Kommentar zu Corona-Lockerungen: Behutsam und kontrolliert öffnen, bitte!

28.2.2021, 18:13 Uhr
Öffnen ab März wieder: Die Friseure können Kunden empfangen.

© Soeren Stache, dpa Öffnen ab März wieder: Die Friseure können Kunden empfangen.

Frühlingsgefühle im März: Die Sonne scheint, Parks und Anlagen sind rappelvoll, die Friseure sorgen endlich für Frischluft am Kopf, Blumenläden und Baumärkte dürfen öffnen.

Tut gut. Aber ist es auch gut fürs Eindämmen der Pandemie, wenn nun die ersten Öffnungen greifen? Das ist die spannende, offene Frage, die an diesem Mittwoch beantwortet werden soll. Die Runde aus Ministerpräsidenten und Kanzlerin ist da nicht zu beneiden.

Der Lockdown strapaziert die Nerven

Denn die Lage ist schwieriger denn je. Der Lockdown strapaziert inzwischen die Nerven auch der Gutwilligsten, die alle Regeln einsehen und einhalten. Seine Folgen sind dramatisch - wirtschaftlich wie psychisch entstehen gewaltige Schäden. Öffnungen können da helfen, deshalb sind sie auch so heiß ersehnt.

Andererseits ist die Lage leider keineswegs so gut, wie wir alle noch vor ein paar Wochen hofften. Die Inzidenzwerte stagnieren oder steigen sogar leicht - vor allem wohl, weil der Anteil der Mutanten an den Infektionen zunimmt.

Die dritte Welle eindämmen

Das ist vor Öffnungs-Beschlüssen zu berücksichtigen: Nichts wäre auch psychologisch verheerender als der nächste, dann wohl weitgehend komplette Lockdown nach einer Phase kurzer Lockerungen. Aber anders ginge es kaum, kommen wirklich jene hohen Zahlen, die Virologen für April prognostizieren.

Es braucht daher größte Vorsicht, um die wohl schon laufende dritte Welle einzudämmen. Die inzwischen klassischen Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske, Lüften) sind weiter einzuhalten - was gerade diejenigen zu oft ignorieren, die am lautesten nach Öffnungen rufen.

Regional unterschiedliche Regeln

Für diese Öffnungen müssen exakte Fahrpläne ausgearbeitet werden. Die Blaupausen liegen vor: Etliche Papiere empfehlen regional unterschiedliche Regeln, die sich nicht allein nach der Inzidenz richten, sondern auch auf andere Zahlen blicken - die Impfquoten (die endlich deutlich steigen müssen) und die Belegung der Intensivstationen vor allem.

Regionen, die sehr gute Werte liefern, könnten dann öffnen - die grünen Regionen. In den roten mit schlechten Daten ginge das (noch) nicht. Die Experten hoffen auf eine Art Wettbewerb um die besten Zahlen, der die Menschen auch anspornt und durchhalten lässt. Klingt gut. Aber wie lässt sich kontrollieren, dass manche nicht doch von einer roten in eine grüne Region fahren? Die Tücken stecken auch da im Detail.

Da brauchen die Verantwortlichen Mut zu einem verantwortbaren, verlässlichen Mix an kontrollierten Öffnungen und anhaltenden Regeln. Gut begründet muss das Ganze sein, logisch und nachvollziehbar. Daran hat es zuletzt zusehends gefehlt - was das Vertrauen in die Corona-Politik schrumpfen ließ.

Ein Minister, der sich nicht an Regeln hält

Das ist in den Umfragen ablesbar - und sehr verständlich. Ebenso wie der Unmut über einen Gesundheitsminister, der glaubt, sich nicht an Regeln halten zu müssen, die er anderen predigt. Seine Dinner-Teilnahme ist empörend - wie auch der Skandal um den CSU-Abgeordneten Nüßlein, der seine Beziehungen vergolden wollte.

Die Regierenden dürfen so etwas nicht zulassen und müssen es ahnden. Und sie müssen eine ausgetüftelte Öffnungsstrategie vorlegen, die dem Land Mut macht, aber die Vorsicht nicht zu früh aufgibt. Eine schwierige Aufgabe, die aller Anstrengungen wert ist.

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