Gut, dass der Staat Hilfspakete geschnürt hat - zu hoffen ist, dass sie rasch ankommen.

Womit wir schon beim ersten Punkt sind, der immer wieder genannt wird bei den möglichen Folgen der Krise: die Rückkehr des Staates als unerlässlicher Akteur gerade in Krisenzeiten. Ja, das wäre sinnvoll. Aber es hätte Konsequenzen, die wir alle zu spüren bekommen würden - und ob dann wirklich alle mitziehen, das ist die spannende, offene Frage.



Blicken wir auf die nun in den Blick geratenen systemrelevanten Berufe: Ohne Kassierin im Supermarkt, ohne Helfer, die Regale einräumen, ohne Pflegekräfte und Klinikpersonal geht es nicht. Und gerade diese Tätigkeiten sind schlecht, zu schlecht bezahlt. Da stimmen momentan alle zu. Was aber würde es bedeuten, wenn sie mehr verdienen? Dann müssten Preise steigen - in einem Land, das immer noch zu oft auf Billigstpreise bei Lebensmitteln und auch bei Dienstleistungen setzt.

Nach Corona: Wann kommst das nächste Virus?

Nötig wäre eine bessere Vorbereitung auf mögliche ähnliche Krisen. Denn es kann sein - und es ist leider gar nicht so unwahrscheinlich -, dass nach Corona das nächste Virus kommt. Es hat ja vor der aktuellen Krise nicht gefehlt an Mahnungen, mehr zu tun und zu investieren in Vorsorge vor einer Pandemie. Es gab Studien und Szenarien, die genau das zeigten, was sich nun tut. Microsoft-Gründer Bill Gates mahnte: Eie Pandemie könne die Zerstörungskraft einer Atombombe erreichen.

Aber solche Warnungen wurden in den Wind geschlagen: Die Politik tat, was sie zu gern tut - sie konzentrierte sich auf das Tagesgeschäft. Und das hatte ja auch genügend Herausforderungen zu bieten. So kam es zu den zusehends prekären, nicht hinnehmbaren Engpässen bei elementaren Hilfsmitteln wie Atemschutzmasken.

Mit Wildtier-Märkten muss Schluss sein

Wobei die Politik da ähnlich handelt wie die meisten von uns: Theoretische Risiken stören uns solange nicht, wie sie theoretisch bleiben. Auch wir sorgen oft nicht so vor, wie es eigentlich ratsam wäre. Und handeln erst dann, wenn wirklich etwas passiert.

Nun ist etwas passiert, und wir müssten alles tun, damit sich ein solches Szenario nicht wiederholt. Da gibt es ganz konkrete Aufgaben: Es muss Schluss sein mit Wildtier-Märkten. In Wuhan, von wo aus sich das Virus aller Wahrscheinlichkeit nach auf seinen Weg um die Welt machte, in ganz China und anderswo gibt es solche Märkte mit exotischen Tieren aber, und sie bergen enorme Gefahren. Wohlgemerkt: Nicht die Tiere sind gefährlich - wenn sie in ihrem Lebensraum bleiben können. Gefährlich wird es, wenn sie uns zu nahe oder gar Teil des Nahrungskreislaufs werden.

Da bräuchte es strenge, internationale Regeln. Aber die sind in einer Welt schwer durchzusetzen, in der - auch und gerade in Zeiten von Corona - eher nationale Alleingänge zu beobachten sind. Schlechte Aussichten für koordiniertes Handeln. Und nach der Krise werden jede Menge Staaten damit beschäftigt sein, deren Folgen erst mal national abzufedern.

Die Welt muss einen Gang zurückschalten

Die Welt und die Wirtschaft müsse, so ist aktuell auch zu hören, ohnehin einen Gang zurückschalten. Die momentane Zwangs-Entschleunigung sei doch eigentlich ganz angenehm. Und auch wichtig, damit mal wirklich Ernst gemacht wird mit den schönen Reden vom nachhaltigeren Wirtschaften. Auch das ist prinzipiell ja richtig. Und nicht nur mit Blick auf künftigen Viren-Bedrohungen bitter nötig, sondern auch zur Bekämpfung der ja nach wie vor näherrückenden Klima-Katastrophe.

Momentan sinken die Belastungen fürs Klima - weil unser Turbo-Kapitalismus von 100 auf nahezu null zurückgefahren wurde.

Nach dem Coronavirus ist Mut gefragt

Das kann kein Dauerzustand sein, weil die Folgen katastrophal wären. Die Wirtschaft muss wieder in Fahrt kommen - aber wird sie das ressourcenschonender, ökologischer, nachhaltiger tun nach der Krise? Dringlich wäre es. Doch etliche Manager und Politiker können es schon jetzt gar nicht mehr abwarten, endlich wieder in die Vollen zu gehen - und nachzuholen, was nun alles wegfällt an Aufträgen und Geschäften.

Das klingt eher nach einem "Weiter so, jetzt erst recht" als nach tatsächlichen Lehren aus der Krise. Noch haben wir es in der Hand, wie es danach weitergeht. Aber es reicht nicht, nur darüber zu reden. Es braucht dann auch den Mut zu einer anderen Politik, die Konsequenzen für unser Leben hat. Weil nicht mehr alles so weitergehen kann wie bisher.


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